Auf der Jagd nach Ostereiern

Ostereier sind versteckte Funktionen in Softwareprogrammen. Sie haben eine lange Tradition und werden auf Websites wie eeggs.com getreulich dokumentiert. Heute sucht man sie indes leider meist vergeblich.

Ein Künstler signiert sein Werk – ob Maler, Autor oder Videokünstler, ein fertiges Werk muss die Handschrift des Urhebers tragen. Das ist eine Frage der Eitelkeit, aber nicht nur: Das Publikum hat seine Vorlieben und Abneigungen, und die sind am Namen des Künstlers festgemacht.

Softwareprodukte werden nicht signiert. Zwar existiert häufig der About-Befehl, der entsprechende Meta Informationen preisgibt. Dort stehen bei kommerziellen Produkten aber meist langfädige rechtliche Belehrungen drin – und wenn auch die Namen der Programmierer vorzufinden sind, dann sind sie so klein geschrieben, dass kaum jemand von ihnen Notiz nimmt.

Mit OpenOffice Calc «Space Invaders» spielen.


Das führt zu einer eigentlich paradoxen Situation. Obwohl manche Entwickler ein riesengrosses «Publikum» haben – Windows hat im Juni 2008 die Milliardengrenze überschritten und somit eine Verbreitung, von der jedes andere Kulturgut nur träumen kann – und trotzdem kennt kaum jemand die Macher des Produkts.

Millionen Zeilen von unpersönlichem Code

Natürlich: Grosse Softwareprodukte sind nie die Leistung eines einzelnen, sondern Teamarbeit. In einem Produkt wie Windows stecken Dutzende von Millionen Zeilen Code, wobei auch uralte Fragmente erhalten bleiben können. Kommt hinzu, dass ein Programmierer nicht dafür bezahlt wird, sich durch Individualität oder Originalität hervorzutun, so wie man es von einem Künstler erwartet. Ganz im Gegenteil: Der ideale Code ist maximal effizient, fehlerfrei und kompakt. Bei perfekter Programmierung würde immer der gleiche, ideale Programmcode entstehen, gleichgültig, welcher Entwickler ihn schreibt. In der Praxis ist es natürlich so, dass es unterschiedliche Herangehensweisen gibt und Programmierer durchaus ihre Vorlieben haben. Aber das interessiert den Anwender letztlich herzlich wenig.

Darum sind Programmierer dazu verdammt, ein Leben in Anonymität zu fristen. Doch immerhin: Eine Möglichkeit bietet sich den Entwicklern, ihren Produkten einen individuellen Stempel aufzudrücken: Die Easter Eggs, nämlich.

Gut versteckte Informationen über Roboter in Firefox.

Das sind versteckte Funktionen, die über abenteuerliche Befehle aufzurufen sind – und dann etwas völlig überraschendes tun. In Excel gab es einen Flugsimulator und in Word ein Flipper-Spiel. In Access fand man auch ein Magic 8 Ball-Spiel: Das ist eine Kugel mit vermeintlich prophetischen Fähigkeiten, die auf beliebige Fragen mit Ja oder Nein antwortet.

In Windows 95 gab es eine animierte Vorstellung der Entwickler, inklusive Musik. Und im Bildschirmschoner von Windows 95 und ME kam, wenn man es richtig anstellte, die Utah-Teekanne zum Vorschein.

Zu frivol für ein seriöses Unternehmen

In neuen Versionen von Office und Windows ist den Entwicklern aber selbst diese Form der verdeckten Signierung verwehrt. Wie Microsoft-Experte Jeremy Mazner in einem Blogpost schreibt, werden die Ostereier seit 2000 nicht mehr toleriert. Damals wollte sich Microsoft mit grossen Unternehmen und Regierungen ein neues Geschäftsfeld erschliessen. Man war damals der Ansicht, dass solche «frivolen Dinge» sich in diesem Kontext nicht schicken würden. Die Kunden könnten an solchen Spielereien Anstoss nehmen und das Produkt als nicht vertrauenswürdig erachten.

«Ein Argument, das für mich nie Sinn ergab», schrieb Mazner in seinem Blogpost: «Ostereier wurden zumindest in den Teams, in denen ich gearbeitet habe, nie auch nur in der Nähe von kritischen Elementen versteckt. Und sie wurden auch immer ausführlich von jedem getestet, dessen Name genannt werden sollte. Vielleicht gibt es eine Geschichte, die ich nicht kenne, aber es ist nie vorgekommen, dass ein Osterei ein Leistungsproblem, einen Absturz oder etwas in der Art verursacht hätte.»

Verspieltes OpenOffice.org

Nichtsdestotrotz sind die Ostereier heute in Microsofts Produkten ausgestorben. Es gibt sie aber durchaus in anderen Produkten, beispielsweise in OpenOffice – wie im Wiki nachzulesen ist.

Nicht nur «Frogger», sondern auch «Space Invaders» und «Tic Tac Toe» können im alternativen Büropaket aufgespürt werden. Firefox seinerseits zeigt bei der Eingabe about:mozilla in die Adressleiste eine leicht blasphemische Mitteilung aus dem «Buch von The Mozilla» an. Fast lustiger als das: Die Eingabe about:robots gibtin Anlehnung an Isaac Asimov drei Robotergesetze aus. Plus ein viertes, das den Roboter Bender aus der Fernsehserie «Futurama» ehrt.

Sucht man in Mobile Safari (bei iOS) nach tilt, wird die Resultateliste in Google leicht geneigt (getiltet) angezeigt.

Auch viele andere Programme enthalten entsprechende Funktionen. Eine grosse Übersicht findet sich auf eeggs.com. Die Website listet nicht nur versteckte Funktionen aus Softwareprogrammen, sondern auch in Konsolenspielen, versteckte Stücke auf Audio-CDs («hidden tracks») und versteckte Botschaften in Büchern, Kunstwerken, auf DVDs und in Fernsehsendungen. Eine Easter-Egg-Website in Deutsch findet sich unter eastereggs.svensoltmann.de.

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