Eine Frau ruft lächelnd in ein Megafon auf einer städtischen Strasse. Im Hintergrund sind verschwommene Gebäude und Passanten zu sehen.

Das Smartphone liest (fast) jeden Artikel

Sowohl beim iPhone als auch bei Android gibt es eine ein­ge­bau­te Vor­le­se­funk­tion für Web­sites: Wie sich diese kom­for­ta­bel nutzen lässt.

Die nächste Medienrevolution steht in den Startlöchern. Sie wird gelegentlich mit dem Begriff Liquid Content versehen: Medienanbieter liefern ihre Inhalte nicht mehr nur auf eine Weise aus. Stattdessen wählt die Konsumentin oder der Konsument die bevorzugte Form. Wer keine Videos ansehen mag, liest das Transkript. Und Leute, deren Geduld nicht für ein Interview mit 20’000 Zeichen reicht, genehmigen sich die Zusammenfassung in vier Abschnitten. Die Idee ist schon ein paar Jährchen alt. Aber mit den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz lässt sie sich heute in vielen Spielarten realisieren.

Ein Bildschirmfoto zeigt einen Audio-Player mit einem Artikeltitel: «KI sei Dank: Jesus streamt live vom Kreuz» von Clickomania. Darunter ein Artikelanfang über KI-Videos und «Bibel-Vlogger».Eine simple und einfache Variante des Liquid Contents ist der Vorlesen-Knopf, den es inzwischen auf vielen Websites gibt. Ich habe mich bereits so sehr an ihn gewöhnt, dass er mir auf manchen Websites tatsächlich fehlt – nicht zuletzt auch hier in diesem Blog. Die gute Nachricht ist: Es gibt am iPhone eine universelle Möglichkeit, uns Inhalte vorlesen zu lassen. Siri übernimmt diese Aufgabe. Und (aller sonstigen, berechtigten Kritik zum Trotz) erledigt sie sie zu meiner vollen Zufriedenheit. Es kam sogar vor, dass ich Siri einen Artikel habe vorlesen lassen, obwohl es eine solche Funktion auf der Website selbst gegeben hätte. Aber mir behagt nicht jede Stimme, die draussen im Netz Textinhalte rezitiert.

Ein bisher verheimlichtes Siri-Talent

Die Nutzung ist höchst einfach: Wir aktivieren Siri und äussern die Bitte: «Lies mir diesen Artikel vor.»

Dazu müssen wir leider den Safari-Browser verwenden. In Firefox und auch in den News-Apps funktioniert es nicht; die Fehlermeldung lautet: «Diese Seite ist so konfiguriert, dass ich sie nicht vorlesen kann.» Auch in den News-Apps, die ich getestet habe, wird die Wiedergabe mit dieser Begründung verweigert. Diese Einschränkung ergibt für mich nicht wirklich einen Sinn, da der Text auch in den anderen Apps vom Bildschirm abgegriffen werden könnte. Aber Apple will offensichtlich, dass sich der hauseigene Browser mit der Vorlesefunktion von der Konkurrenz abhebt.

Ein Mann mit Basecap steht am Strand vor einer Kamera auf einem Stativ. Im Hintergrund Meer und Gebäude. Ein Podcast über Jesus, der live streamt, wird wiedergegeben.Android beherrscht diesen Trick seit einem Jahr ebenfalls. Die steckt in Chrome im Hauptmenü (mit den drei Punkten): Wir tippen auf Diese Seite anhören, um die Wiedergabe zu starten. Es erscheint am unteren Rand eine Wiedergabeleiste, die sich antippen lässt: Dann erscheint ein ausführlicherer «Player», in dem wir zehn Sekunden vor- und zurückspringen können.

Bei Android per Finger die Wiedergabeposition ändern

Wir können bei beiden Systemen die Geschwindigkeit beeinflussen. Im direkten Vergleich gefällt mir die Implementierung bei Chrome besser: Chrome zeigt an, welche Stelle vorgelesen wird, und erlaubt es uns, zu einer bestimmten Stelle im Text zu springen, indem wir sie antippen. Diese Funktion nennt sich Text hervorheben und & automatisch scrollen. Sie ist über den Optionen-Dialog zugänglich, der beim Antippen des Dreipunkte-Menüs in der rechten unteren Ecke erscheint. Hier dürfen wir auch die Stimme ändern. (Siri liest mit ihrer Standardstimme vor.) Die Auswahl ist in Deutsch leider bescheiden: Wir haben Stern für eine höhere (weibliche) Stimmlage und Frost für eine tiefere.

Fazit: Nützlich! Ich würde die Möglichkeit schätzen, wenn ich mehrere Websites einer Wiedergabeliste hinzufügen könnte, um sie beim Joggen oder der Hausarbeit in einem Rutsch weghören zu können.

Demnächst wird man sich einen Artikel auch als improvisierten Podcast anhören können: Das ist ein neues, seit September angekündigtes Feature, das an meinem Telefon bislang nicht eingetroffen ist.

Als Extratipp sei darauf verwiesen, dass die meisten Lese-Apps wie Instapaper ebenfalls eine Vorlesefunktion anbieten. Die besten künstlichen Stimmen und Darbietungen bei der Rezitation liefert meines Erachtens die App Elevenlabs Reader. Mehr dazu im Beitrag Artikel von einer nicht nervenden Stimme lesen lassen.

Beitragsbild: So haben alle etwas davon (Andrea Piacquadio, Pexels-Lizenz).

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