Der Folienknecht für Powerpoint-Hasser

Slidesai.io ver­wan­delt einen simplen Text in eine ab­wechs­lungs­rei­che Prä­sen­ta­tion – natür­lich mit­hilfe von künst­li­cher Intel­li­genz. Ich habe aus­pro­biert, ob das klappt.

Die Website slidesai.io will uns bei einer Aufgabe helfen, die den meisten von uns – vermutlich – keine besondere Freude bereitet. Sie macht nämlich eine Präsentation für uns. Dafür benötigt sie nichts weiter als einen Text von einigen hundert bis tausend Zeichen und herauskommt eine Präsentation via Google Slides.

Konkret funktioniert das so: Als Erstes installieren wir die Software, die wir in Googles Workspace Marketplace vorfinden – das ist dort, wo die Erweiterungen der Dritthersteller für Googles Büroanwendungen zu finden sind. Das funktioniert unkompliziert, wir müssen lediglich die Berechtigung dazu erteilen.

Nun richten wir eine neue Präsentation ein, was am schnellsten geht, wenn wir in die Adresszeile unseres Browsers slides.new eintippen. In der Präsentations-Anwendung klicken wir im Menü auf Erweiterungen > SlidesAI.io – Create Slides with AI > Generate Slides.

Die Ausgangslage: Ein Fliesstext, der überhaupt nicht für eine Präsi gedacht ist.

Es erscheint ein Fenster, in das wir den Inhalt unserer Präsentation als Fliesstext eingeben. Dieser Text sollte zwischen 500 und 2500 Zeichen lang sein. Rechts wählen wir den Typ aus, wobei vier Varianten zur Verfügung stehen, nämlich General, Conference, Educational und Sales. Und wir geben an, wie viele Folien wir ungefähr brauchen. Ausserdem dürfen wir wählen, ob die Folien einen Titel und Bilder haben sollen.

Die (geringen) Erwartungen werden übertroffen

Dann legt Slidesai.io auch schon los und unterbreitet uns nach einer kurzen Wartezeit unsere Präsentation. Ich habe es mir für meinen Test maximal einfach gemacht und den Beschreibungstext der Folge 666 unseres Nerdfunks einkopiert – denn unter uns gesagt waren meine Erwartungen nicht sehr gross.

Das ist eine originelle Darstellung – auf die wäre ich so sicher nicht gekommen.

Doch siehe da: Das Resultat ist besser als erwartet. Natürlich würde ich die Präsentation nicht eins zu eins verwenden wollen. Aber die KI hat die Textinhalte sinnvoll auf die Folien verteilt und abwechslungsreich gestaltet. Ich kann es leider nicht leugnen: Wenn ich die Folien selbst gemacht hätte, wären sie viel eintöniger ausgefallen.

Nachbearbeitung tut not

Um die Rohfassung in eine vorzeigbare Präsentation zu verwandeln, müssten wir vor allem drei Dinge tun:

Die Texte überarbeiten: Wenn ein Fliesstext in eine Präsentation verwandelt wird, muss die Software aus ganzen, langen Sätzen Stichworte bzw. Phrasen herausdestillieren. Das tut sie nicht schlecht, aber mir sind die Formulierungen mit den vielen Nomen zu bürokratisch. Dieses Manko lässt sich aber schnell korrigieren.

Die Bilder austauschen: Die Symbolbilder sind vermutlich als Platzhalter gedacht. Sie haben jedenfalls überhaupt nichts mit dem Thema der Präsentation zu tun. Es wäre aber kein grosser Aufwand, sie zu ersetzen.

Eine Kontrolle durchführen: Und, als Grundregel bei KI-Einsatz, sollten wir nicht blind vertrauen. Stattdessen müssen wir das Resultat mit unserem Text vergleichen und überprüfen, ob nichts weggelassen, dazu erfunden oder verfälscht wurde.

Zur Nachbearbeitung gehört, Bilder auszutauschen und Texte zu redigieren.

Fazit: Ich würde Slidesai.io nicht als revolutionär bezeichnen, aber als solides Werkzeug. Es spart auf alle Fälle Zeit und macht die Präsentationen (je nach Bedarf) ansehnlicher und vielfältiger. Auch für Microsoft-Office-Nutzerinnen übrigens: Via Datei > Herunterladen > Microsoft-Powerpoint-Datei (.pptx) kann man sie auch mit Microsoft 365 bzw. Office benutzen.

Microsoft Office ist nicht der Weisheit letzter Schluss

Und Slidesai.io zeigt noch etwas: Nämlich, dass Office nicht am Ende der Fahnenstange angelangt ist. Angesichts der Stagnation, die Microsoft während der letzten zwanzig Jahre bei seiner Bürosoftware an den Tag gelegt hat, konnte man diesen Eindruck bekommen: Word, Excel und Powerpoint funktionieren im Kern noch genauso wie Ende der 1980er-Jahre, als sie erfunden wurden. Eine wesentliche Neuerung gab es mit dem Internet und den Kollaborations-Funktionen – ansonsten wurde, bös gesagt, hauptsächlich an der Oberfläche geschraubt. Und auch Google war in den letzten Jahren alles andere als kreativ. Schon vor sechs Jahren fand ich, Google Docs sei so Neunzigerjahre.

Wir lernen, dass es ein grober Fehler wäre, Microsoft oder Google als Mass der Dinge zu nehmen, wenn es um Fortschritt und Innovation geht. Ich habe neulich für die «Sonntagszeitung» iA Presenter als Powerpoint-Killer aus der Schweiz vorgestellt. Diese Software ist für Präsentationen gedacht, doch sie unterscheidet sich auf eine Weise von Powerpoint, die mich sofort überzeugt hat: Sie stellt nämlich nicht den Gestaltungsprozess in den Vordergrund. Nein, ums Aussehen der Folien sollen wir uns möglichst gar keine Gedanken machen. Stattdessen überlegen wir, was wir eigentlich sagen wollen. Diesen Ansatz finde ich noch etwas toller als Slidesai.io.

Beitragsbild: Wer kennt uns liebt es nicht? (Campaign Creators, Unsplash-Lizenz)

One thought on “Der Folienknecht für Powerpoint-Hasser

  1. Da ich mit wenig grafischem Talent gesegnet bin, verwende ich gerne PowerPoint-Vorlagen von Freepik. Diese sind zu allen möglichen Themen erhältlich, sie sind von Profis gestaltet und enthalten Titelfolie, Inhaltsverzeichnis, Kapitel sowie einzelne Folien mit passenden Icons. Zum Thema „IT-Sicherheit“ hat man also den obligaten Hacker mit Kapuze, die Wolke mit Schloss etc. drin. Und beim Thema „Vereinsversammlung“ hat man die Traktandenliste, die aufstreckende Hand sowie den Pfeil im Ziel dabei.

    Ist ein etwas anderes Konzept, da man für den Inhalt selbst sorgen muss, aber das ist für mich weniger ein Problem als eine einheitliche Gestaltung.

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