Facebook tut gar nichts gegen das riesige Deepfake-Problem

Wenn die AfD mithilfe von Elon Musks KI dumm­däm­liche Bild­fäl­schungen herstellt, darf sie sich auf die Kom­pli­zen­schaft von Mark Zucker­berg bei deren Ver­brei­tung verlas­sen.

Neulich habe ich mich herzhaft darüber aufgeregt, dass auf Facebook andauernd KI-Bilder zu sehen sind, die uns als echt verkauft werden. Ob gefälscht oder authentisch – die Leute, die heute noch auf solchen Plattformen unterwegs sind, scheint es nicht gross zu kümmern.

Leider sind KI-Bilder in sozialen Medien keinen Deut besser, wenn sie nicht als echt ausgegeben werden. Die Gelegenheit zu dieser Erkenntnis ergab sich, als mir der Facebook-Algorithmus mit dreister Hinterhältigkeit einen Post der AfD Offenbach-Land präsentierte.

Die «dreiste Hinterhältigkeit» sollte ich an dieser Stelle begründen: Facebook gilt nicht zu Unrecht als enormer Datensammler. Das Märchen, wonach wir in unseren Vorlieben und Abneigungen dadurch komplett transparent werden, konnte ich widerlegen (hier auch für Google). Doch selbst der dümmste Algorithmus müsste wissen, dass ich keine Sympathien für die AfD hege – weder für die Ortsvertretung aus Offenbach-Land noch für sonst irgendeinen Ableger dieser in Teilen rechtsextremen Partei. Darum ist der Schluss zwingend, dass mir Facebook diesen Blogpost aus Eigeninteressen präsentiert. Vielleicht aus politischen Gründen. Vielleicht, weil mich die Empörung länger auf der Plattform hält, was ein alter Trick von Mark Zuckerberg ist – und der Grund, warum die sozialen Medien heute derart asozial auftreten.

Wünschen darf man sich alles

Darf die Bildunterschrift «Nehmt den Idioten die KI weg!» lauten? Oder wäre das justiziabel?

Zurück zur AfD: Dort in Offenbach ist in irgendeiner Blitzbirne also die Idee aufgepoppt, mittels KI Bilder von Leuten aus gegnerischen Parteien zu generieren, wie sie obdachlos auf der Strasse wohnen: Olaf Scholz, Karl Lauterbach, Ricarda Lang, Christian Lindner, Robert Habeck und Sahra Wagenknecht. Wobei ich bei den letzten beiden nicht ganz sicher bin; die hat Grok – und welche KI sollte das sonst gewesen sein? – schlecht getroffen.

Kommentar dazu: «Auch Wünsche können wahr werden»; im Bild steht «Wünschen darf man sich alles». Klar darf man. Der Wunsch könnte allerdings auch lauten, dass es allen gut gehen soll und das politische Klima sich verbessert.

Zwei Einsichten zu dieser Peinlichkeit der AfD Offenbach-Land:

Erstens könnte man sich vielleicht an folgendes Versprechen von Meta aus dem April 2024 erinnert fühlen:

In Kürze werden wir die Kennzeichnung «KI-Info» auf unseren Plattformen anpassen, damit sie den KI-Anteil an den Inhalten besser widerspiegelt. Unser Ziel lautete von Anfang an, den Menschen einsichtig zu machen, wenn sie KI-Inhalte sehen. Wir haben mit Unternehmen aus der gesamten Branche zusammengearbeitet, um unseren Kennzeichnungsprozess zu verbessern, damit die Kennzeichnungen auf unseren Plattformen den Erwartungen der Menschen besser entsprechen.

Ich weiss nicht, wie es euch geht: Aber ich habe noch nie ein solches KI-Label gesehen, obwohl in Facebook diese künstlich generierten Inhalte omnipräsent sind.

Die ganze Branche hat versagt

So ist es etwas peinlich, wenn die gesamte Branche zusammenarbeitet, und das Resultat völlig unbrauchbar ist. Umso mehr, als in dieser Pressemeldung erklärt wird, warum KI-Inhalte – ob fragwürdig wegen des irreführenden Kontexts oder einfach aufgrund des schlechten Stils – weiterhin toleriert werden:

Wir stimmen mit der Empfehlung des Oversight Board überein, dass die Herstellung von Transparenz und zusätzlichem Kontext jetzt der bessere Weg ist, um gegen manipulierte Medien vorzugehen und das Risiko einer unnötigen Einschränkung der Meinungsfreiheit zu vermeiden, daher werden wir diese Inhalte auf unseren Plattformen behalten, damit wir Kennzeichnungen und Kontext hinzufügen können.

Mit dem Hinweis auf die Meinungsfreiheit sind wir beim zweiten Punkt angelangt:

Dass sich Menschen auch ohne künstliche Intelligenz herabwürdigen lassen, ist spätestens seit den Karikaturen aus der zu sehr grossen Teilen rechtsextremen Wochenzeitung Der Stürmer bekannt. Nur senkt die KI offensichtlich die Hürden beträchtlich, um solchen Müll zu produzieren. 1933 musste man wenigstens noch zeichnen können. Heute reicht es, wenn einer im Ortsbüro weiss, wie man «Grok» buchstabiert.

Die Allianz der Menschenfeinde

Das allein könnte Grund genug sein, sich Gedanken über die Schnittmenge von Meinungsfreiheit und Diffamierung zu machen.

Stattdessen drängt sich der Eindruck auf, dass hier eine Art informelle Allianz zwischen den Tech-Konzernen entstanden ist. Obwohl Elon Musk und Mark Zuckerberg sich anscheinend nicht sonderlich mögen und Konkurrenten sind, spielen sie sich hier wunderbar in die Hände: Der eine macht es mit seiner KI unglaublich einfach, solche Deepfakes zu produzieren. Und der andere setzt seine eigenen Richtlinien nicht durch, damit sie sich auch schön verbreiten. Das ist wirklich ziemlich übel.

Beitragsbild: Ein Beweis, wie einfach es ist, mit Grok einen Deepfake herzustellen. Sogar ich habe es geschafft.

One thought on “Facebook tut gar nichts gegen das riesige Deepfake-Problem

  1. Bezüglich KI ist die Katze aus dem Sack. Selbst wenn grosse Anbieter ihren Modellen gewisse Sachen verbieten, hilft das nicht mehr. Man braucht nicht viel mehr als normale PC-Anwenderkenntnisse und eine Gaming-Grafikkarte, um ein unzensiertes Modell auf dem eigenen Rechner laufen zu lassen.

    Auf eine Moderation von US-Plattformen wird man sich auch nie verlassen können.

    Was bleibt, ist die Hoffnung. Die Hoffnung, dass solche Posts den Urhebern mehr schaden als nützen. Dass die gezeigte Bildmontage vielleicht AfD-Stammwählern ein Lächeln entlockt, aber dass Leute, die mit CDU und SPD unzufrieden sind, jetzt erst recht merken, dass die AfD keine Alternative ist.

    Ich versuche, optimistisch zu bleiben. Social Media verzerrt die Wahrnehmung. Extreme Meinungen kommen verstärkt zur Geltung. Man kann ein Hakenkreuz posten und in den Weiten des Internet werden sich Tausend Leute finden, die es liken.

    Wenn man während der Corona-Pandemie auf Twitter war, konnte man meinen, die halbe Schweiz halte Bundesrat Berset für einen Diktator. Die Mehrheit ist zum Glück vernünftiger, aber schreibt halt nicht so viele Tweets.

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