Meine Frau hat sich dazu durchgerungen, ihr geliebtes Macbook Air von 2010 in den wohlverdienten Ruhestand zu entlassen. Als Ersatz hat sie sich das neue Macbook Air angelacht, das an dieser Veranstaltung hier der staunenden Weltöffentlichkeit präsentiert worden ist.
Sie gibt es zwar nicht sehr gerne aus der Hand. Trotzdem hat sie mir erlaubt – herzlichen Dank! – es einem kurzen Augenschein zu unterziehen. Ich habe keinen brutalen Benchmark-Test darauf laufen lassen oder probehalber 15-stündige Videos in 48k rendern lassen. Derlei Tests überlasse ich gerne anderen.
Mich interessiert mehr, wie ein solches Gerät sich im Alltag schlägt. Entscheidender ist meines Erachtens das subjektive Gefühl, das man als Nutzer hat: Ist es flink genug für die Alltagsaufgaben? Macht es Spass, damit Dinge zu erledigen? Oder findet man Dinge, die einen stören oder bei der Arbeit behindern?
Und dazu habe ich einige Beobachtungen:
Äusserlich gibt es keine Überraschungen
Das Macbook Air 2020 in der Variante mit 13-Zoll-Bildschirm und mit M1-Prozessor kommt mir als Anwender des Macbook Pro von 2016 überaus vertraut vor. Äusserlich gleichen sich die Geräte wie ein viel zitiertes Ei dem anderen. Unterscheiden kann man sie in zugeklapptem Zustand nur an Details: Das Profil des Air ist nach wie vor keilförmig, während das Macbook Air überall gleich tief ist.
Auch in aufgeklapptem Zustand sind die Unterschiede minim. Der grösste Unterschied ist, dass das Air keine Touchbar hat, sondern normale Funktionsknöpfe. Das Display und Touchpad sind absolut identisch.
Das gilt nicht für die Tastatur: Die ist beim Air deutlich besser, denn mein Macbook Pro hat noch jene Butterfly-Tastatur, die Apple zur Lancierung eines Serviceprogramms genötigt hat.
Die Tastatur meines Macbook Pros hatte nie einen kompletten Aussetzer, aber derzeit klemmt gelegentlich die Leertaste. Ich habe die Tastatur trotzdem nicht tauschen lassen, weil ich das Macbook jede Woche für meine Videos brauche – und ich nur verhältnismässig wenig Text darauf verfasse.
Trotzdem: Auf der neuen Tastatur tippt es sich viel angenehmer, auch wenn sie ein relativ unschönes, dumpfes Tippgeräusch produziert. Aber das ist kein Grund, das Gerät nicht zu kaufen. 😉
Die Ausstattung lässt etwas zu wünschen übrig
Meine Frau hat sich für die Variante mit 256 GB SSD entschieden. Der Aufpreis für die Variante mit 512 GB fällt mit 270 Franken kräftig aus (1349 statt 1079 Franken). Dafür gibt es bei der GPU einen Kern mehr (8 statt 7), aber meine Frau hat keine Absicht bekundet, grafikintensive Anwendungen zu betreiben.
Ich finde einerseits die Ausstattung mit 256 GB etwas knapp, andererseits den Aufpreis zu hoch. Aber zugegeben, ich gehöre nicht zur angepeilten Nutzerschaft des Air. Mir sind beispielsweise auch die zwei USB-C-Anschlüsse zu wenig.
Die Leistung: Beeindruckend
Wie gesagt: Ich hatte bislang keine Zeit, Benchmarks auf dem Macbook Air zu betreiben oder rechenintensive Anwendungen zu betreiben.
Da wir die Benutzerkonten des Vorgängers übernommen haben, waren jedoch viele Intel-Apps drauf. Einige davon mussten wir aus dem Verkehr ziehen, weil bekanntlich schon mit Catalina die Unterstützung für 32-bit-Programme eliminiert worden ist.
Das prominenteste Opfer war Office 2008 für Mac, dem man allerdings schon längst hätte den Todesstoss verpassen müssen. Erstens hat Microsoft den Support schon im April 2013 eingestellt. Und zweitens war jene Version an Hässlichkeit nicht zu übertreffen.
Doch die meisten migrierten Programme laufen auf dem M1-Chip problemlos. Wie man lesen konnte, kommt es beim ersten Start zu einer gewissen Verzögerung. Doch ab dann merkt man bei der Verwendung nichts. Das Surfen mit Firefox fühlt sich nicht anders an als auf meinem Macbook. Safari ist schlicht beeindruckend. Diese Website hier baut sich nicht sichtbar auf, sondern ist auf einen Schlag da. Ich muss anerkennend festhalten: Mit Rosetta 2 hat Apple hervorragende Arbeit geleistet.
Der Start geht beim Macbook Air deutlich schneller vonstatten – dauert allerdings einen Augenblick länger, als ich es mir erhofft hätte. Es ist aber denkbar, dass mit Optimierungen bei Mac OS Big Sur mit den künftigen Updates noch etwas mehr drinliegt.
Auch die Apps aus dem iPhone- und iPad-Store stehen wie versprochen zur Verfügung. Dazu werde ich mich demnächst noch separat auslassen.
Fazit: Microsoft, bitte nachmachen!
