Keine Werbung in Betriebssystemen und Programmen!

Windows, der App-Store von Apple, Firefox: Immer mehr Soft­wa­re­pro­duk­te glauben, uns Nutzer­innen mit Werbung behel­ligen zu müssen. Warum das ein Problem ist – und was wir dagegen unter­neh­men können.

Mutiert Windows zur Adware – also zu einem Produkt, das vermeintlich kostenlos ist, sich aber über Werbung finanziert? Es gibt Anzeichen dafür:

Gizmodo hat vor einiger Zeit berichtet, ein Betriebssystem-Update füge Werbe-«Benachrichtigungen» hinzu, in denen es darum gehe, Nutzerinnen und Nutzern Onedrive schmackhaft zu machen:

Eine  «kleine» Anzahl von Windows 11-Nutzern wird jetzt «Benachrichtigungen» sehen, die sie dazu ermutigen, andere Microsoft-Produkte zu verwenden, wenn sie auf das Windows-Startmenü klicken. Viele Windows-Nutzer kritisieren die Änderung bereits als einen weiteren Versuch von Microsoft, mehr native Werbung in sein Betriebssystem zu integrieren.

Bei «Neowin» gibt es einige technische Details dazu zu lesen: Es handelt sich um den Build 23419, der im Startmenü eine Aufforderung anzeigt, eine Datensicherung per Cloud durchzuführen. Kommentar: Das ist eine Änderung, «die nur eine Mutter lieben kann».

Mich wundert es nicht, dass es so kommt: Seit Microsoft in den Wolken schwebt, macht das Betriebssystem anteilmässig viel weniger Geld als früher. Darum nutzt es der Konzern mehr und mehr als Vehikel zur Promotion seiner lukrativeren Produkte: Microsoft 365, Teams und Onedrive.

Firefox zeigt «gesponsorte Verknüpfungen» in der Ansicht «Neuer Reiter» an, wenn wir das nicht verhindern.

Bemerkenswert finde ich die Salamitaktik: Offensichtlich ist sich Microsoft bewusst, dass es sich um eine unpopuläre Sache handelt. Bei einer Einführung, die schrittweise erfolgt und nur bei einem Teil der Nutzer zu sehen ist, besteht die Möglichkeit, nachzuregeln: Wenn die Leute motzen, wird die Werbung dezenter – wenn nicht, dann wird weiter aufgedreht.

Ich werde gleich erklären, welche Schalter wir umlegen sollten, damit wir von derlei Übergriffen verschont bleiben¹. Zuerst aber der Hinweis, dass die Konkurrenz auch nicht viel besser ist: Apple betreibt beim App-Store ein ähnliches Geschäft, das kontinuierlich ausgebaut wird und das Kundenerlebnis nicht zum Positiven beeinflusst.

Und Mozilla ist auf die hirnrissige Idee verfallen, «Sponsoring» in Firefox anzuzeigen. Das erscheint, wenn wir einen neuen Reiter öffnen.

Also, die Frage: Was können wir dagegen tun?

1) Windows

Bemerkenswert ist, dass die gängigen Tipps zum Thema (z.B. hier von Heise oder hier von Neowin) bei meiner Version von Windows 11 nicht mehr funktionieren: Die beschriebenen Optionen sind nicht aufzufinden.

Das könnte darauf hindeuten, dass Microsoft diese Opt-out-Möglichkeiten eliminiert hat. Vielleicht wird hier auch der alte Facebook-Trick angewendet, jene Optionen, die nicht unbedingt im Sinn des Betreibers sind, ständig umzubenennen und zu verschieben, dass die gängigen Anleitungen ins Leere laufen und Benutzerinnen und Benutzer entnervt aufgeben. Letzteres wäre ein fieses Dark Pattern, ersteres generell inakzeptabel. Gegen beide Änderungen müssten Konsumentenschutzorganisationen mit der Juristen-Keule vorgehen.

