Eine Internettelefonie-Software nicht nur für Buddisten

Mit Zencastr lassen sich qualitativ hochwertige Audioproduktionen aufnehmen, die sich anhören, als ob alle Gesprächsteilnehmer im gleichen Raum versammelt gewesen wären.

Ich hatte das Vergnügen, neulich bei Martin Rechsteiner alias Pokipsie in einer Folge seines Podcasts Geektalk zu Gast zu sein. Die werde ich an dieser Stelle verlinken, sobald sie online ist – Die ist hier online. Und natürlich ist das eine echte Hörempfehlung, weil das Gespräch, so glaube ich, kurzweilig geworden ist und auch ein paar Einsichten bereithält. Jedenfalls ging es mir so.

In diesem Blogpost hier soll es aber um die Software gehen, die Martin unser Gespräch verwendet hat. Wir sassen nicht im gleichen Raum, was derzeit sowieso nicht opportun ist, sondern haben uns via Internet unterhalten. Dafür kam Zencastr zum Einsatz.

Die Software hat gewisse Gemeinsamkeiten mit StudioLink, jenem Produkt, das wir vom Nerdfunk für die Aufzeichnung unserer Folgen aus dem Homestudio einsetzen. Ich habe sie im Beitrag Mit Studio-Link klingt Radio besser vorgestellt.

Doch Zencastr weist einige Merkmale auf, die es von StudioLink abheben und die mich dazu bringen, auf das Thema zurückzukommen: Für den Podcaster ist diese  Software noch komfortabler. Wenn wir beim Nerdfunk unsere Gespräche regelmässig via Internet und Voip führen würden und nicht das Senden aus dem Stadtfilter-Studio für uns der Normalfall wäre, dann würde ich wahrscheinlich auf Zencastr umsteigen.

Zencastr läuft im Browser

Ein kleiner Vorteil ist, dass Zencastr im Browser läuft und keine Installation auf dem lokalen Rechner erfordert, wie das bei StudioLink der Fall ist. Der eigentliche Vorteil besteht aber darin, dass sie annähernd vollautomatisch einen Double-Ender produziert wird – zumindest, so weit ich das überblicken kann. Denn als Martins Gast hatte ich das Vergnügen, nicht in die Postproduktion involviert gewesen zu sein.

Also, der Double-Ender: Das ist eine Aufnahmetechnik, die bei Gesprächen via Telefon oder «Linie» dafür sorgt, dass es sich für den Hörer trotzdem so anhört, als befänden sich die Gesprächsteilnehmer im gleichen Raum. Die Audiospuren werden bei jedem Teilnehmer lokal aufgezeichnet und nach der Sendung zu einer Spur zusammengebaut.

Mit dieser Methode wird die typische Telefon- bzw. Skype-Stimme vermieden: Man hört bei den zugeschalteten Gästen nicht das für die Übertragung via Internet komprimierte Tonsignal, sondern die Qualität direkt ab Mikrofon. Auch Aussetzer in der Verbindung sind in der gemischten Aufnahme nicht zu hören. Und da jede Spur separat aufgezeichnet wird, lassen sich Störgeräusche auf den Spuren, in denen niemand spricht, bequem entfernen. Es ist sogar möglich, Situationen zu korrigieren, in denen mehrere Leute gleichzeitig gesprochen haben.

Auf einfachem Weg zum Double-Ender

Ein Double-Ender lässt sich auch mit StudioLink produzieren. Allerdings muss man die Gäste instruieren, im richtigen Moment auf den Aufnahmeknopf zu drücken. Und sie müssen nach Ende der Aufnahme ihre Spur nehmen und sie an den Podcaster übermitteln. Das ist für erfahrene Nutzer und regelmässige Mitpodcaster kein Problem. Aber einem Gast mit beschränktem Zeitbudget möchte man diese Arbeit nicht unbedingt zumuten.

Nach der Aufnahme stehen die Tracks als MP3 und unkomprimiert als WAV zur Verfügung.

Im Gegensatz dazu nimmt Zencastr automatisch bei allen Gästen auf, sobald der Podcaster den Aufnahmeknopf drückt. Sobald die Aufnahme im Kasten ist, lädt er die lokale automatisch hoch, sodass sie der Produzent der Aufnahme nur noch einsammeln muss.

Kleiner Vorteil am Rand: Da die Aufnahme bei allen Gästen zentral gestartet und gestoppt wird, sind die Spuren auch gleich lang und fangen im selben Moment an. Man könnte sie gleich so bei Auphonic (Ein stabiles Podcast-Beine ) deponieren und dort mit der Multitrack-Option ausspielen. Bei StudioLink muss man den Versatz von Hand korrigieren.

Für Gelegenheitsnutzer etwas teuer

Nicht verschwiegen werden soll, dass dieser Komfort seinen Preis hat. StudioLink kostet ein bis vier Euro pro Monat für den Basic-Plan, der für unsere Zwecke beim Nerdfunk völlig ausreicht. Zencastr schlägt mit 20 US-Dollar pro Monat zu Buche. Es gibt zwar einen kostenlosen Hobbyist-Plan, doch der ist für Voip-Gespräche nicht verwendbar.

Darum bleibt es dabei: Als Plan B reicht StudioLink für unsere Zwecke völlig aus. Aber für eine regelmässige Podcastproduktionen mit Gesprächen mit wechselnden Gästen ist das ein echter Geheimtipp.

Zwei Ergänzungen:

Erstens habe ich zu StudioLink ich eine Erfahrung nachzutragen: Ich hatte immer wieder Probleme mit der Aussteuerung. Die Software hat zwar eine Pegelanzeige, doch die ist absolut nicht verlässlich: Selbst wenn das Signal viel zu leise ist, gibt es ordentliche Ausschläge. Ich bin daher dazu übergegangen, Audacity zu starten und dort eine Aufnahme zu starten: Dort erscheint der Pegel absolut, sodass ich mir sicher sein kann, laut genug, aber ohne Übersteuerung aufzunehmen.

Da wäre auch noch Squadcast…

Zweitens gibt es auch noch squadcast.fm, eine Lösung auf die Kevin schwört.

Und wenn man sich das anschaut, findet man heraus, dass damit das Angebot längst nicht erschöpft ist. Man könnte sagen, dass es ungefähr fast so viele Lösungen für die Podcast-Gesprächsführung gibt wie Labberpodcasts an und für sich. Ich habe hier auch noch riverside.fm (mit 4k-Video), iris.fm (noch nicht öffentlich), ringr.com, cleanfeed.net, clearcast.io und soundtrap.com entdeckt. Plus tryca.st, eine Software nicht nur fürs Gespräch via Leitung, sondern für die ganze Podcast-Produktion. Mal sehen, ob ich irgendwann die Energie aufbringe, die alle zu testen und zu vergleichen.

Bis dahin wäre ich zufrieden, eine App zu finden, die auf iOS bzw. iPad OS gut funktioniert – ich würde mich nämlich gerne damit begnügen, das iPad mit ins Stadtfilter-Studio zu schleppen und das Laptop zu Hause zu lassen…

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