Seit einer Woche trage ich ein iPhone 6 mit mir herum. Das ist ein Testgerät von Apple, das auch im Tagi besprochen wird. Bis dahin hat hoffentlich niemand etwas dagegen, wenn ich im Blog hier meine strikt persönliche Meinung über diesen Fetisch der modernen Kommunikationstechnologie vom Stapel lasse.
Das iPhone ist auch in der neuesten Auflage die klarste Umsetzung des generischen Konzepts eines Smartphones. Klare Linien, gefällige Form, kein Schnickschnack – wenn man von den breiten grauen Linien oben und unten auf der Rückplatte absieht, die IMHO nicht zum minimalistischen Gehäusedesigns passen. Eine edle Verpackung von beeindruckenden inneren Werten. Und ja: Was an Rechenleistung, Bildschirmbrillanz, Kommunikationspower und Sensorik in dem Gerät steckt, ist fantastisch.
Im Alltag angekommen
Und trotzdem. Was mich angeht, ist das Smartphone im Alltag angekommen. Es ist ein Gerät, das ich von morgens bis abends benutze, das nicht mehr wegzudenken ist. Das aber genau deswegen auch zur Normalität gehört. Ganz ehrlich – es versetzt mein Blut nicht mehr in Wallung, wie es der iPod Touch noch tat, mit dem ich mich 2007 gern begnügte, als es das iPhone in der Schweiz noch nicht gab.
Aber so sind wir Menschen. Wir sind recht gut daran, uns an Dinge zu gewöhnen – auch wenn das vielleicht etwas voreilig ist und uns davon abhält, gründlich genug darüber nachzudenken, von welchen immer neuen Dingen wir uns ständig abhängig machen.
Nicht mehr aus dem Häuschen geraten
Trotzdem. Wenn man die unverbesserlichen Euphoristen ausser Acht lässt, die angesichts jedes noch so kleinen Fortschrittchens aus dem Häuschen geraten, hat das iPhone die Wandlung vom Kult- zum Alltagsgegenstand endgültig vollzogen. Ein Anzeichen, dass das womöglich auch Apple so sieht, gab die Dramaturgie der Keynote vom 9. September. Da wurden die Telefone gleich ganz zu Beginn abgehandelt. Die Marketingmaschine rollt deswegen natürlich trotzdem, und mit Unfug wie dem Bendgate lassen sich weiterhin Millionen von Youtube-Klicks abstauben. Wohl mehr aus Tradition denn aus intrinsischer Motivation.
An das iPhone 6 habe ich mich sehr schnell gewöhnt. Meine Finger sind zum Glück lang genug, sodass ich auch bei der einhändigen Nutzung keine nennenswerten Probleme hätte. Die Kritik mit der glatten Rückseite kann ich ansatzweise nachvollziehen, doch anders als bei früheren Tests ist mir das iPhone 6 bislang noch nicht auf den Boden geknallt – und da meine sprichwörtliche Zerstreutheit sich im letzten Jahr nicht gebessert hat, wird das nicht an mir liegen. Naja, vielleicht doch – falls man mit zunehmendem Alter mehr Handschweiss produziert, der dann für die Haftung sorgt.
Ergonomische Fragezeichen
Ergonomisch bin ich mit dem Telefon nicht hundertprozentig glücklich. Ich störe mich nach wie vor daran, dass die Kopfhörerklinke unten einzustecken ist. Liege ich mit eingstöpseltem Kopfhörer im Bett, würde ich bei der Benutzung in der Vertikalen das Telefon gern auf die Brust stellen, wobei aber der Stecker stört.
Das Problem liesse sich einfach lösen, wenn Apple eine Drehung um 180° erlauben würde – so wie beim iPad, wo die Anzeige in so einem Fall mitdreht. Beim iPad nützt mir das allerdings nichts, weil dort der Kopfhörereingang am richtigen Ort ist – nämlich oben. Und wenn ich schon dabei bin, mich über die Bildschirmrotation zu wundern: Warum der Homescreen bloss beim iPhone 6 Plus, nicht aber beim normalen iPhone eine horizontale Ansicht hat, ist mir völlig uneinsichtig. Das ist doch bloss ein künstliches Differenzierungsmerkmal fürs 6 Plus.
Nicht besonders gelungen ist die neue Position des Standby-Schalters. Er macht das Einfangen von Screenshots schwieriger. Und er führt dazu, dass man zusammen mit dem Standby-Schalter oft auch die Lauter-Taste drückt.
Und eben – beim Akku gehöre ich zu denen, die das iPhone auch drei Millimeter dicker nehmen würden, wenn es dafür ohne Akkupack einen ganzen Tag durchhält. Das wäre ein zwingender Grund für das neue Telefon.
Um diesen Blogpost mit positiven Beobachtungen zu schliessen, zwei Dinge, die mir wirklich gut gefallen: Erstens funktioniert Touch ID beim neuen Gerät nahezu perfekt. Es kommt fast gar nicht mehr vor, dass ich mehrere Entsperrungsanläufe nehmen müsste. Da hat Apple noch einmal ordentlich nachgebessert.
Zweitens ist es top, wie es Apple schafft, das Display quasi nahtlos mit dem Gehäuse zu verbinden. Hat man beispielsweise die Kompass-App offen, ist kaum mehr zu sagen, wo der schwarze Rand aufhört und das Display beginnt. Das mag nach einem bedeutungslosen Detail klingen. Aber für mich bringt das wenigstens ein bisschen der alten Apple-Magie zurück, die aus einem simplen Versprechen besteht: Unsere Geräte sind aus einem Guss und mehr als die Summe der Einzelteile…