Eine beliebtes Genre in der Tech-Berichterstattung ist das «Aufdecken» sogenannt «geheimer» oder «versteckter» Funktionen: Als ob dafür eine investigative Recherche nötig gewesen wäre, bei der ein Undercover-Reporter während Monaten durch die Gänge der Entwickler-Labors bei einem Tech-Konzern geschlichen wäre.
Das wird clickbating-mässig vor allem durch minderbemittelte Youtuber auf die Spitze getrieben, die ihre Videos mit skandalisierenden Phrasen wie Tricks, die Apple von dir verheimlichen will übertiteln.
Aber es ist an dieser Stelle Zeit für ein Geständnis: Ich habe auch schon ein bisschen so getan, als ob ich mit dem einen oder anderen Beitrag ein Geheimnis aufdecken würde. Es gibt in diesem Blog sogar die Rubrik Geheimtipp. Aber um euch ein Geheimnis zu verraten: Ich verwende die für Themen, die sich gut für den Tagesanzeiger oder die Sonntagszeitung eignen.
Damit die Leute was zum Schreiben und zum Videobloggen haben
Eine nüchterne und zutreffende Bezeichnung ist undokumentiert: Typischerweise handelt es sich bei diesen Funktionen um Dinge, die nicht im Handbuch beschrieben sind und die wir deswegen nicht oder nur per Zufall finden. Es besteht eine Verwandtschaft zum sogenannten Easter Egg. Diese Funktionen werden tatsächlich absichtlich versteckt. Sie sind oft scherzhaft gemeint und dienen den Entwicklern dazu, sich in einem Produkt zu verewigen. Sie zu kennen und zu finden, war früher ein Merkmal für uns Nerds. Doch spassbefreite Unternehmen wie Microsoft haben ihnen den Garaus gemacht.
Was die undokumentierten Funktionen angeht, vermute ich, dass ein gewisses System dahintersteckt: Sie heizen das Interesse an, indem sich früher Tech-Journalisten und Blogger darauf stürzen konnten und heute Youtuber und Tiktoker sich an ihnen verlustieren dürfen.
Meine Damen und Herren, machen Sie sich auf etwas gefasst!
So, und an dieser Stelle ist es unvermeidlich, dass ihr von mir einen eindrücklichen «Geheimtipp», einen unglaublichen Fund erwartet, der euer Leben verändern. Und in der Tat, ich habe einen solchen auf Lager!
Ihr alle kennt die App Uhr, die es beim iPhone und iPad schon von Anfang an gibt. Sie hat eine Weltuhr, den Wecker, den Timer und eine Stoppuhr zu bieten. Die Stoppuhr zeigt normalerweise diese nüchterne Darstellung.
Doch wenn wir nach rechts wischen, dann ist diese coole Ansicht mit Zeiger-Optik zu sehen.
Ist das nicht toll?
Und klar, pedantische Menschen werden darauf hinweisen, dass die Funktion nicht wirklich versteckt ist. Sie wird durch einen Indikator in der Benutzerschnittstelle ausgewiesen, nämlich durch die zwei Punkte unterhalb der Anzeige. Es handelt sich dabei um das Page controls, bei dem es sich gemäss Apples Definition um «ein Seitensteuerelement handelt, das eine Reihe von Indikatorbildern anzeigt, von denen jedes eine Seite in einer flachen Liste darstellt».
Also: Wenn wir auf diese unauffälligen Page Controls achten, entdecken wir womöglich noch weitere solcher «Geheimnisse»!
Beitragsbild: Alles streng geheim und vertraulich! (Kristina Flour, Unsplash-Lizenz).