Microsoft gibt den billigen Jakob

Was hat Microsoft und eine Discounter-Kette gemein­sam? Beide be­trei­ben Bonus­pro­gramme, um die Kund­schaft bei der Stange zu halten. Aber lohnt es sich, mittels «Micro­soft Rewards» Punkte zu sam­meln?

Was haltet ihr von Bonusprogrammen? Ich mag mich erinnern, dass es die schon in den 1970er-Jahren gab – und ja, ich bin wirklich so alt. Da bekam man beim Einkauf je nach Summe eine gewisse Anzahl von Marken, die man in sein Heft einklebte. War das Heft voll, tauschte man es gegen eine Belohnung auch. Genauso wird das heute noch praktiziert: Zum Beispiel bei Coop, wo es Plüschfiguren von Disney, Pfannen von Kuhn-Rikon oder sonst etwas zu ergattern gibt.

Für einen Grossverteiler wie Coop finde ich das ganz okay: Treue wird belohnt, auch wenn ein Mengenrabatt weniger umständlich und für Grossfamilien viel nützlicher wäre.

Ich finde es allerdings seltsam, wenn ein Tech-Riese zur genau gleichen Masche greift. Microsoft hat die sogenannten Microsoft Rewards erfunden: «Erhalten Sie Gutscheine, unterstützen Sie einen guten Zweck und vieles mehr, indem Sie einfach alles tun, was Sie sowieso gern mit Microsoft tun.»

Das gibt es schon seit 18 Jahren

Im Suchfenster von Windows 11 findet allerhand Marketing statt.

Dieses Programm hat eine lange Tradition. Wie Wikipedia weiss, wurde es schon 2005 als Xbox Live Points erfunden. Wie bei Microsoft üblich, wurde es mehrfach umbenannt, hiess auch einmal «Microsoft Rewards Points» bzw. «Microsoft Points» und von der Xbox abgekoppelt. Heute hat das Rewards-Logo – eine stilisierte Siegermedaille – seinen Weg in diverse Microsoft-Produkte gefinden:

  • Bei Windows 11 findet sich die Medaille oben rechts im Suchfenster, neben dem Icon für Bing Chat.
  • Im Microsoft Edge sitzt die Medaille rechts oben auf der Startseite, neben einer Wetter-Anzeige und einem Icon für Benachrichtigungen.
  • Auch in der Microsoft-365-App (früher Office) gibt es einen Verweis. Immerhin erst, wenn man in der Rubrik Apps nach unten zu Mehr von Microsoft scrollt.
  • In der Start-App findet sie sich in der Rubrik Apps.

Und klar: Man kann das auch einfach ignorieren. Stattdessen habe ich nachgeforscht, wofür Microsoft einem Punkte gibt:

  • Da gibt es den Microsoft Edge Bonus: «Sammeln Sie bis zu neunzig Punkte pro Monat, drei Punkte pro Tag, wenn Sie Bing in Microsoft Edge suchen.»
  • Den PC-Suchen-Bonus: «Sammeln Sie bis zu dreissig Punkte pro Tag, drei Punkte pro Suche auf dem PC.»
  • Noch viel mehr Möglichkeiten zum Punktesammeln gibt es auf im Rewards-Dashboard: Wir können hier ein Bildpuzzle lösen (zehn Punkte), mit Bing nach Reiseinformationen suchen, Wettervorhersagen suchen (15 Punkte), ein Musikquiz lösen (fünf Punkte), und so weiter.
  • Und natürlich gibt es Punkte für Einkäufe im Microsoft Store, sei es nun für ein neues Surface-Tablet oder für Xbox-Games, Filme oder sonstige digitale Güter.

Die entscheidende Frage ist, was sich mit diesen Punkten anstellen lässt: Im Dashboard bei Einlösen finden sich diverse Gutscheine, von Amazon über Zalando, Globus, Manor, Ticketcorner oder Apple. Wir können auch an Unicef und andere Organisationen spenden. Meine ungefähr 800 Punkte, die ich nicht mit einem bewussten Effort, sondern nebenbei eingesammelt habe, ergeben 1,25 Euro bei Amazon oder einen Dollar für Save the Children.

Seit Kurzem ist eine Verwendungsmöglichkeit dazugekommen, der ich ein bisschen etwas abgewinnen kann. Wir können die Points bei Microsofts Bilder-KI Image Creator für Boosts benutzen. Die beschleunigen die Erzeugung unserer Bilder und sind daher nützlich für ungeduldige Leute wie mich.

Lohnt sich das?

Die Belohnungen, die es für die gesammelten Punkte gibt.

