Wenn die Parodie besser ist als das Original

«Star Trek: Discovery» und «Star Trek: Picard» sind herbe Ent­täu­schungen. Doch aus­ge­rech­net eine Parodie bringt die Freude an den Welt­raum-Aben­teuern zurück: Ich winde «The Orville» ein Kränz­chen.

Bei Star Trek: Discovery habe ich den Faden verloren, nachdem Star-Trek-Offizierin Michael Burnham sich als Adoptivschwester von Spock entpuppt hat, ohne dass diese familiäre Verbindung im Ansatz glaubwürdig gewesen wäre. Bei Star Trek: Picard habe ich den Anschluss überhaupt nie gefunden. Sosehr ich auch ein Fan von Zeitreisen bin, sollte man dieses Stilmittel in linear erzählten Serien nicht überstrapazieren.

Das gilt auch für Hauptdarsteller, die sterben, und dann doch nicht tot sind: Für mich ein Anzeichen dafür, dass die Drehbuchautoren an ihren eigenen Ambitionen gescheitert sind. Und genau dieses Fazit gilt für mich für diese beiden Serien, sodass ich mich frage, wie viel Star Trek zu viel Star Trek sei. Nach diesen zwei Enttäuschungen hatte ich innerlich mit Star Trek abgeschlossen. Der Trend geht anscheinend zu immer extravaganteren Handlungs-Twists hin, die sich über die alle Folgen einer Staffel erstrecken – ein permanenter Ausnahmezustand.

Wo bleibt der Weltraum-Alltag?

Dabei lebte die Serie ursprünglich davon, dass die Abenteuer – so gefährlich und atemberaubend sie auch sein mochten – jeweils am Ende einer Folge bestanden waren. Dazwischen hatten die Hauptfiguren Gelegenheit für Normalität: Für einen Drink in Zehn Vorne oder für Zeitvertreib auf dem Holodeck. Die Kameraderie wurde eben nicht nur während brenzliger Situationen geknüpft, sondern auch im Weltraum-Alltag.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass eine Parodie uns daran erinnert. Die heisst The Orville und stammt von Seth MacFarlane. Ihn kennen die meisten von uns als Erfinder von Family Guy, hier ist er aber auch selbst in der Rolle des Kapitäns Ed Mercer zu sehen. In dieser 2017 gestarteten Serie existieren alle Versatzstücke: Ein Raumschiff mit militärisch organisierter Besatzung, ein Verbund freundlich gesinnter Spezies, die zusammen das All erforschen, eine neue, nicht allzu kapitalistische Wirtschaftsform, vielerlei technische Gadgets, lustige und exotische Ausserirdische und künstliche Lebensformen.

Die neuen Figuren sind alle so vertraut

Es gibt die prototypischen Figuren wie den bedächtigen Schiffsarzt, den jovialen Chefingenieur, den analytischen ersten Offizier und natürlich den Kapitän, der mal väterlich, mal draufgängerisch ist und damit ringt, die unterschiedlichen Aufgaben seines Ranges unter einen Hut zu bringen. Wir erkennen die erzählerische Stilmittel wieder – und natürlich die Produktions-Merkmale wie das getragenen Orchester-Intro beim Vorspann.

Man beachte die Öhrchen: Ed Mercer (Seth MacFarlane) und Alara Kitan (Halston Sage).

Alle diese Elemente sind bei «The Orville» perfekt getroffen – mit dem entscheidenden Unterschied, dass es immer wieder anarchistische Ausreisser gibt, die bei Star Trek niemals möglich gewesen wären: Witze unter der Gürtellinie, Anspielungen an real existierende Unternehmen unserer Zeit wie zum Beispiel Autovermietungen oder ein Schleimwesen als Crewmitglied (Lt. Yaphit), das sich politisch unkorrekt verhält.

Keine Persiflage!

Bei Wikipedia heisst es, am Anfang sei die Persiflage auf das Star-Trek-Universum Vordergrund gestanden, dann aber habe sich «The Orville» zu einer ernsthafteren Serie gewandelt. Ich kann diese Veränderung, soweit ich die Serie bislang verfolgt habe, nachvollziehen: Der Klamauk-Anteil ist mit der Zeit geringer geworden, aber, ohne dass die Serie ihren schrägen Humor als Markenzeichen ganz aufgegeben hätte. Das ist passiert, nachdem die Macher beweisen haben, dass ihre Geschichten gut genug sind, um für sich selbst zu bestehen. Damit hat sich die Abhängigkeit vom Vorbild verringert.

Eine Persiflage war die Serie aber von Anfang an nicht. Schon in den ersten Folgen ist die Bewunderung fürs Original und ein Verständnis für die Kernwerte zu spüren, und ich bin überzeugt, dass «The Orville» auch im Projektstadium als Hommage gedacht war – aber subversiverweise eben nicht als Hommage an «Discovery» oder «Picard», sondern an STTOS und STTNG. Was man allein an den Spok-haften Öhrchen von Alara Kitan merkt, aber auch an der Worf-artigkeit von Bortus. Und natürlich an der künstlichen Intelligenz Isaac, die im englischen Original die Stimme Datas fast perfekt imitiert.

Beitragsbild: Ernst nehmen oder nicht? (press.disneyplus.com)

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