Das Kopieren und Einfügen ist eine der grossartigsten Errungenschaften des digitalen Zeitalters: Eine zivilisatorische Errungenschaft, die dem Umstand Rechnung trägt, dass wir in einer Remix-Kultur leben, auf den Schultern von Riesen stehen, und dass wir im kreativen Prozess nie bei Null anfangen, sondern auf Bestehendem aufbauen. Auch wenn die Urheberrechts-Trolle, die Rechteinhaber-Mafia und die Content-Industrie-Anwälte das nicht wahrhaben wollen: Es ist nichts Verwerfliches, sich Inspiration zu holen. Und tagtäglich bereits existente Informationen als Keimzeillen Keimzellen (oder Keimzeilen) in unsere Dokument einzufügen.
… wo wir sie dann so verändert, dass etwas Eigenständiges daraus wird. Aber das versteht¹ sich ja von selbst².
Kopieren/Einfügen hilft mir, Namen richtig zu schreiben und Tippfehler zu minimieren – was mir in diesem Blog, wie aufmerksame Leser wissen, mehr schlecht als recht gelingt. Aber ohne Kopieren/Einfügen wäre es noch viel schlimmer.
Was soll dieser Formatierungssalat?
Die zivilisatorische Errungenschaft des Kopierens und Einfügens wird nun durch eine technische Widrigkeit ganz gewaltig geschmälert. Wenn man mit Text arbeitet, fügt man meist nicht nur den Text, sondern auch die Formatierung des ursprünglichen Textes ein. Das ist völliger Unsinn. Mir ist bis heute ein Rätsel, warum die Softwarehersteller nicht die Formatierung des Zieldokuments als massgeblich erachten. Denn selbstverständlich soll das resultierende Dokument kein buntes Potpurri aller verwendeten Quellen ergeben, sondern eine stringente Formatierung und Strukturierung aufweisen.
Ich habe dieses Phänomen schon mehrfach behandelt, beispielsweise im Beitrag Wehret den Formatierungsäxten! in diesem Blog. Und im Kummerbox-Beitrag Nackter Text statt Formatsalat vom 19. Juni 2006, wo ich ein Makro für Word und ein Freeware-Programm zur Behebung des Problems empfohlen habe³. Das Programm Remove Clipboard Formatting, das auch heute noch verfügbar ist, habe ich jahrelang benutzt. Heute verwende ich eine andere Lösung.
Textkürzel expandieren
Nämlich PhraseExpress. Dieses Freemium-Programm ist eigentlich dazu da, Textkürzel zu expandieren: Man tippt mfg
und die Software macht «Mit freundlichen Grüssen» daraus. Das ist eine bessere Methode als die Autotexte in Word, wie ich im Beitrag Das Chili con carne der Kummerbox erkläre.
PhraseExpress kann über die sogenannten Makros auch mit der Zwischenablage interagieren. Das öffnet produktivitätssteigernden Tricks Tür und Tor. Im Beitrag Tempo Teufel beim Bloggen erkläre ich, wie man beim Bloggen Formatierungen und Links über Tastaturkürzel generiert.
Und eben: PhraseExpress kann auch hervorragend Formatierungen entfernen. Dazu verwendet man das folgende Makro:
{#trim {#insertclipboard}}
Das fügt den Inhalt der Zwischenablage ein. Und wenn man dazu einen «unformatierten Textbaustein» verwendet, dann weren automatisch die Formatierungsinformationen entfernt. Ich habe diesen Textbaustein aufs Tastaturkürzel Ctrl + 1 gelegt und übernehme damit nun Text unformatiert aus der Zwischenablage.
Überflüssige Leerzeichen und Absatzmarken beseitigen
Schöner Nebeneffekt: Der Trim-Befehl im Makro entfernt Leerzeichen und Absatzmarken am Anfang und Ende des eingefügten Textes. Wenn man seinen Text nicht sauber ausgeschnitten hat, wird er automatisch bereinigt – was die Produktivität massiv steigert.
Und als kleines Da-Capo sei verraten, dass ich über das Tastaturkürzel Ctrl + 2 das folgende Makro verwende:
«{#trim {#insertclipboard}}»
Es fügt den Inhalt der Zwischenablage in typografischen Anführungszeichen ein. Zitate lassen sich so mit einem einzigen Tastaturbefehl in den Text übernehmen — einfacher geht es nicht!
Fussnoten
1) Ich habe neulich einen redaktionellen Leitfaden in die Hände bekommen, wo das Zusammenschreiben von Internetquellen als legitime Disziplin des Online-Journalismus dargestellt wird. Um Plagiate zu verhindern, wird dort der Gebrauch von Kopieren-Einfügen verboten – als ob das den Unterschied machen würde. IMHO Unsinn – wichtig ist, seine eigenen Formulierungen einzubringen, indem man den einkopierten Text komplett umschreibt und mit einem generischen Beitrag anreichert, indem man Zweit-, Dritt-, Viert- und (…)-Quellen auswertet. Zum Plagiator wird man nicht, weil man Copy-Paste nutzt, sondern wenn man ein Dummkopf ist. ↩
2) Ich brauche hier auch nicht zu erwähnen, dass ich der Meinung bin, dass Urheber auf ihre Rechnung kommen müssen. Ich bin selbst Urheber, imfall. ↩
3)
- Bei Word 2007 und 2010 steuert ein Smarttag, auf welche Weise Text eingefügt wird: Ob mit der ursprünglichen Formatierung, ob mit einer Anpassung an die Formatierungen des Zieldokuments oder ob der Text unformatiert eingefügt wird. Beachten Sie dazu die folgenden Beiträge aus der Hilfe von Word bzw. von «Office online»: Steuern der Formatierung beim Einfügen von Text und Einfügen von unformatiertem Text in Word
- Bei Word 2010 gibt es komfortable neue Möglichkeiten zum Einfügen von Text. Sie können vorgeben, ob Sie Text formatiert oder ohne Format einfügen möchten und unterschiedliche Vorgaben machen, ob der Text aus einer Drittquelle, aus dem gleichen Worddokument oder aus einem anderen Worddokument kopiert wird. Sie konfigurieren das über das Menüband Datei, indem Sie auf Optionen klicken, die Rubrik Erweitert öffnen und zum Abschnitt Ausschneiden, Kopieren und Einfügen scrollen. Geben Sie bei Einfügen innerhalb desselben Dokuments, Einfügen zwischen zwei Dokumenten, Einfügen zwischen Dokumenten, wenn Formatvorlagendefinitionen nicht übereinstimmen und bei Einfügen aus anderen Programmen die gewünschte Vorgabe. Meines Erachtens ist es sinnvoll, bei Einfügen aus anderen Programmen die Option Nur den Text übernehmen zu wählen. Beachten Sie dazu den Beitrag Einfügeoptionen aus der Hilfe zu Word bzw. von «Office online». ↩