Vor Kurzem wurde Twitter acht. Das ist zwar noch immer einstellig, aber den Windeln ist der Mikrobloggingdienst ohne Zweifel entwachsen. Unter first-tweets.com kann man nun die ersten Tweets nachsehen. Das ist meiner:
Will wissen, wie schnell mich Twitter in den Wahnsinn treibt
— Matthias Schüssler (@MrClicko) 14. Januar 2009
Das ist, so denke ich, recht typisch für die Gattung der ersten Tweets. Man wusste nicht, was man von dem Dienst erwarten soll. Das zeigt auch der erste Tweet von @bloggingtom, der immerhin zwei Jahre früher als ich dran war:
is wondering, what twitter is good for…
— Tom Bruehwiler (@bloggingtom) 23. März 2007
Lustig übrigens auch, wie damals noch die Gewohnheit herrschte, ohne Personalpronomen gleich mit dem Verb loszulegen – was sowohl Bloggingtom als auch ich praktiziert haben. Das stammt wohl daher, dass man seinen Benutzernamen am Anfang in die Aussage miteinbezogen hat. Also nicht «Ich will wissen, was dieser Quatsch hier soll», sondern «MrClicko überlegt sich gerade, …»
Uns war allen ein bisschen unwohl dabei, so direkt von sich zu schreiben. Twitter fragte zwar «what are you doing?», aber es war uns unangenehm, das so direkt und mit mit einem Inbrünstigen «Ich tue das!» zu tun. Darum haben wir uns in eine Art Illeismus geflüchtet. Eine Zurückhaltung, die aus heutiger Sicht fast schon putzig anmutet.
Zurück zu den berühmten ersten Malen:
Mein Arbeitskollege Rafael Zeier war ein halbes Jahr früher dran als ich, und er hat den Zweck von Twitter sofort glasklar erkannt:
watching Tour De France.
— Rafael Zeier (@RafaelZeier) 24. Juli 2008
Auch Kollege Jan Rothenberger ging gleich in die Vollen:
hat eine 8.4 auf der nach oben offenen Autsch-Skala der Verkaterungsintensität erzielt.
— Jan Rothenberger (@JanRo) 5. April 2009
Er hat sich aber inzwischen erholt. Twitter ist tatsächlich ein interessantes Phänomen. Ich wusste am Anfang wenig mit dem Dienst anzufangen und habe ihn nach der Anmeldung geflissentlich ignoriert. Die Wende kam für mich, nachdem ich (das inzwischen eliminierte) Twitter-Widget in der rechten Spalte dieses Blogs eingebunden hatte.
Ich konnte damit sehr einfach Informationen auf mein Blog bringen – per SMS selbst im Ausland und ohne Roaming. Das hat mich seinerzeit überzeugt, wie ich im Beitrag Wir Webvögel zu meinem Twitter-Start erläutert habe.
Die Hürden für spontanes Publizieren wurden massiv gesenkt
Diese einfache Möglichkeit der Wortäusserung hat mich beeindruckt, weil es die Hürden für spontanes Publizieren massiv senkte. Ich brauchte keinen Computer, kein Internet, sondern nur ein «dummes» Mobiltelefon. Das war ein weiterer Riesenschritt, nachdem ich 2007 ein CMS auf meine Website aufgespielt hatte und ab da per Browser publizieren konnte. Vorher brauchte es, man erinnert sich, einen Webeditor und den FTP-Upload!
Wenn ich auf meine fünf Jahre Twitterei zurückblicke, dann hat sich bei mir gerade wegen Twitter ein Bewusstseinswandel vollzogen. Vor der Twitter-Ära lagen nicht nur die technischen Hürden fürs Publizieren im Web höher. Ich hatte tatsächlich Hemmungen, mich mit irgend einer Banalität zu Wort zu melden. Das Internet ist schliesslich global – man kann von überall darauf zugreifen (ausser aus der Türkei) – da muss man doch auch etwas Bedeutsames und Gehaltvolles von sich geben!
Die Unterschiede zwischen privater und öffentlicher Kommunikation schwinden
Diese Wahrnehmung hat sich offensichtlich gewandelt. Dass das Publizieren so leicht geht, führt tatsächlich auch dazu, dass die Unterschiede zwischen privater und medialer Kommunikation schwinden. Das lässt sich auch schön bei den Podcasts beobachten – wo wir beim Digitalk anno 2006 noch mit einem Heidenrespekt an die Sache herangegangen sind, haben die Leute bei den typischen Quassel-Podcasts keine Skrupel, auch ohne jegliche Vorbereitung fünf Stunden lang in ein Mikrofon zu schwatzen. Das ist nicht per se schlecht, weil es einen umittelbareren Zugang zu vielen Themen bietet, als der medial gefilterte und verpackte. Aber es sollte auch nicht überhand nehmen.
