Es musste so kommen: Die künstliche Intelligenz wuchert schlimmer als Ackerschachtelhalm und Spitzwegerich. Sie dringt in die Office-Apps ein und macht vor den Browsern nicht halt. Neuerdings infiltriert sie in Gestalt der Meta AI auch Whatsapp, Facebook und Instagram.
Die Motivation bei den Tech-Unternehmen liegt auf der Hand:
- Sie alle haben Angst, zu spät zur Party aufzukreuzen.
- Sie wittern neue Einnahmequellen, indem sie sich die KI-Funktionen extra bezahlen lassen. Bei den Büro-Anwendungen von Google und Microsoft ist das bereits der Fall.
- Nicht zuletzt ist die KI auch ein Instrument, die Abhängigkeit von uns Nutzerinnen und Nutzern noch zu verstärken.
Warum dem so ist, zeigt sich wiederum bei Office: Bei den Textverarbeitungen, Tabellenkalkulationen und Präsentationsprogrammen gibt es eine grosse Auswahl; auch aus dem Open-Source-Lager: Libre Office, Nextcloud Office oder Cryptpad. Für User, die sich an die integrierte KI gewöhnt haben, fallen diese Alternativen allesamt ausser Betracht. Denn für kleinere Softwareentwickler ist es derzeit schwierig bis unmöglich, eine eigene KI so tief zu integrieren, wie Google und Microsoft das tun.
Nützt das uns Usern überhaupt etwas?
Die viel wichtigere Perspektive ist natürlich diejenige von uns Nutzerinnen und Nutzern. Wollen oder brauchen wir in all diesen Apps einen direkten Zugang zu Sprachmodellen? Die Antwort dürfte höchst individuell ausfallen, aber ich habe eine klare Meinung: In den allermeisten Fällen will ich das nicht.
Was die Office-Anwendungen angeht, kann ich den integrierten KIs zu einem gewissen Grad etwas abgewinnen: Wenn Copilot in der Lage wäre, meine Dokumente direkt zu verbessern, indem sie zum Beispiel meine Powerpoint-Folien übersichtlicher gestaltet oder direkt in Excel nach meiner Beschreibung eine komplizierte Pivot-Tabelle zu basteln, dann wäre das eine grosse Erleichterung und ein Argument für ein solches Feature. Wenn es ums Entwerfen oder Bearbeiten eines Textes geht, kann ich das natürlich genauso gut in ChatGPT erledigen und das Resultat via Zwischenablage in mein Dokument einfügen.
Warum nicht einfach Copy-Paste?
Womit wir bei Whatsapp, Facebook und Instagram wären: Auch bei diesen Apps können wir Informationen aus unseren bevorzugten KI-Apps übernehmen, wenn die Notwendigkeit dafür besteht. Gibt es also einen triftigen Grund für Meta AI?

Manche Leute finden es vielleicht tatsächlich amüsant, wenn sie mit der Adressierung @Meta AI
das Sprachmodell mit in den Gruppenchat holen können. Andere weisen vielleicht hin, dass die Lehre der Houthi PC small group lautet, nur die Leute in einer Gruppe zu haben, die dort auch wirklich mitlesen sollten. Meta betont zwar, dass die KI nicht den ganzen Dialog mitlesen kann, sondern nur die direkt an sie gerichteten Prompts. Ich halte es dennoch für ein unnötiges Risiko für unsere Privatsphäre. Was Facebook angeht, gibt es dort noch bevor Meta AI freigeschaltet wurde, schon zu viel KI-Müll.
Seien wir mündige KI-Nutzerinnen und Nutzer!
Kommen wir zu den grundsätzlichen Feststellungen: Ich halte es für schlicht falsch, eine KI einfach deswegen zu verwenden, weil sie «halt da» ist. Als mündiger User sollten wir uns die Mühe machen, die für uns beste Wahl zu treffen. Wir stellen so sicher, dass die Qualität der Auskünfte unseren Anforderungen entspricht. Vor allem aber lässt sich so sicherstellen, dass auch der Datenschutz gewährleistet ist. Wenn wir auch mit sensiblen Informationen operieren möchten, dann nutzen wir einen Enterprise-Account von ChatGPT, Claude, Perplexity oder Le Chat – und nicht Meta AI.
Wir kommen zu einer nicht völlig unerwarteten Erkenntnis: Die Tech-Konzerne spielen das alte Spiel, das wir von der Cloud bereits kennen. Statt der Kundschaft die Wahlfreiheit zu lassen, sich für Onedrive, iCloud, Google Drive, Nextcloud, Swisscom Mycloud zu entscheiden, schnüren sie ein Bündel, das für Nutzerinnen und Nutzer nicht zu entwirren ist.
Stellen wir uns für einen Moment eine offene Welt vor, in denen die Konzerne den Bedürfnissen ihrer Kundschaft auch tatsächlich Rechnung tragen: In dieser Welt könnten wir an unserem Computer, Smartphone oder Tablet Vorgaben zu Cloud und zur künstlichen Intelligenz treffen: Wir dürften angeben, ob wir diese Features überhaupt nutzen wollen oder nicht. Falls ja, würden wir jeweils nach unserer Vorliebe gefragt. Und egal, ob wir einen kommerziellen Anbieter oder eine selbst gehostete Lösung bevorzugen, würde dieser Wunsch respektiert. Wir könnten über die passende Schnittstelle in Word mit Le Chat einen Text verfassen und in der Fotos-App des iPhones unsere Bilder via Nextcloud mit dem AppleTV synchronisieren – und die EU hätte keinen Grund, irgendjemandem mit dem Digital Services Act auf die Finger zu klopfen …
Beitragsbild: Zugegeben, in der App-Mediathek gibt es einige Widerständler, die sich der KI bislang verweigert haben (Julio Lopez, Pexels-Lizenz).
Also die neue Integration in Whatsapp hat für mich jetzt den definitiven Todesstoss für diese App gegeben! Habe ich Whatsapp jetzt leider noch auf dem Smartphone gehabt, weil es Leute gibt, die nicht zu Signal wechseln wollten, hab ich jetzt kein Erbarmen mehr: bei mir kommt Whatsapp 100% weg vom Smartphone. Alles hat seine Grenzen! Ich lasse mich nicht bei allem bevormunden, schon gar nicht wenn Datenschutz-technisch grosse Fragezeichen gesetzt sind. Und das nächste grosse Projekt bei mir wird dann sein: Windows durch Linux ersetzen. Diese ständige unaufhaltbare AI-Integration und der Zwang zur Kontoerstellung lasse ich mir nicht bieten. Ist halt mit einer etwas unbequemeren Umstellung verbunden. Aber wenn man es dann einmal eingerichtet hat, so ist man dafür für die Zukunft gerüstet. Diese ganze IT-Entwicklung bei den grossen non-open-source Anbietern ist nämlich Datenschutz-technisch höchst fragwürdig. Ich hab zwar nichts zu verstecken, aber es geht ums Prinzip. Leider scheint die heutige Jugend, obwohl IT-technisch affin, Datenschutz nicht mehr so wichtig zu sein….
@Fred: Genau so. Fairphone neu sufgesetzt, wieder mit e/OS/. Wazzapp und Instagram gelöscht, Fratzenbuch auf Sparflamme. Hauptsächlich Threema, Signal und Mastodon.
Zuhause seit 20 Jahren Linux 🙂