Eine App für unendlich viel Lesestoff.
Versuche, den Journalismus durch technischen Fortschritt zu retten, gibt es immer wieder. Das ist nichts als in Ordnung, denn es ist schliesslich auch der technische Fortschritt, der den Journalismus in Bedrängnis gebracht hat. Für die, die das Wort Medienwandel noch nie gehört haben: Es geht darum, dass die Leute journalistische Produkte nicht mehr auf die herkömmliche Art und Weise, also in Form von klassischen Medien geniessen, sondern via Internet. Das müsste nicht per se ein Problem sein. Es ist aber eines, weil es sich im Internet eingebürgert hat, für Medienprodukte nicht zu bezahlen.
Nun könnte man an dieser Stelle endlos streiten, wie gross die Schuld der Verleger ist, die ihre Produkte im Internet nicht nur kostenlos angeboten, sondern den Leuten regelrecht aufgedrängt haben. Natürlich, es hatte auch damit zu tun, dass die Infrastruktur fürs so genannte Mikropayment erst entstehen musste. Aber schuld war der Kampf um Reichweite – der Internetkuchen wollte neu verteilt werden. Und da schien es eine Zeitlang eine gute Idee zu sein, die Leute durch üppige Gratisangebote auf die neuen Websites zu locken. Und natürlich, der Medienwandel geht auch mit einer Krise der Werbung einher. Auch davon war in diesem Blog schon zu lesen.
Also, der technische Fortschritt. Da ist eine Initiative wie Blendle (Mit dem News-Fastfood aufhören), die es den Leuten einfach machen soll, Artikel einzeln zu kaufen. Da gibt es das Repackaging wie in der 12-App der Tamedia, die der Flut der Artikel mit Selektion und Kuration entgegentritt (Mediennutzungsgewohnheitenwandel?). Und neuerdings gibt es auch das Flatrate-Prinzip, wie es hierzulande von readly.com (für iPhone/iPad und Android) und in den USA von texture.com praktiziert wird.
Flatrate für Zeitschriften? Das ist einerseits naheliegend, weil das Prinzip bei Spotify und Netflix zu funktionieren scheint. Andererseits klingt es nach Verzweiflungstat – denn anders als Musik oder Filme, die es im Radio und Fernsehen quasi schon immer zur Flatrate gab, ist das «All you can read»-Prinzip bei Zeitschriften neu. Wenn man von der Möglichkeit absieht, Magazine im Kaffee, in der Bibliothek oder beim Arzt kostenlos zu lesen, dann musste man für seine Printprodukte Geld ausgeben. Nun kann man für einen ähnlichen Preis wie bei den Streamingdiensten also auch Zeitungen und Zeitschriften «streamen».
Für die Leserinnen und Leser ist das toll. Denn wer bislang zwei oder drei Zeitschriften pro Monat am Kiosk gekauft hat, kommt so deutlich günstiger weg. (Und er muss sich hierzulande nicht darüber ärgern, durch unfassbar unfairen Wechselkurs abgezockt worden zu sein – siehe Zeitschriften boykottieren!). Für die Zeitschriftenmacher stellt sich aber die Frage, ob dieser Ausverkauf nicht das Ende vom Ende einläutet – weil so selbst die zahlungswilligen Kunden dazu gebracht werden, mehr zu lesen und weniger zu bezahlen. Man nennt das auch Kannibalisierung.
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