Strassenszene nahe einem Kontrollturm in Magenta und weissem Farbmuster, umgeben von Verkehrsschildern und Absperrungen. Werbung für Autovermietung «Sixt» auf Gebäuden.

Das passiert, wenn man bei Sixt das Kleingedruckte überliest

Da geht die Fe­rien­stim­mung augen­blick­lich flöten: Wenn beim Auto­ver­mie­ter am Ende ein halbes Dut­zend Zu­satz­pos­ten auf der Rech­nung stehen – und man sich ob des Preises die Augen reibt.

Die Sommerferien liegen ein paar Wochen in der Vergangenheit. Entspannung und die aufgetankten Energien haben sich weitgehend in Luft aufgelöst. Doch ein paar Dinge sind geblieben: eine beträchtliche Zahl an Fotos, zum Beispiel von den tollen Sandskulpturen in Travemünde. Die haben es mir so angetan, dass ich ernsthaft überlegt hatte, den Journalismus an den Nagel zu hängen, um Sandskulpturist zu werden. Dann erinnerte mich zum Glück meine innere Stimme daran, dass man für so einen Karrierewechsel ein gewisses Talent, oder zumindest Fingerfertigkeit mitbringen müsste.

Ein Überbleibsel der Ferien ist auch dieser Blogpost hier. Er beschäftigt sich mit dem Autoverleiher Sixt. Für die Ausflüge mieteten wir ein Fahrzeug. Das erfüllte die grundlegende Anforderung, indem es uns von A nach B brachte. Das ist aber auch schon alles, was es Positives zu berichten gibt. Denn das damit verbundene Prozedere war von A bis Z miserabel. Vielleicht, weil ich arglos bin. Mir sind die Praktiken in diesem Geschäftsbereich nicht geläufig, weil ich zwischendurch ein E-Trotti oder Velo miete, aber kein Motorfahrzeug. Doch ja, ich bin bzw. war so naiv anzunehmen, dass auf der Abrechnung am Ende ein einziger Posten auftauchen würde: «Automiete: X Euro», fertig.

Die Kindersitzerhöhung wird pro Monat vermietet

Das war nicht der Fall. Sixt vollbrachte die Meisterleistung, diesen einen Posten (182 Euro) auf 741 Euro hochzutreiben. Das gelang wie folgt:

Für die Kindersitzerhöhung werden uns fünfzig Euro in Rechnung gestellt. Das allein ist bemerkenswert, weil dieses Mietobjekt erstens steinhart und zweitens so abgewetzt und von früheren Ferienerlebnissen gezeichnet war, dass es ohne Zweifel seit 15 Jahren als amortisiert gelten darf.

Und als ob das nicht frech genug wäre, kommen zwei irritierende Faktoren dazu: Für deutlich weniger Geld hätten wir eine nigelnagelneue Sitzerhöhung kaufen können. Und Sixt vermietet sie für einen ganzen Monat, auch wenn man das selbst Auto nur sechs Tage braucht.

Sixt will 53 Euro extra für das Navigationssystem: Ich rätsle bis heute, worauf sich dieser Posten bezieht. Zur Routenplanung nutzten wir ein eigenes Smartphone und Carplay. Haben wir das Geld für den Carplay-Bildschirm bezahlt? Falls ich es richtig sehe, ist dieser Teil der Ausstattung des gewählten Fahrzeugs und muss nicht extra vergütet werden. Falls doch: Warum verlangt Sixt nicht auch einen Aufpreis für die Handbremse und das Handschuhfach?

Ein Standortzuschlag von 128 Euro: Dieser Posten klingt in meinen Ohren nach einer Erfindung der Revenue-Abteilung, die das einzige Ziel verfolgt, den Preis weiter hochzutreiben. Wir als Kundinnen und Kunden haben keinen Einfluss darauf, an welchem Standort Sixt die Fahrzeuge aufstellt – also ist es nicht in unserer Verantwortung, dafür extra zu bezahlen. Und falls doch, müsste es wenigstens einen Standortabschlag geben, wenn wir als Kunden gewillt wären, das Fahrzeug in der erstbesten Brache vor den Stadtgrenzen abzuholen.

Steuern: In den USA hätte ich mich nicht gewundert, dass die nicht im angegebenen Preis enthalten sind. Von Europa und insbesondere von Deutschland bin ich das nicht gewohnt. Den Bruttopreis gibt man doch deswegen nicht an, um den anfänglichen Preis als besonders niedrig erscheinen zu lassen.

Für den ganzen Tank bezahlt, bloss ein paar Liter verbraucht

Da wäre auch noch die Sache mit der ersten Tankfüllung. Sie steht mit 51 Euro auf der Rechnung. Nach meinem Verständnis ist dieser Betrag nur gerechtfertigt, wenn wir das Fahrzeug mit komplett leerem Tank zurückgebracht hätten. Das war nicht der Fall. Wir haben für eine Strecke von 253 Kilometern über den Daumen gepeilt Sprit im Wert von 18 bis 22 Euro verbraucht. Wurde versäumt, uns für den verbleibenden Tankinhalt eine Gutschrift zu gewähren, oder ist es Sitte bei Sixt, den als Geschenk des Kunden ans Unternehmen zu betrachten?

