Google hat es geschafft, dass ich neulich ernsthaft über ein Premium-Abo für Youtube nachdachte. Der Grund war ein neues «Feature» bei der Werbung. Wenn man die Wiedergabe pausiert, erscheint das Standbild des aktuellen Clips nicht mehr bildschirmfüllend. Es schrumpft etwas, um einem Werbebanner Platz zu machen: Pausenanzeigen nennt Google dieses Format und rechtfertigt es wie folgt:
Mit diesem Anzeigenformat kannst du Zuschauer erreichen, ihre Aufmerksamkeit wecken und die Interaktion fördern, ohne die Wiedergabe zu unterbrechen.
Mein Eindruck ist allerdings nicht, dass Google mir einen Gefallen tut. Im Gegenteil: Typischerweise pausiere ich die Wiedergabe, weil ich meine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung lenken will oder muss. Ich habe kein Interesse daran, dass eine ungebetene Werbung mir meinen Fokus streitig macht. Und es gibt weitere gute Gründe, sich zu ärgern, wie ein User auf Reddit darlegt.
Jedes Mal, wenn ich ein Video pausiere, um mir etwas genauer anzusehen oder einen Text in Ruhe zu lesen, werde ich aus dem Vollbildmodus geworfen, um mir eine beschissene Anzeige anzusehen. Warum kann da kein Pop-up in der oberen rechten Ecke oder etwas in der Art auftauchen? Youtube mit seiner Monopolstellung tut alles, auch auf Kosten der Nutzerinnen und Nutzer.

Teurer als die Konkurrenz
Spoiler: Ich habe das Abo nicht abgeschlossen. Erstens, weil es sich für mich angefühlt hätte, als würde ich einer Nötigung nachgeben. Zweitens, weil das Abo wahnsinnig teuer ist: 17.90 Franken pro Monat. Das sind zwar drei Franken weniger als Netflix, aber mehr als Disney+ (im Jahresabo 12.45 Franken pro Monat) und AppleTV+ (10.90 Franken).
Zugegeben, man kann das Angebot nicht direkt vergleichen. Allerdings spricht dieser Umstand gegen Youtube: die «richtigen» Streamingdienste bewirtschaften ihre Kataloge selbst und bieten nicht bloss das an, was eine unfassbar grosse Schar an «Content Creators» produziert.
Ein Detail am Rand: Der Schweizer Preis ist im Vergleich mit den Nachbarländern extraheftig: In Deutschland kostet das Abo 12,99 Euro (ca. 12.15 Franken). In Italien berappt man gleich viel. Bloss kann man sich dort auch für das neue Lite-Abo entscheiden, dessen Preis mit 5.99 Euro moderater ausfällt. Das gibt es allerdings nur in 19 Ländern, nicht in 120, wie das normale Abo. Über die Gründe können wir nur spekulieren, aber es ist naheliegend, dass es die Regionen sind, in denen sich im Vergleich relativ wenige Leute das normale Abo leisten wollen oder können.
Welcher Preis wäre fair?
Die interessante Frage lautet an dieser Stelle: Bin ich geizig, wenn ich dieses Abo für viel zu teuer halte? Oder lässt sich objektivieren, wie eine faire Gebühr aussehen müsste?
Die Grundlage für eine Beurteilung ist der Werbeumsatz. Ich verdiente mit meinem Kanal ein bisschen Geld, bis ich 2018 aus dem Monetarisierungsprogramm geflogen bin.

Die Daten sind nicht mehr taufrisch, aber damals habe ich mit einer Wiedergabezeit von 1,358 Millionen Minuten einen Umsatz von 198.80 Franken erzielt: Das sind 0.88 Rappen pro Stunde. Wenn ich das grosszügig auf einen Rappen aufrunde und davon ausgehe, dass Youtube und ich bei den Einnahmen halbe halbe machen, dann ergibt sich eine eindrückliche Zahl: Man müsste 895 Stunden Youtube schauen, um einen Werbeumsatz von 17.90 Franken zu erzielen.
Das sind 37 Tage: Selbst wenn jemand keine Minute seines Premium-Monats ungenutzt lässt, verdient Youtube dennoch mehr an ihm als an einem Werbung konsumierenden Kunden. Und klar, zum Abo zählen einige Extra-Funktionen wie Youtube Music, die Offline- und die Hintergrundwiedergabe. Aber die werden nicht von allen Nutzerinnen und Nutzern benötigt. Es gibt keine Möglichkeit, auf diese Dreingaben zu verzichten und nur für die Werbefreiheit zu zahlen.
Google hat Monopoly gewonnen
Fazit: Ich schaue zwei, drei Stunden pro Woche Youtube, wenn es hochkommt. Wenn wir grosszügig mit zwanzig Stunden pro Monat rechnen, dann wäre das Premium-Abo mit einem Franken schon zu teuer. Wenn wir zusätzlich berücksichtigen, dass das Familien-Abo von Youtube Premium in der Schweiz 33.90 Franken kostet – was 1695 Stunden Konsum entspräche –, dann kommen wir unweigerlich zum Schluss, dass der oben zitierte Reddit-User recht hatte:
Youtube hat im Bereich der UGC-Videos – das Kürzel steht für User-generated content – eine Monopolstellung. Weder Videoproduzentinnen noch Zuschauer und nicht einmal die Werbetreibenden haben eine Ausweichmöglichkeit. Und das bekommen wir sehr deutlich zu spüren. Gleichgültig, ob wir seufzend das Abo lösen oder uns den nicht überspringbaren Werbeclips oder den «Pausenanzeigen» aussetzen.
Beitragsbild: Salary? Hat jemand Salary gesagt? (William Warby, Unsplash-Lizenz)
Finde ich gut, dass Du da mal genauer nachrechnest.
Wobei es eigentlich machbar ist, wenn man sein Wochenenddomizil am Merkur hat.
Dort dauert ein Sonnentag etwa 176 Erdentage.
Du rechnest falsch. Mir persönlich ist egal, was YouTube verdient – oder das im Gegenwert des Creators ist; dass ich das Premium Lite-Abo habe ist keine Investition in YouTube, sondern meine Lebenszeit und meiner verbliebenen Hirnzellen 😂