Zugeständnis oder Schein-Angebot?

Glasnost ist das nicht: Apple will es Entwicklern künftig erlauben, die Nutzer darauf aufmerksam zu machen, dass sie eine Dienstleistung auch ausserhalb der App erwerben können.

Apple lenkt ein – wenigstens ein winziges bisschen. Es ist Entwicklern künftig nicht mehr verboten, darauf hinzuweisen, dass sich eine Dienstleistung auch ausserhalb der App abonnieren lässt – mutmasslich zu einem günstigeren Preis. Denn wenn der Kunde ein Abo innerhalb der App abschliesst oder dort sonst einen Kauf tätigt, der muss 30 Prozent an Apple entrichten. Diese Provision wird in vielen Fällen auf den Kunden überwälzt.

Nun dürfen die Hersteller den Nutzern ihrer App diesen Hinweis zukommen lassen. Allerdings sind die diesbezüglichen Möglichkeiten sehr eingeschränkt: Es ist ihnen nur per E-Mail erlaubt; und zwar auch dann, wenn Apple die Kunden-Adressen zur Verfügung stellt. Was weiterhin nicht geht, ist eine Information in der App selbst oder per Push-Nachricht.

Sonst bleibt alles, wie es war

Abgesehen davon bleibt alles beim Alten: Die Hersteller müssen auch weiterhin Apples Bezahlschnittstelle verwenden und haben nicht die Möglichkeit, eine Alternative dazu zu implementieren. Es gibt keine Möglichkeit, Apples App-Store zu umgehen und auch keine der anderen möglichen Öffnungsschritte, die ich in diesem Beitrag aufgeführt habe, sind in greifbare Nähe gerückt.

Dieses kleine Zugeständnis ist eine Folge des Vergleichs in einer seit 2019 hängigen Sammelklage, bei der Apple von einigen Entwicklern verklagt worden ist. Gemäss «The Verge» haben die Kläger, zu denen der Entwickler einer App für Babynamen und fürs Basketballtraining angeführt, Apple würde mit den strengen Store-Regeln die Innovation ersticken, die Umsätze durch App-Verkäufe und In-App-Käufe schmälern und die Softwaregemeinschaft insgesamt einengen.

Die vorgeschlagene Einigung im Fall Cameron et al. versus Apple Inc umfasst auch eine Zahlung von 100 Millionen Dollar, die Apple an die kleineren Softwareanbieter leistet. Das Geld wird unter jenen Entwicklern aufgeteilt, die zwischen dem 4. Juni 2015 und dem 26. April 2021 am Entwicklerprogramm teilgenommen haben und für alle Apps insgesamt eine Million Dollar oder weniger verdient haben. Dieses Programm nennt sich «Small Developer Assistance Fund», teilt «The Verge» mit.

Die Nutzer lieben den Store doch sosehr

In einer Pressemeldung stellt Apple diese Einigung als Erfolg dar:

Die Bedingungen in der Vereinbarung werden dazu beitragen, Geschäftsmöglichkeiten für Entwickler im App-Store weiter zu verbessern und gleichzeitig den sicheren und vertrauenswürdigen Marktplatz zu erhalten, den die Nutzer so lieben.

Bei den Entwicklern fallen die Reaktionen nicht ganz euphorisch aus. Die Coalition for App Fairness ist eine Vereinigung von Softwareunternehmen, die fairere Bedingungen für ihre Produkte in den Stores erwirken wollen, und ihre Stellungnahme bezeichnet den Vorschlag als «Scheinvergleichsangebot von Apple» und meint, das sei nichts anderes als «ein verzweifelter Versuch, sich dem Urteil von Gerichten, Regulierungsbehörden und Gesetzgebern weltweit zu entziehen»:

Dieses Angebot trägt nicht dazu bei, die strukturellen, grundlegenden Probleme zu lösen, mit denen alle Entwickler, ob gross oder klein, konfrontiert sind und die Innovation und den Wettbewerb im App-Ökosystem untergraben. Entwicklern zu erlauben, mit ihren Kunden über niedrigere Preise ausserhalb ihrer Apps zu kommunizieren, ist kein Zugeständnis und unterstreicht nur noch mehr Apples totale Kontrolle über den Marktplatz.

Der Kampf wird weitergehen – und wer daran gezweifelt haben sollte, dass jede kleine Öffnung hart erkämpft werden muss, der wurde eines Besseren belehrt.

Beitragsbild: Der Notification Badge hier zeigt nicht die Zahl der Öffnungsschritte an, zu denen sich Apple bereiterklärt hat (Brett Jordan, Pexels-Lizenz).

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