Google hat ein Ärgernis aus den 1990er-Jahren wiederbelebt. Falls ihr so alt seid wie ich, erinnert ihr euch sicher: Damals kam jene Werbung auf, bei der sich ungefragt ein neues Browserfenster öffnete und sich vor jene Website schob, die wir uns gerade zu Gemüte führen wollten. «Pop-up» nannte sich das damals, und das war ein Schimpfwort.
Was mich übrigens jedes Mal, wenn ich an einem Pop-up-Store vorbeigehe, zur Frage bringt, ob das dem Geheimplan eines solchen Pop-up-Werbers entspricht, der den negativen Ruf des Pop-ups ins Positive drehen will.
Es war jedenfalls eine Freude, als das Service Pack 2 für Windows XP einen Pop-up-Blocker für den Internet Explorer brachte. Diese währte jedoch bloss kurz, weil die Werbung dann nicht mehr in einem separaten Fenster, sondern mit anderen technischen Methoden angezeigt wurde; häufig als überlagerndes Seitenelement (Overlay).
Wenn die Werber Werbung für Werbeblocker machen
Doch irgendwann hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass allzu aggressive Werbeformen kontraproduktiv sind: 2016 gründete sich die Coalition for Better Ads; eine Branchen-Organisation mit dem Ziel, die Nutzerinnen und Nutzer nicht dazu zu bringen, Werbeblocker zu installieren. Sie teilt die gängigen Werbeformate in akzeptable und inakzeptable Varianten ein. Zu den inakzeptablen Methoden zählt die Videowerbung, die automatisch mit Sound abgespielt wird. Auch unerwünscht: Grosse Banner, die «sticky» sind und beim Scrollen an Ort und Stelle bleiben, sowie die prestitial ads: Sie werden dem gewünschten Inhalt vorgeschaltet und zwingen den Nutzer oder die Nutzerin zum Warten. Ja, und auch die Pop-ups zählen zu den unerwünschten Werbearten.
Detail zum Merken: Meta und Google sind sogar Vorstandsmitglieder dieser Koalition.
Der Monopolist macht Monopolisten-Dinge
Mit diesem Vorwissen überrascht folgende Beobachtung umso mehr: Wenn man, wie ich, am Smartphone den Firefox-Browser verwendet, erscheint neuerdings in unschöner Regelmässigkeit ein Pop-up, das fast alle Suchresultate überdeckt. Dieses Banner will uns dazu bringen, mit der Google App zu suchen.

Tippt man den Weiter-/Continue-Knopf aus Versehen an, wird man ständig aus Firefox in die Google-App katapultiert. Rückgängig machen lässt sich dieser Fehler anscheinend nicht – oder vermutlich nur durch Löschen der Google-App.
Damit sind wir bei der Kritik angelangt: Es ist erstens natürlich stossend, dass Google keine Mühe mit ansonsten verpönten Werbeformen hat, wenn es um Eigenwerbung geht. Noch mehr irritiert mich allerdings, dass es offensichtlich darum geht, Firefox Nutzerinnen und Nutzer abzujagen. Das erinnert sehr an die Switch to Chrome-Werbung, die Google seit 2009 immer mal wieder auch direkt auf google.com angezeigte.
Der Marktführer nutzt seine Marktmacht, um die kleineren Konkurrenten noch weiter in die Ecke zu drängen. Das ist nach meinem Verständnis von Marktwirtschaft eine Praktik, die zu einer Wettbewerbsverzerrung führt, die Innovation behindert und daher unerwünscht ist. Ich finde es bemerkenswert, dass sich Google dazu hinreissen lässt, nachdem ein Bundesrichter im August 2024 entschieden hat, dass Google mit seinem Monopol auf dem Such- und Werbemarkt gegen das US-Kartellrecht verstösst.
Nachtrag
Just nach Veröffentlichung des Beitrags bin ich auf den Reddit-Thread zum gleichen Thema gestossen: Er erklärt erstens, dass das Pop-up auch bei Safari erscheint. Dort lässt es sich zum Verschwinden bringen. Dazu verwenden wir die Option Ablenkende Objekte in Safari ausblenden (Hide Distracting Items). Dazu tippen wir im Suchfeld auf den Seitenmenü-Knopf und dann auf die entsprechende Option. Danach lässt sich das Objekt auswählen, das stört – also Googles aufdringlicher Hinweis.
Beitragsbild: Die englische Redewendung In your face passt sowohl für diese Faust als auch für automatisch aufpoppende Werbebanner (Dan Burton, Unsplash-Lizenz).
Googelst du noch oder qwantest du schon?
Habe bei meinen Verwandten qwant.com als Suchmaschine eingestellt. Die haben den Unterschied kaum bemerkt. Sie geben auch alles dort ein, auch wenn sie eine bekannte Seite suchen…
Ich habe bei meinen Verwandten startpage.com eingestellt, weil weder Qwant noch Ecosia wirklich etwas taugen.