Ein Mikrofon für frischgebackene Podcaster

Das Yeti X von Blue ist ein USB-Mikro­fon für Pod­caster, Gamer und Live-Streamer. Es hat eine gute Klang­quali­tät und darf dank des gefälligen Designs auch bei Video­kon­fe­ren­zen ins Bild ge­rückt wer­den.

Heutzutage produziert jedermann und seine Grossmutter einen eigenen Podcast. Das hat interessante Verschiebungen im Gadget-Bereich zur Folge: Früher waren hochwertige Mikrofone eine nischige Angelegenheit, die nur Musiker und Tontechniker interessierte. Inzwischen sind sie zwar nicht zum absoluten Mainstream-Gadget geworden. Doch sie sind interessant genug, dass es Produkte abseits des spezialisierten Handels gibt.

Als Beleg für diese Behauptung führe ich den Umstand an, dass ich inzwischen Testgeräte aus dem Audio-Bereich angeboten bekomme, obwohl ich nicht für ein Musiker- oder Tontechniker-Fachmedium schreibe. Es handelt sich im konkreten Fall um das Yeti X von Blue, das bei Amazon für um die 130 Euro zu haben ist. Blue ist eine Untermarke von Logitech.

Das Yeti macht einen soliden Eindruck: Es hat einen schweren Fuss, sodass es stabil auf dem Tisch steht und es ragt genügend in die Höhe, dass man sich nicht allzu sehr vorbeugen muss, um hineinzusprechen. Man kann es auch an einem Mikrofonarm befestigen, den es mit dem (ebenfalls sehr empfehlenswerten) Popschutz für um die 40 Euro gibt.

Ob Arm oder Fuss, ist Geschmackssache

Ob man Fuss oder Arm bevorzugt, ist Geschmackssache. Auf dem Fuss lässt sich das Mikrofon einfacher transportieren (als hochmobil würde ich es aber nicht bezeichnen) und schnell wegräumen. Aber am Arm gibt es einem mehr Bewegungsfreiheit – ich stehe beim Einsprechen meiner Texte lieber, als dass ich sitze. Wenn man es nicht nur zum Sprechen, sondern zum Singen verwendet, sollte man unbedingt die Variante am Arm nehmen, weil niemand im Sitzen singen möchte. (Ausser man ist ein Chansonnier aus den 1960er-Jahren.)

Ohne Zweifel fast so hübsch wie das Mikrofon von Larry King.

Der entscheidende Punkt ist bei einem Mikrofon der Klang – denn wenn der nicht stimmt, ist alles andere egal. Bei der Tonqualität gibt es zwei Aspekte: Erstens sollte das Mikro Stimmen und andere Töne sauber, möglichst ausgewogen und detailreich abbilden.

Zweitens gibt es persönliche Vorlieben, denn von einem Strauss an hervorragenden Mikrofonen bildet nicht jedes jede Stimme gleich vorteilhaft ab. Es gibt Paarungen, die besser als andere harmonieren. Wer gesteigerten Wert darauf legt, sich in seinem Podcast besonders gut zu anzuhören, der sollte ein paar Mikrofone durchprobieren. Ich mag für meine Stimme das Shure SM7B (ca. 320 Euro) und das hier getestete Heil PR-40, das ich zu Hause verwende.

Das Yeti X im direkten Vergleich

Damit ihr euch selbst einen Eindruck vermitteln könnt, habe ich einen kleinen Vergleich aufgenommen, in dem ihr zum einen mein Heil PR-40 und zum anderen den Testkandidaten, das Blue Yeti zu hören bekommt. Damit ihr jederzeit wisst, welches Mikrofon ihr hört, habe ich den Textkandidaten im Stereobild etwas nach links und die Referenz nach rechts gerückt. Und ich spreche beim Heil PR-40 Hochdeutsch, mit dem Yeti Schweizerdeutsch. (Schliesslich ist davon auszugehen, dass der Yeti hervorragend Züritüsch versteht.)

