Die Kamera-App des iPhones beherrscht seit iOS 7.1 auch HDR. High Dynamic Range Image trägt dem Umstand Rechnung, dass die Spannweite zwischen Hell und Dunkel in der Realität grösser ist als auf Fotos.
Die analogen und digitalen Bildmedien haben einen vergleichsweise beschränkten Helligkeitsumfang: 9,5 Blendenstufen beim Farbnegativ-Film, sechs Blendenstufen beim Hochglanzpapierfoto, 6,5 Blendenstufen beim Fotosensor, sagt henner.info.
Die nähere Zukunft soll mit Dolby Vision Displays – und damit auch digitale Inhalte mit mehr Dynamik bringen, entsprechende Fernseher waren eines der Highlights an der CES und der Ifa 2015. Doch bis die ganze Kette von Sensor bis Bildschirm den Schritt zu mehr Dynamik mitgemacht haben, dürfte es noch einige Produktzyklen und technische Fortschritte brauchen.
Mit Tricks den Dynamikumfang erweitern
Das heisst, dass wir uns weiterhin mit Tricks behelfen müssen, um den Dynamikumfang eines Bildes zu erweitern – und bei Gegenlicht oder anderen Situationen mit sehr starken Helligkeitsunterschieden ausgebrannte Lichter und abgesoffene Schatten zu vermeiden. Der klassische Trick, der auch vom iPhone verwendet wird, ist das Bracketing: Man macht eine Belichtungsreihe aus zwei oder mehr Bildern mit unterschiedlichen Blenden-Einstellungen und verschmilzt diese Bilder dann, dass von jeder Aufnahme die Bildbereiche verwendet werden, die bei den anderen nicht optimal abgebildet werden.
Dieser Vorgang, der die Dynamik reduziert, heisst Tone-Mapping. Apps wie die Kamera-App des iPhones machen sowohl die Belichtungsreihe als auch das Tone-Mapping automatisch. Man kann mit Spiegelreflexkameras und Photoshop bzw. speziellen Programmen wie Luminance HDR (vormals Qtpfsgui) das auch manuell tun – mit diversen Algorithmen und unzähligen Einstellungsmöglichkeiten.
Ich habe das hier einmal ausprobiert, mit mässigem Erfolg. Um über die Resultate gängiger Apps herauszukommen, braucht es Erfahrung und Geduld mit all den Reglern, die Luminance HDR bereithält.
Darum benutze ich eine App, die mit den Standardeinstellungen gute Resultate liefert. Die iPhone-Kamera-App betreibt den Effekt moderat: Beispielsweise, indem der Himmel im Hintergrund eines Bildes nicht komplett weiss erscheint, sondern noch etwas Himmelblau und eine leichte Wolken-Zeichnung aufweist.
Bei frontalem Gegenlicht braucht es gröbere Geschütze
Bei frontalem Gegenlicht bringt das zu wenig. Darum nutzte ich in dieser Situation gerne die vor mehr als vier Jahren im Beitrag Ein ungewohntes Seh-Erlebnis besprochene App HDR Fusion (für iOS).
Sie ist inzwischen in die Jahre geraten und wird leider nicht mehr gepflegt. Ich schaue mich momentan nach Alternativen um. Die ultimative App, die mich restlos überzeugen würde, habe ich bislang nicht gefunden. Pro HDR (zwei Franken für iOS) kann ich trotz des hässlichen Icons aber empfehlen: Die App braucht für ein Foto relativ lange, weil sie zuerst eine Analyse der Helligkeitssituation vornimmt.
Das erkennt man daran, dass die Blende zugedreht wird, bevor die App dann die Aufnahmen macht und zusammenfügt. Es gibt einen manuellen Modus, bei dem man zwei Kästchen im Livebild platziert. Sie legen die Belichtung für die beiden Bilder fest.
Keine Belichtungsreihe mit mehr als zwei Bildern
Es gibt offenbar keine Möglichkeit, eine Belichtungsreihe mit mehr als zwei Bildern zu machen. Immerhin lässt sich der Blitz zuschalten.
Vor dem Speichern kann man die Aufnahme bezüglich Helligkeit, Kontrast, Sättigung, Weissabgleich und Farbton verändern, wobei mir nicht ganz klar ist, ob diese Bearbeitung noch anhand des Bildes mit hohem Dynamikumfang oder bereits bei der dynamikreduzierten Aufnahme erfolgt.
Da die Helligkeit nur in relativ bescheidenem Umfang verändert werden kann, ist wohl das zweite der Fall. Ausserdem gibt es die Möglichkeit, Instagram-mässige Filter anzuwenden und Text ins Bild einzufügen – die letzteren beiden Funktionen sind komplett überflüssig. Denn wenn man das tun möchte, verwendet man dafür besser eine App zur Bildbearbeitung.
Bitte kein Pseudo-HDR-Quatsch!
Fazit: Wenn schon HDR, dann richtig, wie mit dieser App. Wovon man wirklich die Hände lassen sollte, ist dieser Pseudo-HDR-Quatsch, bei dem bloss Unsinn mit den Kontrasten und der Sättigung angestellt wird. Ich glaube, es war im Fotopodcast Happyshooting, wo dieser Effekt einmal treffend als «Clownskotze» bezeichnet wurde. HDR lässt sich dezent einsetzen – oder auch plakativ. Aber allzu verfremdend ist meist nicht schön.
Was nun die App angeht, ist Pro HDR trotz des grässlichen Screendesigns ein guter Ersatz für HDR Fusion. Und falls mir noch eine bessere App über den Weg läuft, dann vermelde ich es auf diesem Kanal.
Kleine Verwechslung Deinerseits? Die App Pro HDR ist kostenlos, die Pro HDR X desselben Herstellers kostet CHF 2.
Nein, die Preisangabe ist korrekt (siehe Link). Es gibt aber sehr viele HDR-Apps mit «Pro» im Namen, da ist die Verwechslungsgefahr gross.
Da Du “Pro HDR” von eyeApps LLC empfohlen hast, wollte ich sie sie auf meinem LG Wine Smart H410 installieren. Aber: “Diese App ist nicht mit deinem Gerät kompatibel.“ :-(. Ich habe jetzt mal „Best HDR“ (gratis) installiert. . .. 😉
1.99 ist der € Preis, 2.00 ist der CHF Preis. Könnte es sein, dass dein Link zu iTunes Deutschland führt?
Nein, ich setze Links immer zum Schweizer Store (geo.itunes.apple.com/ch/…). Du kannst sonst den Link manuell anpassen, indem du nach dem «apple.com» das gewünschte Länderkürzel einfügst.
Ich glaube mich zu erinnern, dass gestern den Europreis erschien. Aber vielleicht täusche ich mich.
Ich habe nach HDR-Apps gesucht, die es für Android und iPhone gibt, bin aber bislang nicht fündig geworden, weswegen du dir als Android-User leider eine Alternative suchen musstest. Das Angebot ist aber zum Glück gross, und mit HDR ist es meiner Erfahrung nach eh so, dass es vor allem Geschmackssache ist, ob einem gefällt, was eine App ausspuckt. Darum lohnt sich Ausprobieren auf alle Fälle…