Das Schweizer Sackmesser unter den Karten-Apps

Die neue Swisstopo-App im Test: Trotz Kinderkrankheiten und etwas seltsamer Benutzerführung wird sie zu einem Schweizer Klassiker avancieren.

Im Beitrag Mit diesen Outdoor-Apps lockt das Abenteuer habe ich vor den Sommerferien in neun Kategorien Apps vorgestellt, mit deren Hilfe man nicht nur ferne, fremde Länder, sondern auch die nähere Umgebung erkundet.

Die Auswahl der Karten, mit Lokalisierung per GPS.

Kaum war der Artikel gedruckt, bin ich einer App begegnet, die wunderbar in diese Aufzählung gepasst hätte. Das ist die Swisstopo-App des Bundesamts für Landestopografie, die diesen Sommer lanciert worden ist.

Es gibt sie fürs iPhone und iPad und für Android. Sie hält wie die SchweizMobil-App (Bünzlig, aber brauchbar) die Landeskarten bereit – und führt mit diesen auch Routenplanung und Navigation durch. Die App ist kostenlos, doch wenn man die App offline nutzen will, braucht man ein Abo für 38 Franken pro Jahr.

Um etwas mehr ins Detail zu gehen: Die App hält das Kartenmaterial der Landestopografie bereit, und zwar verschiedene Varianten: Die Landeskarte im Massstab 1:10 000 bis 1 zu einer Million; die Wintervariante, Luftbild, Luftfahrtkarten und die Erstausgaben der Dufourkarte aus den Jahren 1845 bis 1865 und der Siegfriedkarte, die zwischen 1870 und 1926 entstanden ist.

Touren planen und aufzeichnen

In der App erscheint die Karte und am unteren Rand eine Lasche, über die man nach Orten, Adressen und Koordinaten suchen und seine Touren anlegen kann. Tippt man aufs Plus-Symbol, erscheinen zwei Möglichkeiten:

Bei der Tourenplanung steckt man seine Route am Bildschirm ab: Je mehr Punkte, desto genauer – bei grosszügigen Abständen wählt die App den Weg aus.

Tour zeichnen: In diesem Modus legt man seine Route fest, indem man sie Punkt für Punkt auf der Karte absteckt. Falls man sich vertippt, kann man das über den Rückgängig-Knopf widerrufen. Und praktisch: Es erscheint ein Höhenprofil und Angaben zu Auf- und Abstieg in Höhenmetern.

Tour aufnehmen: Mit dieser Funktion wandert man los und lässt die App die Strecke mitverfolgen.

In der rechten unteren Ecke gibt es ein Ebenensymbol. Tippt man es an, erscheinen nach Kategorien sortiert, Karten und weitere Funktionen zur Auswahl:

  • In der Rubrik Karten stehen Landeskarte, Landeskarte in Grau oder Luftbild zur Auswahl.
  • Bei Wandern, Velo, Schneesport und Luftfahrt gibt es wiederum eine variierende Auswahl an Karten. Bei Schneesport ist, nebst der normalen Landeskarte und dem Luftbild beispielsweise auch die Landeskarte Winter 4aufzufinden.
  • In den Aktivitäts-Rubriken finden sich nebst den Karten auch Zusatzinformationen: Bei Wandern stehen als zusätzliche Informationsquellen die Wanderwege und Wanderland SchweizMobil zur Auswahl, ferner die ÖV-Haltestellen. Bei Velo finden sich analog Fahrradkarten, bei Schneesport werden Hangneigungen ab 30 Grad und ähnliche Dinge markiert. Und bei Luftfahrt kann man sich die Hindernisse, Schutzgebiete, Landeplätze und Lufträume anzeigen lassen.
  • Schliesslich gibt es die Rubrik Profi, in der, falls ich das richtig verstanden habe, noch einmal alle Optionen in einer Liste aufgeführt sind.

Ob diese Aufteilung der Weisheit letzter Schluss ist, kann man bezweifeln. Ich war erst verwirrt, weil Karten und Sportarten in der gleichen Liste auftauchen, obwohl das für meinen Geschmack unterschiedliche Kategorien sind. Die Idee war wohl, die Benutzerschnittstelle möglichst einfach zu halten. Wie die Kommentare in den App-Stores zeigen, hat die nicht bei allen Nutzern verfangen.

Noch nicht alles läuft stabil

Die historischen Karten – fürs Wandern nur bedingt geeignet.

Wichtig scheint mir, dass die App nun auch ausreichend Nachsorge erfährt. So ganz stabil läuft sie nämlich nicht: Ich habe bei meinem Test den einen oder anderen Absturz erlebt und zwischendurch ist die App auch mal hängen geblieben.

Fazit: Trotz der Kritik eine schöne App, die sicherlich bald zur Grundausstattung der Schweizer Smartphonebesitzer gehören wird – so wie das Taschenmesser und das Schächteli mit den Ricola-Pastillen.

Entwickelt wurde die App übrigens von Ubique, den Zürcher Go-to-Guys für Apps des Bundes. Die stehen für solide Softwarequalität, aber auch für inmovative Benutzerschnittstellen. Sie haben die Wischmethode zur Auswahl des Start- und Zielbahnhofs in der SBB-Mobile-App erfunden. Einen solcher Geniestreich ist diese App nicht – obwohl sie gemäss inside-it.ch gut 3,6 Millionen Franken gekostet hat.

Nachtrag

Über Sinn und Unsinn der neuen App wird als Reaktion auf diesen Beitrag sowohl bei Twitter als auch bei Facebook leidenschaftlich diskutiert. Dazu hier die Links:

Auf Twitter geht es um die Frage, ob man Touren auch am Computer planen und an die App schicken kann. Quintessenz bis jetzt: Man kann Dateien im KML-Format per Airdrop vom Mac übertragen.

Auf Facebook gibt es u.a. folgende Anmerkung von Dominik: «Gerade in den Bergen oft kein GPS – auch wenn man nicht in einem Talkessel ist. Ebenfalls ärgerlich: man kann eine Route nur rechnen lassen, wenn auf der Karte ein Weg eingezeichnet ist. Das ist oft nicht der Fall und man geht einige hundert Meter über eine Alpweide. In diesem Fall hilft nur die Aufteilung auf zwei Routen.»

Ueli findet: «Dass sie für Strecken allein auf Fussgänger setzen, kann Gümmeler nur garstig stimmen», und Thomas übt Grundsatzkritik: «Ich verstehe absolut nicht, warum man diese App verwenden soll, wo es doch die andere von Schweizmobil gibt. Mir kommt das vor wie eine unsinnige Verdoppelung. Dominik, auf Schweizmobil kannst du Routen abseits der eingezeichneten Wege rechnen».

Beitragsbild: Das wäre die perfekte Illustration zu meinem Blogpost gewesen, wenn die Karte auch die Schweiz und nicht Holland zeigen würde. Aber man kann nicht alles haben (Immo Wegmann, Unsplash-Lizenz).

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