Rechnung für Autovermietung: Miettage, Tankfüllung, Schutzpakete, Kindersitz, Navigationssystem, Standortzuschläge und Steuern. Gesamtsumme: 741,04 EUR.
Ein weiteres Mysterium: Diese Aufstellung geht nicht auf.

Und schliesslich geht die Kostenaufstellung nicht auf. Die steht so im Mietvertrag, aber je länger ich darauf schaue, desto weniger ergibt sie Sinn. Unter dem Vorbehalt, dass ich ein Mann des Wortes und nicht der Zahlen bin, kreide ich folgende Unstimmigkeiten an:

  • Wenn ich die Miettage, Tankfüllung, Kindersitzerhöhung, Navigationssystem und WLTP-Zuschlag addiere, komme ich auf 506,50 Euro.
  • Wenn ich darauf einen Standortzuschlag von 25,90 Prozent berechne, ist das Ergebnis 98 Euro, nicht 128,10 Euro.
  • Dementsprechend stimmt auch die Umsatzsteuer nicht. Sie schlägt mit 90,51 und nicht 118,32 Euro zu Buche.
  • Die Endsumme ergibt nach meiner Rechnung 566,92 Euro. Das sind immerhin 174,12 Euro weniger, als uns Sixt in Rechnung gestellt hat.

Wenn man die Rechnung anschaut, drängt sich der Verdacht auf, dass der All-Inclusive-Schutz vergessen ging. Würde man ihn mit 116,22 Euro ansetzen, dann würde das Endresultat passen.

Aber hey, 116 Euro nicht auszuweisen – das kann schon mal passieren! Und sicherlich ist es in Deutschland auch völlig legal, zumal im Mietvertrag steht: «Dieser Mietvertrag ist keine Rechnung». Oder, andere Hypothese: Die Aufstellung hat überhaupt nichts zu bedeuten, zumal die Summen jeweils mit null angegeben sind. Heisst: Das Bruttoresultat hat nichts mit dem Rest zu tun.

Wie es gute Sitte ist, habe ich diese Vorwürfe der Medienstelle unterbreitet (abzüglich der Rechnung, die mir erst kurz vor Veröffentlichung aufgefallen ist), mehrere nette Telefongespräche mit einem Unternehmenssprecher geführt und folgendes Statement erhalten:

Sixt legt grossen Wert auf ein transparentes Kundenerlebnis über den gesamten Mietprozess hinweg.

Deshalb werden bei der Kalkulation einer Miete über die Webseite oder die App stets Bruttopreise ausgewiesen. Unsere Kunden haben zudem in jedem Buchungsschritt die Möglichkeit, sämtliche Preisdetails einzusehen. Unter Steuern & Gebühren sind in den Preisdetails auch Posten wie der WLTP-Zuschlag oder ein branchenüblicher Standortzuschlag für Vermietstationen an Flughäfen und Bahnhöfen zu finden.

Extras, die im Buchungsprozess ausgewählt werden können, wie beispielsweise Navigationssystem und Android Auto bzw. Apple Carplay oder der Betankungsservice, sind jeweils mit einer ausführlichen Detailbeschreibung versehen. Sollten dennoch Fragen offenbleiben, stehen unsere Mitarbeitenden an den Sixt-Stationen jederzeit gerne zur Verfügung, um bei der Anmietung auch zu einzelnen Punkten des Mietvertrags und der zugrundeliegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen transparent Auskunft zu geben.

Nun, einen Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen: Wir haben diese Details zu wenig genau geprüft. Allerdings habe ich erstens nicht damit gerechnet, dass man das tun müsste – ja, naiv, ich weiss, aber wie angedeutet, kenne ich mich vor allem bei den Trottis aus –, und zweitens waren wir in Ferienstimmung.

Servicewüste Deutschland

Ich kann mir deswegen die Bemerkung nicht verkneifen, dass man sich als Unternehmen auch dafür entscheiden könnte, eine solche Nachlässigkeit nicht auszunutzen. Vor allem, wenn man sich an eine Kundschaft richtet, die nicht geschäftlich unterwegs ist, den Mietwagen auf Spesen abrechnet, sondern die sich auf einen entspannten Urlaub freut und in Erwartung auf ein Gastland, das nicht vor allzu langer Zeit mit dem Slogan «Die Welt zu Gast bei Freunden» geworben hat, nicht so genau hinsieht.

Ein Kommentar zu «Das passiert, wenn man bei Sixt das Kleingedruckte überliest»:

  1. Sixt ist auf Unternehmen spezialisiert. Ich hatte mal einen guten Bekannten, der da eine Agentur hatte… Ich kann hier keine Details nennen- aber nach meinem Wissen hatten die Transparenz und Skrupel nie! Man muss wirklich bei ALLEN Autovermietern genau hinsehen. Ich war mit Avis immer ganz zufrieden- aber das ist sicher IMMER Agenturabhängig.

Kommentar verfassen