Soll ich diese Serie wirklich vorstellen? Sie appelliert ans Herz, nicht ans Hirn. Thematisch kümmert sich nicht im Ansatz um Dinge, die hier üblicherweise besprochen werden – eine komplett KI-freie Zone. Sie ist das Gegenteil von progressiv, indem sie den konservativsten aller Traditionswerte hochhält – nämlich die Familie. Und sie macht einen weiten Bogen um die politischen Verwerfungen, mit denen wir es derzeit zu tun haben. So, als ob wir noch in der Idylle der 1950er-Jahre leben würden, die es in der Realität nie gab.
Aber egal! Ich vermute, dass auch in den meisten Nerds ein harmonieliebender Gefühlsdusel steckt, der sich gern mit einem heissen Kakao vor dem Fernseher in seine Lieblingsdecke einmummelt, um so zu tun, als ob wir in der besten aller Welten leben würden und nicht in einer trumphaften Idiocracy. Zugegeben, ich schliesse von mir auf andere. Aber ich würde mich nicht einmal schämen, mir während dieser Serie die Zehen zu lackieren und ein Blumenmotiv als iPhone-Sperrbildschirm einzurichten.

Disney-Werte ohne Disney-Kitsch
Ausserdem ist Tina Fey eine Garantin dafür, dass die Handlung nicht in Disney-Kitsch abgleitet, sondern allen Wohlfühlmomenten zum Trotz lebensecht und vertrauenswürdig bleibt. Als Kate erleben sie und ihr Serien-Ehemann Jack (Will Forte; besser als in «Bodkin») eine so einschneidende Krise, dass uns Zuschauern eine ehrliche Botschaft vermittelt wird: Beziehungen und Freundschaften sind ein echter, verlässlicher Kitt im Gefüge des Lebens, nicht bloss Lifestyle-Accessoires. Es wäre aber falsch, daraus abzuleiten, dass sie als Schutzschild fungieren und sämtliche Widrigkeiten fernhalten. Vor allem bedeutet es nicht, dass sie nicht scheitern können.
Um nicht zu viel zu spoilern: Kate und Jack kriegen die Kurve. Das gilt nicht für alle Paare in dieser Serie: Denn während Anne (Kerri Kenney-Silver) ihre Verbindung mit Mann Nick (Steve Carell) auffrischen will, überlegt der, wie er ihr dezent die Scheidung antragen könnte. Er hat sich in seine Dentalhygienikerin Ginny (Erika Henningsen) verliebt und ihr versehentlich ein Kind gemacht.
Auch das dritte Pärchen Danny (Colman Domingo) und Claude (Marco Calvani) hat sein Päckchen zu tragen: Ersterer hat Herzprobleme, will das jedoch nicht wahrhaben. Und letzterer kümmert sich auf eine Weise um ihn, die uns Zuschauerinnen und Zuschauer laut «Wir brauchen mehr Freiraum!» schreien lässt. Grösster Moment dieser beiden: Wie sie einen bärtigen Holzfällertyp für einen Dreier aufs Hotelzimmer holen, Claude aber die Krise kriegt, weil er in Dannys Portemonnaie keine Präservative, sondern verbotene Zigaretten vorfindet.
Ermutigung, aber keine leeren Versprechen
Es gelingt The Four Seasons ausgezeichnet, uns davon zu überzeugen, dass unser eigenes Alltags-Beziehungspuff völlig normal ist und es anderen Menschen genauso geht. Die gängigen Konfliktmuster können in anderen Situationen und unter unterschiedlichen Voraussetzungen exakt in der uns bekannten Form auftreten. Die Serie ermutigt uns, das auszuhalten und klug damit umzugehen, ohne uns zu versprechen, dass alles gut werden wird.
Diese Balance ist die Stärke dieses Achtteilers. Er liefert uns einen hervorragenden Grund, das zu Corona-Zeiten so beliebte Cocooning aufleben zu lassen.

Der Titel der Serie rührt daher, dass sich die drei Paare zu Kurzurlauben treffen, die sich über die Zeit im Jahreslauf verschieben. Man braucht nicht Filmwissenschaften studiert zu haben, um zu merken, dass die Jahreszeiten eine allegorische Bedeutung haben: Im Frühling ist das Leben aller weitgehend in Ordnung – obwohl Danny seine Herzprobleme verschweigt und Nick von Scheidung spricht. Als in der zweiten Folge Annes Brennofen in die Luft fliegt, ahnen wir bereits, dass nicht alles so bleiben wird.
Wirklich frostig wird es in der Folge 7, als Nick sich im Kreis der Freunde und Freundinnen von Ginny so fehl am Platz fühlt, wie er in der Tat ist. Auch diese Szene ist ein Highlight für sich: Sie bringt es auf den Punkt, wie es ist, sich alt zu fühlen, weil man mit den Themen, Witzen und Ideen der jungen Leute um einen überhaupt nichts anfangen kann.

Fazit: Ich freue mich auf Staffel zwei, die angekündigt ist und nach vagen Spekulationen 2026 erscheinen wird. Ich wünsche mir die Fortsetzung mit etwas mehr politischer Schärfe, aber ansonsten genauso herzerwärmend wie bisher. Und es stellt sich die Frage, ob wir sie sogleich bei Erscheinen wegglotzen sollen – oder ob es sich nicht lohnen würde, sie wie eine Tafel Schokolade für einen Moment aufzubewahren, wo wir einen Seelentröster wirklich nötig haben.
Beitragsbild: Die drei Pärchen (Netflix).