Da gibt es noch Luft nach oben

Die Play-SRF-App für den AppleTV bringt den Fernseh­schirm zum Flimmern, doch für Be­geiste­rungs­stürme sorgt sie nicht: Bei der Präsen­tation und der Ver­wal­tung der Lieblings­sen­dungen hat sie Defi­zite.

Neulich ist mir aufgefallen, dass das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) ein beträchtliches Manko ausgeräumt hat. Es gibt die Play SRF-App jetzt auch für den Apple TV.

Zugegeben, brandneu ist die nicht mehr, sondern bald anderthalb Jahre alt. SRF hat die Ankunft der neuen App seinerzeit zwar pflichtbewusst vermeldet, aber leider hatte ich davon bis jetzt keine Kenntnis genommen.

Aber besser spät als nie. Denn die Mediatheken-Apps sind ein wichtiges Puzzleteilchen in unserem Abnabelungsprozess vom linearen Fernsehen:  Dank der Replay-Funktion, die zwar teurer geworden, aber uns zum Glück erhalten geblieben ist, lassen sich verpasste Sendungen nachholen oder mit einer App wie Teleboy (Fernsehen in Zeiten der Glasfaser) auch aufzeichnen.

Besser als der VHS-Rekorder

Das ist im Vergleich zum VHS-Rekorder ein Fortschritt – aber eine App, die das Angebot fein säuberlich nach Kategorien sortiert bereithält und von sich aus Vorschläge macht, entspricht dem Zeitgeist besser. Das soll aber nicht heissen, dass die Möglichkeit, Inhalte selbst aufzuzeichnen oder Videos aus den Mediatheken herunterladen und archivieren, obsolet wäre. Im Gegenteil; für die informationelle Selbstbestimmung ist die unverzichtbar. Eine Anleitung, wie man das mit Teleboy am komfortabelsten tut, finden sich im Beitrag Wie man der Eiskönigin einen neuen Schnitt verpasst.

Aber zurück zur Play-SRF-App auf dem Apple TV. Sie erfüllt die Pflicht einwandfrei, schwächelt aber bei der Kür.

Einfach nicht zu früh sterben, würde ich als Laie vermuten. Die Startseite der SRF-App konfrontiert uns sogleich mal mit unserer Sterblichkeit.

Zur Pflicht zählt natürlich der Zugriff auf die Inhalte. Auf der Startseite, der Rubrik Home, findet sich eine Präsentation des aktuellen Angebots mit einer einzelnen Sendung, die zuoberst im Schaufenster steht. Darunter gibt es die Kategorien News, Sport, Dok, Unterhaltung, Comedy, Film, Serien und Politik.

Die «Home»-Seite fördert das, was eh schon alle sehen wollen

Darunter finden sich einzelne Titel, die wiederum nach bestimmten Themen wie Film-Tipps, Top-Serien, Krimis, True Crime, Sendungen für Kinder, Gameshows oder Talk sortiert sind. Das ist eine bunte Palette, die zwei Zwecke erfüllen soll: Einerseits sollen die publikumsträchtigen Sendungen schnell auffindbar sein, andererseits will der Anbieter die Vielfalt seines Programms aufzeigen und dafür sorgen, dass auch die unterschiedlichen Geschmäcker zum Zug kommen.

Ein Potpurri an Themen, Sendungen und Episoden.

Das Problem liegt allerdings darin, dass man sich anhand einer solchen Best of-Auswahl kein Bild des Gesamtangebots verschaffen kann. Wenn man nicht einfach das konsumieren möchte, was die Masse für attraktiv befindet oder worauf der Anbieter selbst besonders stolz ist, dann kommt man nicht darum herum, die Kategorien zu durchforsten und nach Stichworten zu suchen.

Ausserdem ist die Einordnung für Laien nicht immer leicht zu durchschauen: Was ist der Unterschied zwischen den Punkten Aus dem Archiv und Archivöffnung? (Mein Eindruck: Unter dem ersten Punkt finden sich einzelne Beiträge und Episoden, beim zweiten ganze Sendereihen. Aber ich kann mich auch irren.)

Was, Viktor war mal so jung?

Zum Glück ist das Problem bei SRF nicht ganz so virulent wie bei Netflix (Wer will sich von einem Algorithmus bevormunden lassen?), da keine Individualisierung der Home-Angebots stattfindet. Zumindest ist das mein Eindruck – das Angebot scheint auf dem Apple TV das gleiche zu sein wie bei der iPhone-App und im Browser.

Was spricht gegen die Programme aus den anderen Landesteilen?

Zu den weiteren Rubriken: Unter Live verfolgt man die ausgestrahlten Fernseh- und Radio-Programme (SRF 1, SRF 2 und SRF Info, bzw. SRF 1, SRF 2 Kultur, SRF 3, SRF 4 News, Musigwelle, Swiss Pop, Swiss Classic und Swiss Jazz), wobei man sich fragen kann, warum die Schwesterprogramme von TSR und TSI hier nicht auch vertreten sind.

Ja, live fernsehen kann man auch.

Bei TV-Programm gibt es die Übersicht der Sendungen nicht nur von SRF, sondern auch von ARD, ZDF, ORF und den Deutschen und Schweizer Privatsender. Mehr tun als im Programm blättern kann man hier jedoch nicht; nicht einmal weitere Informationen gibt es, wenn man eine Sendung auswählt und antippt.

Das Fernsehprogramm: Zwar auch mit den Kanälen der Konkurrenz, aber nur mit Sendungstiteln und keinen weiteren Informationen.

Die weiteren Rubriken erklären sich von selbst: Bei Sendungen gibt es eine alphabetische Auflistung aller Formate und bei Suche findet man Sendungen und Beiträge nach Titel oder Stichworten.

Was haben wir das letzte Mal nicht fertig geschaut?

Soweit die Pflicht. Die Kür überzeugt mich, wie angedeutet, leider nicht – was indes auch auf die Smartphone- und Tablet-Variante der App zutrifft. Es gibt gerade einmal die Möglichkeit, eine Sendung als Favorit hinzuzufügen. Sendungen, die man fertig geschaut oder angefangen hat, werden zwar durch einen entsprechenden roten Fortschrittsbalken markiert, aber es gibt keine Übersicht des Sehverlaufs oder der weiteren Folgen: Die muss man sich jedes Mal wieder hersuchen.

Auch eine Warteschlange bzw. eine Queue wäre schön – insbesondere dann, wenn man dafür ein Nutzerkonto hinterlegen könnte. Dann hätte man nämlich die Möglichkeit, am Smartphone Sendungen vorzumerken, die man sich hinterher am Fernseher ansieht. Das klappt leider nicht; da kein Benutzerkonto hinterlegt ist, sind selbst die Favoriten aufs Gerät beschränkt.

Bleibt die Frage, ob die Version in Aussicht gestellte Version der App für Android TV inzwischen verfügbar ist. Das konnte ich auf die Schnelle nicht in Erfahrung bringen, da ich keinen Fernseher mit Android-TV besitze und auch keine Möglichkeit gefunden habe, den Store per Browser zu durchsuchen. Falls jemand eine Antwort darauf hat, freue ich mich über einen Kommentar!

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