Facebook wird zum KI-Misthaufen

In Metas sozialem Medium stammt gefühlt jedes zweite Bild in­zwi­schen von der künst­li­chen In­tel­li­genz. Wirklich nervig ist jedoch, dass die Fakes alle­samt als echt aus­ge­ge­ben werden.

Man kann sich dieser Tage nicht mehr durchs Facebook klicken, ohne auf KI-generierten Müll zu treffen. Beispiele gefällig?

Man fragt sich: Was soll der Scheiss?

Ist hier womöglich ein gewisses Muster zu erkennen? Die während ein paar wenigen Tagen gesammelten Beiträge.

Das Problem ist konkret, dass diese Bilder in aller Regel nicht als kreative Experimente verstanden werden. Sie haben auch keinen illustrativen Charakter und dienen nicht als visuelle Lückenbüsser.

Nein, sie werden uns als echt verkauft. Das ist besonders stossend beim Beispiel mit dem regenbogenfarbigen Eisberg und beim angeblichen Sonnen-Halo. Beide Bilder stammen aus Facebook-Gruppen, die zumindest dem Namen nach realen Phänomenen verpflichtet sein sollten. Man findet sie unter Amazing Nature und NASA James Webb Space Telescope (JWST).

Warum lassen sich die meisten User das gefallen?

Auch bei der Gruppe Kindheitserinnerungen würden die meisten von uns etwas erwarten, das auch tatsächlich stattgefunden hat. Zugegeben, das menschliche Gedächtnis ist bei der Wiedergabe gespeicherter Momente nicht immer zuverlässig. Die Fotografie ist es allerdings schon. Solange wir nicht an den Aufnahmen herumdoktern, können wir uns sicher sein, dass etwas abgebildet wurde, das für einen kurzen Moment genauso existierte.

Eben entdeckt: der Disco-Eisberg mit eingebauter Lichtshow.

Darum sind solche Deepfakes doppelt ärgerlich: Sie vergeuden unsere Zeit. Und wir werden von den Urheberinnen und Urhebern für dumm verkauft. Denn KI-Fakes als echt auszugeben, ist nichts anderes als eine Lüge.

Lügen werden belohnt

Gleichzeitig haben wir die Gelegenheit, drei Dinge zu lernen:

Erstens fehlt es an «KI-Awareness». Viele Leute erkennen Deepfakes nicht. Gerade die verkannten Künstler lösen Tausende aufmunternde Kommentare aus. Menschen drücken Bewunderung aus und schreiben aufmunternde Worte, selbst wenn man bloss die Finger der abgebildeten Personen zu zählen braucht, um den Ursprung aus der KI zu erkennen. Mir tut es weh, wenn wohlmeinende Leute derartig hinters Licht geführt werden.

Zweitens die Skrupellosigkeit der Engagement-Farmer. Die Bewirtschaftung der Emotionen auf Facebook und in anderen sozialen Medien ist zu einem Geschäft geworden. Bei dem ist es nahezu egal, mit welchen Mitteln Aufmerksamkeit generiert wird.

Man könnte das als Zeichen der Zeit abtun und darauf hinweisen, dass im Weissen Haus bereits die zweite Amtszeit des Präsidenten-Pinocchios begonnen hat. Aber ich bleibe dabei, dass dieser nonchalante Umgang mit Fakten und Fiktion nicht zur Normalität werden darf; Donald Trump zum Trotz. Die meisten Leute bewegen sich nicht auf Facebook, um eine megalomanische Machtstrategie in die Tat umzusetzen und ihrem grenzenlosen Narzissmus zu frönen. Dass Mark Zuckerberg in einem Akt der Unterwerfung die Faktenchecks abschafft und Meinung über Wahrheit stellt, ist ein grober Fehler, auch wenn es danach aussehen mag, dass keiner sich gross daran stört.

So eine Scheusslichkeit wird in der Gruppe «educated minds» gepostet.

Drittens ein Hoch auf die Standhaften. Damit meine ich den Journalismus. Allen Verfehlungen zum Trotz – und wo gibt es die nicht? – hält er seine Werte hoch, wonach die Öffentlichkeit erfahren soll, was tatsächlich Sache ist. Und jedes Mal, wenn auf in den sozialen Medien, zu Recht oder zu Unrecht, auf einen Kollegen oder eine Kollegin eingedroschen wird, würde ich mir nur ein kleines bisschen dieser Kritiklust unter einem dieser Postings wünschen, das von einem stammt, der sich zwar nicht Journalist nennt, aber meines Erachtens dennoch keinen Freipass zur Lüge für sich in Anspruch nehmen darf.

An dieser Stelle stand in der ersten Fassung des Blogposts eine wütende Tirade über die Social-Media-User insgesamt, die sich als unfähig erwiesen hätten, ein soziales Medium verantwortungsbewusst zu nutzen. Ich habe die Passage gelöscht. Sie ist im Kern zwar vollkommen zutreffend: Die Leute machen sich zwar einen Sport daraus, auf die Medien einzudreschen, sind ansonsten aber erschreckend unkritisch.

Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen: Weil ein paar Leute sich als verantwortungslos gezeigt haben, glauben inzwischen so viele Nutzerinnen und Nutzer auf Facebook und anderen Plattformen, ein bescheuertes Deepfake-Bild mehr oder weniger würde auch keinen Unterschied mehr machen. Und die Elon Musks und Mark Zuckerbergs haben sich als komplett skrupellos entpuppt und sich von ihren eigenen Mechanismen radikalisieren lassen. Darum ein Hoch auf die Journalistinnen und Blogger, die zwar auch unter dem Zwang der Aufmerksamkeitsökonomie stehen, aber ihre Ideale dennoch nicht verkauft haben.

Beitragsbild: Ein Misthaufen, nicht von KI generiert (Antranias, Pixabay-Lizenz).

One thought on “Facebook wird zum KI-Misthaufen

  1. Ich denke, die unterschiedliche Intensität der Kritik liegt an den verschiedenen Erwartungen. Leute, die durch Facebook oder Instagram scrollen, suchen belanglose Unterhaltung und es ist ihnen ziemlich egal, wie wahr die Geschichten sind, die sie vorgesetzt bekommen. Sie erwarten weder Ausgewogenheit noch Faktentreue.

    So gesehen können Journalisten es als Lob auffassen, dass sie selbst für kleinere Fehler kritisiert werden. Ihren Lesern ist es wichtig, dass wahr ist, was in der Zeitung steht. (Das bezieht sich auf sachliche Kritik und nicht pauschale „Lügenpresse“-Vorwürfe von Leuten, die von vornherein davon ausgehen, dass die Zeitungen Lügen verbreiten.)

    Leider sind die Ideale der Journalisten nicht unantastbar. Man findet auch bei seriösen Bezahlmedien immer mehr Clickbait, was mir regelmässig die Zornesröte ins Gesicht treibt. Der Fairness halber sei erwähnt, dass der ursprüngliche, vom Autor gesetzte Titel (sichtbar in der URL) meist seriös ist und der angezeigte Titel der Tastatur eines Klick-Optimierer-Praktikanten entsprungen ist.

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