Ich war seinerzeit ein fleissiger Spieler von «Minion Rush». Es gibt dort zwar die üblichen Free-to-Play-Mechanismen, die uns zu sinnlosen In-App-Käufen verleiten wollen. Aber dieser Widrigkeit zum Trotz ist das ein schönes, aufwändig produziertes Game, das mich weder motorisch noch intellektuell überfordert.
Als ich neulich den Homescreen des Apple-TV aufgeräumt habe, ist mir aufgefallen, dass es dort noch installiert ist. Ich wollte also in Erinnerungen schwelgen und einen Lauf wagen. Doch leider bin ich nicht übers Tutorial herausgekommen. Und zwar aus einem wirklich saublöden Grund.
Bei «Minion Rush» müssen wir Spielerinnen hauptsächlich vier Aktionen ausführen: Nach rechts oder links ausweichen, hüpfen und ducken. Die lassen sich auch mit der Fernbedienung des Apple-TV der sechsten Generation ausführen, nämlich mit den Pfeiltasten (→, ←, ↑, ↓). Doch bald gelangen wir an die Stelle, wo sich der Minion nicht mehr rennt, sondern auf einer Rutschbahn nach unten gleitet. Hier müssen wir unsere Route wählen, indem wir die Fernbedienung entsprechend neigen.
Der Minion tut keinen Wank
Doch ich kann die Fernbedienung noch sosehr in alle Richtungen kippen und schwenken, wie ich will – der Minion tut keinen Wank. Eine Google-Suche später ist klar, woran das liegt. Die neue Fernbedienung (die Siri Remote der zweiten Generation) hat weder Beschleunigungsmesser noch Gyroskop. Die merkt nicht, wenn ein frustrierter Spieler mit ihr wie wild in alle Himmelsrichtungen fuchtelt.
Doch so schnell gebe ich nicht auf. Bekanntlich lassen sich mit dem Apple-TV auch Spielcontroller verbinden. Da ich gerade einen Joy-Con griffbereit habe, muss der herhalten. Joy-Cons sind die Controller der Nintendo Switch, die sich per Bluetooth auch mit vielen anderen Geräten verbinden lassen: Mit dem iPhone und iPad, mit Windows-PCs und Macs – oder eben mit dem Apple-TV.
Fürs Pairing drücken wir am Joy-Con die Sync-Taste. Das ist der kleine, runde, versenkte Knopf auf der schmalen Seite mit der Anschlussleiste, mit der der Controller an der Konsole angedockt wird. Wir halten ihn so lange unten, bis die drei grünen LEDs abwechselnd blinken, und der Controller bereit für die Verbindung ist. Wir wählen ihn am Apple-TV in den Einstellungen bei Fernbedienungen und Geräte in der Rubrik Bluetooth aus¹.
Das funktioniert einwandfrei: Der Apple-TV bietet auch sogleich an, mit der Home-Taste zum letzten Spiel zurückzukehren. Was ich in fröhlicher Erwartung einer amüsanten Rutschpartie natürlich sogleich tue.
Kein Happy End – zumindest nicht bei diesem Game
Ein Happy End? Fehlanzeige!
«Minion Rush» denkt nicht daran, auf den Controller zu reagieren. Das dämliche Spiel kümmert sich weder um Tastendrücke noch um Lageänderungen des Controllers. Ein Test mit einem anderen Spiel («Badland», das es nicht nur für den Apple-TV, sondern auch fürs iPhone/iPad und für Android gibt), zeigt, dass der Joy-Con einwandfrei funktioniert – zumindest die Knöpfe. Da dieses Spiel nicht mittels Lagesensoren operiert, kann ich nicht sagen, ob deren Informationen beim Apple-TV ankommen.
Fazit: An dieser Stelle kommen wir nicht darum herum, den Apple-TV als Gamekonsole endgültig für tot zu erklären. Das kommt nicht überraschend, denn dass Apple in dieser Hinsicht jegliches Interesse verloren hat, ist schon länger klar: Die Gründe habe ich in meiner Rezension des Apple-TV der 6. Generation ausführlich dargelegt.
Offensichtlich haben auch die Spielehersteller der Plattform den Rücken gekehrt: Das letzte Update von «Minion Rush» am Apple TV erfolgte vor genau fünf Jahren, am 22. August 2018 (Version 5.7). Am iPhone und iPad und auch unter Android erfreut sich das Spiel ungebrochener Beliebtheit. Im Apple-Store steht es auf Platz 15 bei den Familientiteln, und kürzlich gab es in der Version 9.3 ein Extra-Event zum Zehn-Jahre-Jubiläum.
Apple kümmerts einen Deut
Unterm Strich bleiben zwei Dinge: Einerseits die Einsicht, wie nachhaltig selbst Apple manche Dinge vermasselt – und sich dann abwendet, als ob nie etwas gewesen wäre. Denn auch wenn niemand noch grosse Anstrengungen erwartet, müsste Apple wenigstens dafür sorgen, dass die existierenden Games am Apple-TV weiterhin gespielt werden können – das wäre das Minimum an Verantwortungsbewusstsein.
Die zweite, erfreulichere Erkenntnis besteht darin, wie einfach sich die Nintendo-Controller auch mit anderen Geräten verwenden lassen. Ich muss mal ausprobieren, wie gut sie mit Windows-Games harmonieren …
Fussnoten
1) An dieser Stelle können wir den Controller auch wieder trennen bzw. deaktivieren. Das ist sinnvoll, damit er sich nicht unerwünschterweise mit dem Apple-TV verbindet und dann womöglich von der Switch ignoriert wird. ↩
Beitragsbild: Die links hat Beschleunigungsmesser noch Gyroskop, die rechts hat das nicht.