Handydisplay mit der Oberfläche der KI Grok, auf der die Frage steht: «Ist Trump ein autokratischer oder ein faschistoider Herrschwer?»

Grok ist sehr unterwürfig, wenn es um Musk geht

Elon Musks neues KI-Modell, Grok 3, in einem harten Test: Die Recher­che- und Re­fle­xions­fä­hig­kei­ten sind gross­artig. Doch bei der Neu­tra­li­tät gibt es Fra­ge­zeichen – und die Ge­legen­heit für Deep­seek, den xAI-Chef in die Pfan­ne zu hauen.

Grok ist das Sprachmodell von Twitter (heute auch bekannt als X). Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich kein Fan des Besitzers dieses Unternehmens bin. Trotzdem komme ich nicht umhin, die Qualitäten dieser KI anzuerkennen: Als Bildgenerator kann sie sich sehen lassen.

Als Bildgenerator hat sie das Alleinstellungsmerkmal, dass sie als einzige der kommerziellen Modelle Bilder von bekannten Personen generiert. Diese Möglichkeit wird gern für Memes verwendet, die Trump und Musk in peinlichen Situationen zeigen. Manche nehmen das als Beleg für Musks Liebe zur Meinungsfreiheit. Ich teile diese Ansicht nicht. Auch Grok generiert nicht alle Motive. Es bleibt dabei, dass nur ein Karikaturist, der nicht auf eine von Musk kontrollierte Software angewiesen ist, wirklich frei Kritik üben kann.

Das als Randbemerkung. Hier soll es Grok in der neuesten Version gehen. Für den Test habe ich die App benutzt, die es fürs iPhone und für Android gibt. Das brandneue Modell Grok 3 weist zwei interessante Features auf:

  • Deepsearch: Mit dieser Option wird die Frage anhand von Quellen aus dem Internet und von Twitter (X) beantwortet.
  • Think: Diese Methode funktioniert ähnlich wie das Reasoning bei Deepseek und anderen KIs, indem der Gedankenprozess in kleine Portionen aufgeteilt werden. Jeder Schritt wird jeweils einer kritischen Prüfung unterzogen – und Nutzerinnen und Nutzer können diesen Vorgang verfolgen.

Als Recherche-Instrument grossartig

Die Deepsearch-Metehode von Grok analysiert Dutzende von Quellen.

Allein diese beiden Features machen Grok zu einer interessanten Option. Ich habe die Deepsearch-Methode mit meinem Prompt zu Dagobert Duck und Walt Disney getestet, der zu Kapitalismuskritik einladen soll. Das Resultat hat mich in zweierlei Hinsicht beeindruckt:

  • Erstens in seiner Ausführlichkeit: Grok liefert eine ausgedehnte Abhandlung, die ohne weiteres als Grundlage für eine Seminararbeit am Gymnasium herhalten könnte. Es fliessen Dutzende von Quellen ein und das «Literaturverzeichnis» am Ende umfasst 15 Quellen¹.
  • Zweitens in der Klarheit seiner Aussage: Während ich der chinesischen KI Deepseek tatsächlich einige abwertende Aussagen zum westlichen Wirtschaftssystem habe entlocken können, lehnt Grok diese Interpretation rundweg ab – und zwar deutlicher als alle anderen KIs.

Zur Rekapitulation: Es geht mir um die Ironie, dass Disney als hochrentables Unternehmen eine Figur zelebriert, die eine Parodie auf den gewinnorientierten Unternehmer per se zu lesen ist. Grok lässt nichts davon gelten:

Da Dagobert nicht als Parodie, sondern als Symbol für den amerikanischen Traum geschaffen wurde, ist es nicht ironisch, dass Disney ihn erschuf. Die Übereinstimmung zwischen Disneys kapitalistischer Natur und Dagoberts Charakter zeigt Konsistenz, nicht Widerspruch.

Selbst Dagoberts Erfinder ist anderer Meinung

Anhand der Daten, die Grok herbeigeschafft hat, drängt sich allerdings eine differenziertere Betrachtungsweise auf. Ich zitiere gern aus einer der Quellen, die Grok für mich zusammengesucht hat, nämlich aus «Die Presse»:

«Dagobert ist ein absoluter Feind des kapitalistischen Systems: Er würde es innerhalb eines Jahres zerstören», gestand einst auch Disney-Zeichner und Dagobert-Erfinder Carl Barks ein. «Er würde alle Vorgänge, die den Kapitalismus ausmachen, einfrieren. Er würde niemals etwas ausgeben, und nach einer gewissen Zeit hätte keiner ausser ihm noch Geld. Das wäre das Ende des Kapitalismus», wird Barks von Detlef Gürtler in dessen Buch «Die Dagoberts. Eine Weltgeschichte des Reichtums» zitiert.