Die Optionen, die ich gefunden habe, sind die folgenden:

  • In den Einstellungen unter Personalisierung > Start gibt es die Option Empfehlungen für Tipps, Verknüpfungen, neue Apps und mehr anzeigen. Was genau die tut, habe ich nicht herausgefunden. Aber für mich «riecht» sie etwas nach einer Option, hinter der sich Werbung verstecken könnte.
  • In den Einstellungen unter Datenschutz und Sicherheit > Allgemein gibt es die Option Apps die Anzeige personalisierter Werbung mithilfe meiner Werbe-ID gestatten.
  • Im Explorer klicken wir auf das Dreipunkte-Menü und auf Optionen. Im Dialog Ordneroptionen wenden wir uns dem Reiter Ansicht zu. Hier findet sich unter Erweiterte Einstellungen eine Liste mit Checkboxen, in der unter anderem die Option Benachrichtigungen des Synchronisierungsanbieters anzeigen vorzufinden ist.
Hilft diese Option gegen Werbung im Startmenü? Es ist zu hoffen.

2) Apples App-Store

Im App-Store gibt es meines Wissens leider keine Möglichkeit, die lästige (und gelegentlich auch etwas irreführende) Werbung abzuschalten.

3) Firefox

Um die gesponsorten Einträge auf der Firefox-Seite für einen neuen Reiter (new tab) zu entfernen, betätigen in der rechten oberen Ecke der Seite das Zahnrad-Symbol und entfernen im Einstellungen-Panel das Häkchen bei Gesponsorte Verknüpfungen.

4) Allgemein

Eine gute, allgemeine Lösung scheint mir ein Adblocker, der Werbung auf Netzwerkebene abklemmt. Das hilft bedauerlicherweise nicht in jedem Fall; bei der Werbung in Apples App-Store greift diese Methode nicht. Dennoch bietet sie einen guten Basisschutz. Mein Tipp ist NextDNS, siehe Die Firewall für die ganze Familie.

Fussnoten

1) Man könnte an dieser Stelle natürlich diskutieren, ob Werbung nicht auch in Betriebssystemen legitim ist: Schliesslich finanzieren sich Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsender und Online-Medien, Blogs und andere Inhalte auf diese Weise – dieses Blog hier ist nicht davon ausgenommen. Ich halte das nicht für überzeugend: Ein Computer ist ein Werkzeug, ein Arbeitsinstrument: Wir bezahlen dafür einen Kaufpreis, worauf diese Transaktion beendet ist. Nachträglich noch mehr Geld herausschinden zu wollen, ist nicht anständig: Der Hersteller eines Schraubenziehers kann auch nicht herkommen, einen Kleber auf den Griff machen und sich dafür vom Kleber-Hersteller bezahlen lassen.

Und klar, ein Schraubenzieher braucht kein Betriebssystem, das unter Umständen aktualisiert werden muss. Aber wie die Geschichte zeigt, ist Microsoft durchaus in der Lage, die Lizenzgebühren fürs Betriebssystem so anzusehen, dass trotz Notwendigkeit von Updates die Marge passt. Auch mit dieser Betrachtungsweise gibt es keinerlei Notwendigkeit oder Rechtfertigung für ein Nebengeschäft mit Werbung.

Zumal dieses Geschäft einem grundlegenden Anspruch der Nutzerinnen und Nutzer entgegenläuft: Nämlich bezüglich Schutz der persönlichen Daten und der Privatsphäre maximal geschützt zu sein. Mit digitaler Werbung geht der Versuch des Trackings und der Datensammelei einher. Dieser Versuch lässt sich bei der Nutzung des Netzes unterbinden bzw. vermeiden. Beim Betriebssystem ist das aber nicht möglich.

Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Adware über Jahre ein stark negativ konnotiertes Wort war. Jetzt das Betriebssystem – also ein unverzichtbares Bestandteil eines digitalen Arbeitsinstruments, das sich nicht einfach so austauschen lässt – in eine Adware umzuwandeln, ist dumm, dreist und Geschichtsvergessen.

Beitragsbild: Gilt auch für Betriebssysteme (Marija Zaric; Unsplash-Lizenz).

2 Kommentare zu «Keine Werbung in Betriebssystemen und Programmen!»

  1. Es war abzusehen, dass ein kostenloses Windows mehr „Empfehlungen für Benutzererfahrungen“ zur Folge hat. Viele würden wohl lieber wieder für das Betriebssystem bezahlen. Ein Tool, was viele Unsitten von Windows behebt, ist „OOShutUp“.

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