Meines Erachtens schlägt sich das Yeti gut, doch der Preisunterschied – das Heil PR-40 kostet ungefähr dreimal mehr – macht sich bemerkbar. Das PR-40 ist neutraler und deutlich nuancierter. Das Blue Yeti wirkt im direkten Vergleich bisschen verwaschener – und vor allem für meinen Geschmack zu basslastig. Das muss nicht per se ein Nachteil sein, weil es manchen Stimmen (und Sprechern) schmeichelt, wenn man sie voluminöser klingen lässt. Aber ich würde die neutralere Abbildung vorziehen, zumal man am Equalizer auch in der Postproduktion noch schrauben kann.

Beim Vergleich zu berücksichtigen ist, dass ich für mein angestammtes Mikrofon einen Popschutz verwende, für das Yeti in der Aufnahme aber nicht. Wenn man, wie ich, zur Gattung der Mikrofonfresser gehört (d.h. sehr nah hineinspricht), dann ist der Popschutz unvermeidlich, weil die ausgeatmete Luft, wenn sie direkt auf die Membran gelangt, unangenehme Störgeräusche verursacht.

XLR versus USB

Es gibt einen weiteren, wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Mikrofonen: Das Heil PR-40 hat einen XLR-Stecker, den man nicht direkt in einen Computer hineinbekommt. Man muss es mit einem Mischpult oder mit einem Audio-Interface benutzen. Das Blue Yeti hingegen wird per USB verbunden und gibt ein digitales Signal ab. Das ist einfacher, schränkt die Möglichkeiten jedoch ein, indem man zum Beispiel keinen Rekorder anschliessen und mit dem aufnehmen kann. Was man bevorzugt, ist eine Grundsatzentscheidung. Ich habe mich seinerzeit für XLR entschieden, weil ich an meinem Mischpult weitere Klangquellen anschliessen kann, namentlich für Jingles und Skype.

Der Drehregler für den Gain und die Kopfhörer-Lautstärke, plus LED-Anzeige und Mute-Taste.

Das Yeti hat vorne einen Drehregler für die Vorverstärkung (der Gain bezeichnet die Lautstärke, mit der das Signal im Computer ankommt). Mit dem gleichen Knopf regelt man, wenn man ihn eine Sekunde lang drückt, auch die Lautstärke des eingebauten Kopfhörerausgangs: Über den hört man das aufgenommene Signal ab. Bei einem USB-Mikrofon will man nicht am Computer tun, weil das Signal dort mit einer Verzögerung ankommt. Apropos Latenz: Die ist bei diesem Mikrofon erfreulich klein, aber trotzdem deutlich hörbar.

Die LED-Anzeige hilft beim Soundcheck

Es gibt um das Drehrad herum eine LED-Anzeige für den Pegel des Eingangssignals. Und wenn man den Knopf kurz drückt, schaltet man sich stumm, was durch einen roten Ring angezeigt wird. Wenn man «scharf» ist, leuchtet der Ring grün.

Auf der Rückseite schaltet man zwischen vier Richtcharakteristiken um. Die Einstellung bewirkt, ob das Mikrofon den Schall von allen Seiten gleich aufnimmt oder bestimmte Winkel bevorzugt. Es gibt vier Varianten, je nachdem, ob eine Person allein frontal reinspricht, mehrere Leute rundherum sitzen oder sich vorn bzw. gegenüber um das Mikrofon versammeln.

Fazit: Mit dem Blue Yeti X würde ich nicht für Gesangsaufnahmen nutzen. Bei seinem ersten Podcast macht man mit ihm aber nichts verkehrt, das Preis-Leistungs-Verhältnis passt. Dank des hübschen Designs lässt sich mit diesem Mikrofon auch bei Videokonferenzen Eindruck schinden. Wenn sich die Audioproduktion als Renner entpuppt und man von Spotify einen 100-Millionen-Vertrag angeboten bekommt, hat man in Sachen Equipment allerdings noch Luft nach oben.

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