86’001 US-Dollar für ein iPhone mit USB-C

Ein modifiziertes iPhone, das via USB-C geladen werden kann, wird für eine Riesensumme versteigert. Ein guter Grund für Apple, ernsthaft über den Lightning-Stecker nachzudenken. Plus im Wochenrückblick: Youtubes Scheinheiligkeit.

Beitragsbild: Es gibt neuerdings ein einziges iPhone, das mit diesem Kabel mit Strom versorgt werden kann (USB Type-C plug von Santeri Viinamäki/Wikimedia, CC BY-SA 4.0).

Vielleicht hätte ich doch Robotertechnik studieren sollen? «The Verge» berichtet, dass ein umgebautes iPhone auf Ebay für 86’001 US-Dollar verkauft worden ist. Anstelle des normalen Lightning-Anschlusses gibt es eine USB-C-Buchse.

«The Verge» hält diesen hohen Preis nicht für ungewöhnlich; im Gegenteil:

Die Tatsache, dass die Modifikation für mehr als das Achtzigfache des ursprünglichen Preises verkauft wurde, sollte keine grosse Überraschung sein. Obwohl Pillonel sein Projekt in einem Github-Repository mit technischen Details, CNC-Anweisungen und Informationen über die benutzerdefinierte Leiterplatte, offengelegt hat, ist es nicht einfach, die Modifikation zu replizieren. Vor allem, weil dazu Schaltkreise in das Telefon eingebaut werden müssen.

Nun, ich würde die Höhe meines Gebots nicht vom Aufwand, sondern von meinem Nutzen abhängig machen. Und der ist bescheiden, zumal es mir persönlich nicht sonderlich draufankommt, ob ich mein Telefon per Lightning oder USB-C auflade. Klar, ich könnte mir auf Reisen ein Kabel einsparen. Aber 80’000 Euro für einen zehn Gramm leichteren Koffer scheint mir trotzdem ein schlechter Deal.

Es bleibt natürlich dabei, dass der Prototyp eine spannende Sache ist und ein Beweis, dass iPhones auch hervorragend mit USB-C funktionieren würden. (Nicht, dass ich daran gezweifelt hätte.) Und wie man hierzulande erfährt, ist der clevere Erfinder, der nun auch eine Finanzspritze für sein Studium bekommen hat, an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) tätig. Dem Reporter von «Le Temps» hat Ken Pillonel seine Motivation wie folgt geschildert:

Die Idee wurde aus Frustration geboren. Apple zeigte den Willen zur Innovation und ging 2015 mit gutem Beispiel voran, indem der Konzern damals die neuen Macs mit USB-C-Anschlüssen ausstattete. Es dauerte, bis das von der Industrie aufgegriffen wurde, aber inzwischen verfügen die meisten neuen Geräte über diesen Anschluss. Warum nicht das iPhone?

Ja, warum nicht? Meines Erachtens hat sich der Lightning-Stecker auch so langsam überlebt. Beim iPad Pro ist er bereits verschwunden und auch beim iPhone wäre es an der Zeit, ihn abzulösen. Ja, das ist ärgerlich, weil einiges an Zubehör dann nicht mehr funktioniert. Das war schon 2012 der Fall, als der zuvor verwendete, 30-polige Dock-Connector abgelöst worden ist. Aber es wäre wirklich hilfreich, wenn USB-C endlich zum universellen Standard werden würde.

Ken Pillonel hat mit seiner Kritik absolut recht: Bei den Macbooks war Apple Vorreiter und beim iPhone hinkt der Konzern der Entwicklung hinterher – das passt nicht zusammen.

Youtube schafft den «Mag ich nicht»-Knopf halb ab

Vorgestern gab es im Youtube-Blog eine Ankündigung zum «Mag ich nicht»-Knopf zu lesen. Dieser soll demnächst privat werden, was so viel bedeutet, dass nur noch der Urheber eines Videos sieht, wie oft die Zuschauer darauf geklickt haben. Öffentlich ist die Zahl der Dislikes nicht mehr ersichtlich.

Die Erklärung dafür lautet wie folgt:

Wir wollen ein integratives und respektvolles Umfeld schaffen, in dem Kreative eine Chance auf Erfolg haben und keine Angst haben müssen, sich auszudrücken.

Das klingt etwas gar nach Kumbaya, wo die meisten Leute wissen, was für ein rauer Umgangston auf Youtube herrscht – und falls es jemand nicht weiss, ist er herzlich eingeladen, die Kommentare zu einem beliebigen Video durchzugehen.

Der eigentliche Grund scheint mir der zu sein, den das Youtube-Team in einem Nebensatz aufführt:

Wir haben festgestellt, dass einige von den Nutzern die Anzahl der öffentlichen Abneigungen als Entscheidungshilfe dafür genutzt haben, ob sie sich ein Video ansehen oder nicht.

Soll heissen: Manche Nutzer haben sich von einer hohen Anzahl Dislikes davon abhalten lassen, ein Video anzusehen. Und das will Youtube verhindern. Mit anderen Worten: Es geht nur darum, die Zahl der Videoabrufe zu maximieren.

Leider macht das den Blogpost des Youtube-Teams zu einer heuchlerischen Angelegenheit: Wenn es ihm mit dem sicheren Umfeld ernst wäre, dann würde das Team endlich die grossen Probleme mit dem Vorschlags-Algorithmus angehen. Wir erinnern uns: Schon 2018 hat «The Daily Beast» der Plattform vorgehalten, sie hätte «eine Radikalisierungsmaschine für die extreme Rechte» gebaut.

Twitter «löst» sein Rassismusproblem

Letztes Jahr sah sich Twitter dem Vorwurf des Rassismus ausgesetzt. Schuld war der Algorithmus, der hochformatige Bilder automatisch so beschneidet, dass in der Übersicht ein querformatiger Ausschnitt gezeigt werden kann. Er sucht sich die interessanteste Stelle aus dem Bild aus – und diese Auswahl bevorzugte nun offensichtlich Menschen mit heller Haut gegenüber von solchen mit dunkler. Ich habe seinerzeit hier darüber berichtet.

Auch jüngere und dünnere Menschen wurden bevorzugt, hat sich im August herausgestellt.

Per sofort werden Bilder nicht mehr beschnitten. Im Mai war diese Änderung in den Apps vollzogen worden, jetzt ist sie auch in der Webanwendung implementiert, wie Twitter vorgestern bekannt gegeben hat:

Die Lösung habe ich im Titel in Anführungszeichen gesetzt, weil Twitter es offenbar nicht geschafft hat, den Algorithmus vorurteilsfrei hinzubekommen – und stattdessen auf den Beschnitt verzichtet. Das sollte uns eine Lehre bezüglich der Grenzen der Lernfähigkeit unserer künstlich intelligenten Systeme sein.

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