Da wir es mit einem kapitalistischen Anreizsystem zu tun haben, kommen wir an dieser Stelle um die kapitalistischste aller Fragen nicht herum. Nämlich: Lohnt sich das?

Wenn wir das Bonussystem regelmässig benutzen, können wir um die achtzig Punkte sammeln – wobei es eine Progression für intensive Nutzerinnen und Nutzer gibt, auf die ich noch zu sprechen kommen werde.

Das sind schätzungsweise zehn Rappen pro Tag oder drei Franken pro Monat bzw. 36 Franken pro Jahr. Was mich angeht, ist das viel zu wenig, um mich beispielsweise dazu zu bringen, statt mit Google mit Bing zu suchen oder von Firefox auf Microsoft Edge zu wechseln. Aber Leute, die eh schon in der Microsoft-Welt zu Hause sind, werden nichts dagegen haben, sich dafür belohnen zu lassen.

Es zeigt sich daher, dass diese Bonusprogramme zu wenig lukrativ sind, um Leute zum Umstieg zu bewegen. Sie sind dazu da, den Bestandskunden ein gutes Gefühl zu geben und es ihnen schwerer zu machen, abtrünnig zu werden. Darum ist der Begriff Treueprogramm meines Erachtens am treffendsten.

Eine allzu billige Masche

Doch während ein solches Programm für einen Grossverteiler passt, finde ich es bei Microsoft seltsam: Microsoft liefert keine Substitutionsgüter, die man einfach so austauschen könne – naja, bei Bing vielleicht schon, weil sich der Browser leicht durch Chrome ersetzen liesse. Das Betriebssystem wechseln wir aber nicht einfach so und auch die Wahl der Spielkonsole sollte ein bewusster Entscheid sein.

Das Rewards-Programm gibt Microsoft den Charme eines billigen Jakobs, der seinen Absatz mit Verkaufstricks sicherstellen will – und nicht mit Qualität, Fortschritt und überzeugenden Features, wie es meines Erachtens bei einem Tech-Konzern der Fall sein müsste. Es erweckt für mich den Eindruck, als ob dem Konzern die guten Ideen ausgegangen wären und er nun mit den Maschen probiert, die im Discountwesen halt so üblich sind.

Nach dem Eintauschen das Konto gesperrt

Natürlich gibt es weitere Kritik. Durch Einlösen der Punkte ist es im letzten Jahr zu Kontosperrungen gekommen – was ein massiver Risikofaktor für eine winzige Gegenleistung ist. Man kann bei solchen Aktionen auch immer Datenschutzbedenken haben. Und es gibt auch Leute, die das Programm als undurchsichtig bezeichnen.

Das hat mit dem erwähnten System der Progression zu tun: Als Einsteiger landen wir auf dem Level eins. Wenn mir mindestens 500 Punkte pro Monat sammeln, erreichen wir das Level zwei. Mit 500 Punkten pro Monat und einem Xbox Game Pass Ultimate erreichen wir das Level drei.

Die Punktevergabe pro Level ist sehr unterschiedlich: Beispielsweise bekommt man für einen Einkauf im Microsoft Store auf Level eins pro Dollar einen Punkt, auf Level zwei zehn Punkte und auf Level drei sogar zwanzig Punkte.

Beitragsbild: Das gleiche Prinzip gibt es auch bei Microsoft – bloss ohne Minnie Maus.

2 Kommentare zu «Microsoft gibt den billigen Jakob»

  1. @Matthias Als ich das entdeckt hatte, bzw. Microsoft mir das "vorgestellt" hat, bin ich einige Tage lang tatsächlich in einen Punkte-Sammel-Rausch-Zwang abgedriftet. Ich habe viel zu viel Zeit vor dem PC verplempert, die ich wahrlich besser hätte nutzen können. Die Anzahl der Punkte und die Art zu sammeln (z.B. 5 Tage in Folge etwas anklicken) stehen in keinem Verhältnis. Bei Payback kann ich mit Aktivierung von Coupons die Punkte erhöhen und sammle auch mit kleinen Einkäufen gut. Und zwar /n

  2. Microsoft ändert zu viel an den Bedingungen der Bonusprogramme, sodass ich mich nicht darauf verlassen würde, über einen längeren Zeitraum gesammelte Punkte einlösen zu können.

    Früher gab es schon mit der kleinsten Partnerstufe Provision für vermittelte Office-365-Abos. Dann nur noch ab der (kostenpflichtigen) Stufe „Silver Partner“. Und dann kam die Bedingung dazu, pro Jahr vier Neukunden bringen zu müssen, sonst fällt auch die Provision auf die Bestandskunden weg.

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