Beitragsbild: Zugegeben – ein Mauerblümchen ist nicht das gleiche wie ein Blümchen vor einer Mauer (虞や虞や汝を如何せん, isado/Flickr.com, CC BY-ND 2.0).
Ich habe seinerzeit die Fotos-App von Windows getestet und sie als banal bezeichnet. Das war vielleicht etwas gar schnoddrig. Denn auch wenn die App lange Zeit nicht sehr viel hergemacht hat, ist sie mit den letzten Updates immer besser geworden. Und jetzt sind wir an einem Punkt, an dem man sie sehr gut verwenden kann.
Das ist mir aufgefallen, als ich neulich ein Video zurechtstutzen wollte. Ich habe es, wie hier beschrieben, erst mit VLC probiert. Das war aber wirklich umständlich. In einem zweiten Anlauf probierte ich es mit der Fotos-App, die ihrem Namen zum Trotz auch mit Bewegtbildern umgehen kann. Und siehe da: Diese App hat die Aufgabe umgehend und absolut unkompliziert gemeistert.
Von der nutzlosen Dreingabe zum brauchbaren Werkzeug
Darum bin ich zum Schluss gekommen, dass es nun an der Zeit ist, die App nicht mehr nur als mehr oder weniger nutzlose Dreingabe zu betrachten, sondern als brauchbares Werkzeug. Darum habe ich ihr eine Ausgabe in meiner Videoreihe «Digitale Patentrezepte» gewidmet:
Microsoft bügelt ein grosses Manko aus
Ich versteige mich im Video zur Behauptung, dass die App für viele Nutzer den Erwerb eines separaten Bildbearbeitungs- und Verwaltungsprogramms überflüssig macht. Mir ist natürlich klar, dass es von den Ansprüchen abhängt, ob das für einen zutrifft oder nicht. Ernsthafte Fotografen werden für diesen Zweck auch weiterhin ein ernsthaftes Programm einsetzen wollen: Lightroom und all die anderen RAW-Entwickler, die ich in einer ausführlichen Testreihe angeschaut habe, werden keinesfalls überflüssig.
Aber es ist auch eine Tatsache, dass nicht jedermann ein ernsthafter Fotograf ist. Es gibt auch Schnappschüssler, die hier einmal einen Bildausschnitt korrigieren und dort die Belichtung und Helligkeit anpassen möchten.
Ein Programm zur Bildverwaltung ist für alle nützlich
Es gibt die Fotografen, die sich ganz aufs Fotografieren konzentrieren und die Bearbeitung auf ein Minimum beschränken wollen. Die brauchen keine ausgeklügelten Nachbearbeitungsmöglichkeiten. Aber ein Programm zur Organisation und Bildverwaltung ist auch für sie hilfreich – denn der Windows-Explorer ist für diese Aufgabe definitiv nicht der Weisheit letzter Schluss.
Die Verwaltung der Bilder ist mit der App gut möglich. Man sieht seine Bilder chronologisch, kann via Suchfeld und mittels maschinellem Lernen auch nach automatisch erfassten Bildinhalten und Personen suchen. Die Inhalte von Onedrive (auch das ein Dienst, der in der letzten Zeit noch besser geworden ist), werden nahtlos integriert.
Es gibt auch die automatischen Rückblicke à la Apple, die bei Microsoft manchmal auch etwas unfreiwillig Komisches haben. Die Algorithmen haben für mich neulich ein Video mit allen meinen Bildern zusammengestellt, auf denen die Leute Sonnenbrillen tragen: Das ist nicht zwingend notwendig, aber in gewisser Weise noch lustig.
Natürlich: Als selbstbestimmter Anwender würde man sich stattdessen eher ein elaborierteres Katalogisierungssystem wünschen. Man kann in der Fotos-App gerade mal Bilder als Favoriten setzen. Die Zuweisung von Farblabeln oder die manuelle Bearbeitung der Metadaten ist nicht möglich. (Man kann allerdings das Aufnahmedatum korrigieren.) Andererseits ist es direkt aus der App möglich, eine Bildersuche mit Bing zu starten.
Die Bearbeitungsfunktionen dürfen noch besser werden
Noch nicht ganz auf der Höhe ist die Fotos-App bei der Bildbearbeitung. Die hat relativ eingeschränkte Möglichkeiten. Die Bearbeitungsfunktionen und Filter sind, im Vergleich zur Fotos-App beim iPhone, iPad und Mac, auch qualitativ minderwertig – und um Welten schlechter, was ein Lightroom zu bieten hat.
Doch ich gehe davon aus, dass Microsoft in dieser Disziplin noch zulegen wird: Denn so, wie die App in letzter Zeit gehegt und gepflegt wurde, ist es offensichtlich, dass Microsoft sie nicht nur als Feigenblatt, sondern als ernsthafte Bereicherung für Windows betrachtet.