Was die Fotoreparatur am Google Pixel 8 taugt

Google postu­liert, mit dem Pixel-Telefon und Google Fotos würden sich ver­un­glück­te Auf­nah­men retten lassen. Ein Test zeigt, was an dieser Be­haup­tung dran ist.

Neulich bin ich dem Hashtag #FixedOnPixel begegnet. Er gehört zu Googles Marketing-Aktivitäten zur Förderung der eigenen Telefonmodelle und zu der Strategie, mit der sich diese Pixel-Telefone vom iPhone abheben sollen. Ein Schlüsselelement sind die fotografischen Leistungen. Um die beim iPhone herauszustreichen, hat sich Apple seinerseits den Hashtag #ShotOniPhone ausgedacht.

Und klar: Die Idee dahinter ist natürlich, dass die Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Medien mit diesen Hashtags unentgeltlich Werbung für die jeweiligen Telefone machen sollen – in einem doppelten werbemässigen Kleinkrieg der Bilder und der Hashtags.

Für Journalisten und seriöse Blogger kommt es natürlich nicht infrage, sich an so einem Spektakel zu beteiligen. Aber warum nicht herausfinden, was tatsächlich dahintersteckt?

Die Scharfzeichnungs-Funktion in Google Fotos. (Und nein, dieses Bild hat sie nicht hinbekommen.)

Die fotografischen Qualitäten von iPhone und Google Pixel 8 Pro habe ich bereits einem Vergleich unterzogen. Darum soll es an dieser Stelle darum gehen, was am Hashtag #FixedOnPixel dran ist. Ist das Telefon, bzw. die mitgelieferte Software tatsächlich besonders gut darin, verunglückte Fotos zu reparieren?

Mal eben 79 Dollar gespart?

Um das abzuklären, setze ich bei einem Test von 2015 an: Ich habe damals probiert, mit der Desktop-Software Blurity einige verwackelte Bilder zu flicken. Die hat damals 79 US-Dollar (die Pro-Version sogar 249 Dollar) gekostet und sie war alles andere als einfach zu verwenden. Es wäre daher unbestreitbar grossartig, wenn sich ähnliche Resultate gratis und franko mit dem Smartphone erledigen liessen.

Die Reparaturfunktion für verwackelte und unscharfe Bilder steckt in der Google Fotos-App: Wir wählen ein Bild aus, tippen auf Bearbeiten, wechseln dann in der unteren Werkzeugleiste zur Rubrik Tools. Darüber erscheinen dann Knöpfe für die hochgelobten Bildwerkzeuge, zu denen der Hintergrundweichzeichner für Porträts, Scharfzeichnen, und der magische Radierer zählen.

Für die Korrektur der verwackelten Fotos verwenden wir die Funktion Scharfzeichnen, die in English Unblur heisst.

Das verwackelte Frauenduo entwackeln

Ich habe als Erstes das seinerzeit verwendete Foto herausgesucht, das ich 2008 an der Photokina in Köln aufgenommen habe, und das trotz ISO 1000 leicht verwackelt auf dem Sensor meiner Nikon D70 gelandet war.

Links das Original, rechts das von Google Fotos reparierte Bild.

Es bestehen keine Zweifel: Google Fotos verwandelt eine unbrauchbare Aufnahme in ein Foto, das nicht gerade durch technische Perfektion glänzt, das in gewissen Kontexten – zum Beispiel hier im Blog – dem Publikum durchaus zuzumuten wäre.

Mit der teuren und komplizierten Blurity-Software habe ich das seinerzeit nicht geschafft. Diese Software hat nur marginale Verbesserungen erzielen können. Darum: ein Hoch auf den Fortschritt!

Erfreulich ist auch, dass das im Original gut sichtbare Bildrauschen eliminiert wird. Etwas weniger gut gefällt mir, dass die App (scheinbar) auch an den Kontrasten schraubt. Die hätte ich lieber unangetastet, damit ich sie selbst einstellen kann.

Das Schweizer Fernsehen scharf bekommen

Ich habe auch Experimente mit schwierigeren Kandidaten gemacht, und versucht, total verwackelte Bilder zu retten. Diese Experimente lieferten die zu erwartenden Resultate: Es gab keine sichtbare Verbesserung – denn zaubern kann auch Google nicht.

Wo die Möglichkeiten von #FixedOnPixel enden, zeigt mein zweites Demo-Foto, das ich ebenfalls schon bei meinem Test 2015 verwendet habe. Es zeigt eine Fernsehkamera mit einer deutlich erkennbaren Bewegungsunschärfe.

Das Original, links, mit deutlicher Bewegungsunschärfe und die von Google Fotos verbesserte Variante rechts.

Das korrigierte Bild wirkt auf den ersten Blick scharf und weitgehend brauchbar. Es bleiben aber Artefakte von der Korrektur übrig; insbesondere bei den horizontalen Kanten. Der Griff der Kamera und auch die helle Kulisse im Hintergrund haben eine Doppelung, die es in Wirklichkeit nicht gibt.

Dieses Bild würde ich verwenden, wenn es einen dokumentarischen Wert hat und es keine technisch einwandfreie Alternative dazu gäbe. Aber als «gefixt» bezeichnen würde ich es nicht.

Wunder gibt es nicht – aber echte Verbesserungen

Fazit: Es bleibt dabei, dass auch Google und die KI keine Wunder vollbringen können. Aber die Verbesserungen sind beträchtlich. Und das macht diese Scharfzeichnungs-Funktion zu einem echten Pluspunkt – für mich ist die allemal mehr wert als die anderen KI-Features wie etwa dem «magischen» Radierer: Er bringt unerwünschte Bildbestandteile zum Verschwinden und ist aus dokumentarischer Sicht mehr als fragwürdig. Denn ich verwende die Fotografie hauptsächlich zu dokumentarischen Zwecken. Was bedeutet, dass die Dinge auch so abgebildet werden sollen, wie sie waren.

Beitragsbild: Und klar – wir können auch immer behaupten, die Unschärfe sei gewollt und ein Ausdruck unserer Kreativität (Clem Onojeghuo, Unsplash-Lizenz).

Kommentar verfassen