Und apropos Digitalk: Interessant wird auch sein, die alten Digitalk-Sendungen zum Thema Twitter und den sozialen Medien noch einmal nachzuhören – und zu sehen, wie sich die Wahrnehmung über die in den letzten gut fünf Jahren gewandelt hat.
Kein Wahn-, aber ein bisschen Irrsinn
Fazit: Twitter hat mich nicht in den Wahnsinn getrieben. Bei den Empfängern bin ich mir nicht so sicher – denn es ist tatsächlich so, dass Twitter auch bei mir von mangelnder Impulskontrolle Gebrauch macht und mich immer wieder dazu bringt, irgendwelchen halbgaren Quatsch ins Netz abzulassen. Im Idealfall ist es lustig, oft genug aber auch nicht. Aber sei es drum. Dafür stehen in diesem Blog nur kluge Dinge. 😉
Und hier noch ein paar famous first words:
Sitting at the office, checking twitter
— Barnaby Skinner (@BarJack) 11. Oktober 2007
vom buzzfuzz
— Thomas Benkö | Bö (@ThBenkoe) 5. April 2007
Mysterium: Warum kleben AT-Vignetten besser als schweizerische, auch wenn sie nur eine Woche gültig sind?
— Andreas Heer (@andiheer) 1. Juli 2009
#iPhone synchronisiert die Uhrzeit falsch bei #Orange CH. Viel Spass beim aufstehen!
— Pendolino70 (@Pendolino70) 11. November 2010
wie denn, was denn?
— Roger Zedi (@thezedi) 22. April 2010
working on feedboard
— Christian Leu (@leumund) 6. März 2007
Krasse Fehler im HR: Zeichen von Dummheit oder Ignoranz?
— Thomas Hutter (@thomashutter) 5. März 2009
Working… =)
— Renato Mitra (@renatomitra) 24. April 2007
Hanging out.
— Peter Hogenkamp (@phogenkamp) 4. Februar 2007
is playing with tweetie for mac …. looks great
— Jean-Claude Frick (@jcfrick) 20. April 2009
twitter inspizieren nachdem ich schon yammer ausprobiert hab. Erster Eindruck von twitter: Kindergarten.
— David Blum° (@dblO_Om) 4. Oktober 2008
windet ihrem Nasenspray ein Kränzchen heute Morgen. Ohne wärs nasaler, irgendwie! #drs3
— Franziska v Grünigen (@fvongruenigen) 27. November 2010
Aaaach. Schon in Chur angekommen…
— Ralph Hutter (@pixelfreund) 4. Juni 2008
Testing Twitter on my iPhone
— Martin Rechsteiner (@pokipsie) 13. April 2008
Hello World.
— Sam Steiner (@samsteiner) 17. August 2010
Welche/r Blogger/in möchte sich an der re-publica für einen Zeitungsartikel auf Schritt und Tritt verfolgen lassen? Mit Foto?
— Ronnie Grob (@ronniegrob) 27. März 2008
@bloggingtom Ich werde sicher bereits bald twittern, doch zuerst möchte ich einwenig mitlesen und mich inspirieren lassen …
— Ralf Beyeler (@ralfbeyeler) 30. März 2009
nothing
— Die Möwe Jonathan (@shibby) 27. Januar 2007
on my way to the early cinema: Monster vs Alien
— Yago Veith (@yago1) 4. April 2009
Twitterpremiere…
— karin friedli (@karinfriedli) 6. Dezember 2007
Hello World! @pixelfreund und @thbenkoe – eure Schuld, dass ich jetzt auch dabei bin 🙂
— Chris (@digichr) 6. März 2009
Twittere nun auch, noch eine Applikation auf meinem Nokia…
— Flo(h)rian Mauchle (@FlohEinstein) 15. Dezember 2008
alle am twittern, also ich auch
— Patrick Hediger (@hediger) 15. Februar 2008
Sitzt zuhause und guggt navy cis
— Igwigg (@igwigg) 9. März 2009
Zwei Bemerkungen noch dazu: Die Reihenfolge ist Zufall. Und all die wichtigen Leute, die hier in der Liste fehlen, sollen bitte nicht beleidigt sein – keine böse Absicht, ich hatte dann bloss irgendwann keine Lust mehr, weitere erste Tweets nachzuschlagen… 😉