Apples Drang nach Fortschritt ist beeindruckend. Ich hätte mir gewünscht, dass er sich nicht nur auf den Prozessor erstrecken würde, sondern auch aufs Design. So klassisch und elegant die Macbooks auch sind, Verbesserungspotenzial gäbe es natürlich: Auf der Hand läge der schmalere Bildschirmrand.
Doch abgesehen davon bin ich gespannt, wie dieser selbstbewusste Schritt bei der Konkurrenz ankommt. Wird er zur Folge haben, dass Microsoft mit der ARM-Version von Windows endlich vorwärtsmacht? Die gibt es schon seit längerem und sie hat einige unbestreitbare Vorteile: Nebst der langen Batterielaufzeit sind die Computer nach dem Einschalten sofort einsatzbereit.
Doch leider ist Windows 10 für ARM keine echte Option. Windows-Experte Paul Thurrott beschreibt den Status Quo wie folgt:
Leider befindet sich die ARM-Version im gleichen traurigen Zustand, in dem sie sich schon immer befunden hat: Die Leistung ist selbst mit den allerneuesten Chipsätzen schrecklich. x64-Anwendungen funktionieren noch immer nicht. Und wenn die Kompatibilität irgendwann hergestellt sein sollte, ist zu befürchten, dass die Benutzung grauenhaft sein wird. Keinerlei x86/x64-Treiber irgendwelcher Art werden jemals auf dieser Plattform funktionieren.
Das grösste Problem sei aber, dass Windows 10 auf ARM ein Hobbyprojekt sei und eines bleiben werde – nicht nur für Microsoft, sondern auch für Qualcomm. Der Prozessorlieferant konzentriert sich lieber auf die Mobiltelefone und ignoriert den vergleichsweise winzigen Markt für PC-Prozessoren.
Aber können sich Microsoft und Qualcomm diese Haltung noch leisten, jetzt, wo Apple gezeigt hat, dass die Migration auf die ARM-Plattform erstens möglich ist und zweitens beträchtliche Vorteile hat? Für Intel wäre es gut, wenn die Antwort auf diese Frage Ja lauten würde. Für uns Nutzer wäre allerdings ein Nein deutlich zu bevorzugen.
Beitragsbild: Siamesische Zwillinge (links das Macbook Pro von 2016, rechts das Macbook Air von 2020).
Das Problem ist, dass sich Microsoft nur so halb als Hardware-Hersteller sieht. Es gibt die Xbox und ein paar Surface-Modelle, aber alles in allem will man die etablierten Hersteller (die auch Grosskunden sind) nicht verärgern. Den SQ2 hat man eingekauft, anstatt selbst entwickelt wie Apple den M1.
Problem 1: Der SQ2 ist nur etwa halb so schnell wie der M1.
Problem 2: Microsoft versteht es nicht, eine neue Plattform attraktiv zu machen. Ich habe mich sehr geärgert, als Windows on ARM erschienen ist. Was lief nativ? Office, sonst nichts. Wenigstens x64 emulieren? Kommt nächsten Frühling, also sogar nach dem Release des neuen Surface Pro X. Was hat der Konsument deshalb logischerweise den Medien entnommen? „Gutes Gerät, aber Achtung, es läuft nicht alles!“
Microsoft wollte zuerst die Geräte verkaufen und hat gehofft, dass die Software-Hersteller dann nachziehen. Aber ohne verkaufte Geräte kein Interesse bei Entwicklern und ohne Software keine verkauften Geräte… Hätte gedacht, sie hätten aus dem Schlamassel um Windows Phone Lehren gezogen. Bei der Xbox kamen sie ja auch mit subventionierter Hardware und einem guten Spiele-Angebot auf den Markt.
Und jetzt der Brüller: wenn ich Entwickler einer wichtigen Windows-Software wäre, wäre diese wahrscheinlich in .NET geschrieben und würde als Oberfläche das moderne und viel propagierte WPF verwenden. Alles von Microsoft. Also könnte ich meine Software einfach für ARM kompilieren? Nein, denn WPF wird auf ARM nicht unterstützt und man weiss nicht, ob es überhaupt mal unterstützt wird! m(
Apple hingegen ging rechtzeitig (und evtl. mit einem Koffer voller Geld) zu Adobe und hat gesagt, bis Ende Jahr hätten sie die Creative Collection gerne auf ARM. Was sieht der Konsument? „Mein Photoshop ist sensationell schnell, danke Apple!“
Absolut einverstanden!
Microsoft hätte auch die Lehren aus Windows RT ziehen können. Ich habe seinerzeit das Surface RT getestet; das erste Modell aus Microsofts Surface-Tablet-Reihe, das auch auf ARM lief. Vieles daran hat mir gut gefallen. Doch die App-Situation war desolat. Office wurde zwar mitgeliefert, aber ohne Outlook. Der Mail-Client war ein absoluter Hohn. So war das Surface RT selbst für bescheidene, komplett im Microsoft-Universum verwurzelte Nutzer nicht brauchbar.
Es gab damals auch eine Intel-Variante, das Surface Pro. Als Tablet hat das viel weniger überzeugt, darum war damals ein klassischer Laptop die bessere Wahl. Fazit: ARM muss man entweder richtig machen oder gar nicht; diese halbgare Variante bringt niemandem etwas.