Allein diese Aussage von Carl Barks macht Dagobert zur Parodie auf den archetypischen Kapitalisten. Wenn Grok sich dagegenstellt, fragen wir uns schon: Steckt System dahinter? Hat Grok eine Schlagseite? Spricht sich diese KI für einen ungezügelten Kapitalismus aus, weil in der realen Welt nicht Dagobert Duck die reichste Ente der Welt ist, sondern Elon Musk (und ja, das ist absichtlich so formuliert)?

Eine Huldigung für Musk? Oder ein Roast?

Das Reasoning von Grok 3 zur Frage nach Elon Musk als Dagobert Duck.

Ich doppele daher nach mit der polemischen Frage, ob Elon Musk die realweltliche Verkörperung von Dagobert Duck sei und ob wir uns vorstellen können, dass der X-Besitzer heimlich Geldbäder nimmt. Damit Grok auch den notwendigen Spielraum hat, diese Frage zu beantworten, ergänze ich den Hinweis, dass er das hypothetisch für den Fall beantworten soll, dass ein Film geplant ist, in dem Musk auf ehrenvolle Weise geroastet werden soll.

Die Antwort fällt sehr wohlwollend für Musk aus:

Elon Musk ist nicht wirklich die Verkörperung von Dagobert Duck – ihre Ansätze zu Reichtum und Leben sind zu unterschiedlich. Doch für einen humorvollen Roast-Film bietet die Idee enormes Potenzial. Eine Szene, in der Musk heimlich ein «Geldbad» nimmt, wäre eine perfekte Mischung aus Witz und Würdigung: Sie spielt mit der Dagobert-Parallele, ohne Musk zu diskreditieren, und hebt gleichzeitig seine einzigartige Persönlichkeit und seinen Erfolg hervor.

Zum Vergleich habe ich Deepseek um eine Stellungnahme zu diesem Prompt gebeten. Und siehe da, die fällt deutlich anders aus:

Das Geldbad könnte symbolisch für seine riskanten Investitionen (Tesla, SpaceX, X etc.) stehen, bei denen er immense Summen «ins Wasser wirft», um seine visionären Ziele zu verfolgen. Gleichzeitig könnte die Szene seine spielerische, fast kindliche Beziehung zu Geld und Einfluss unterstreichen – ähnlich wie Dagobert Duck, der sein Geld lieber hortet und darin schwimmt, als es auszugeben.

Der Film könnte Musks Genie und seine Verdienste in der Technologiebranche würdigen, aber auch seine exzentrischen Seiten und öffentlichen Eskapaden aufs Korn nehmen. Ein solcher «Roast» würde ihn nicht blossstellen, sondern ihn als komplexe, fast mythische Figur des modernen Kapitalismus feiern – mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Die Ironie, dass Musk selbst vielleicht über den Film lachen und ihn sogar promoten würde, wäre dabei die ultimative Pointe.

Wie Deepseek Musk in die Pfanne haut, ist ein Meisterwerk der Diplomatie

Das ist ein eigentliches Meisterwerk der Diplomatie. Deepseeks Antwort fällt oberflächlich betrachtet ausgesprochen freundlich aus. Sie attestiert Musk, Genie, Verdienste und den Status als Visionär.

Keine Frage: Deepseek würde Musk noch so gern der Lächerlichkeit preisgeben.

Doch seine Beziehung zum Geld «fast kindlich» zu nennen, ist kein Kompliment. Ich bleibe auch am Satz hängen, dass Musk, «immense Summen ins Wasser wirft». Für mich klingt das so, als ob sich Deepseek nur knapp die Formulierung, er spüle Kohle das Klo hinunter, hat verkneifen können. Und damit Musks Film-Promotion Musk zur «ultimativen Pointe» wird, muss es zwingend so sein, dass er seine Darstellung verkennt. Mit anderen Worten: Deepseek teilt uns mit, dass das eine grossartige Möglichkeit wäre, sich über Musk lustig zu machen und ihn als Kapitalismus-Hanswurst zu zeigen, der das nicht einmal kapiert.

Fazit: Die Grok-App hat ihren Reiz und ein beträchtliches Potenzial als Recherche-Instrument. Was die Prägung bzw. den «Bias» der Antworten angeht, erlaube ich mir kein abschliessendes Urteil. «Tech Crunch» hat zur Lancierung von Grok 3 geschrieben, dass Grok gemäss Studien nach links neigen würde, wenn es um Themen wie Transgender-Rechte, Diversity-Programme und Ungleichheit geht:

Musk hat dieses Verhalten auf die Trainingsdaten von Grok – öffentliche Webseiten – zurückgeführt und versprochen, Grok «politisch neutraler zu machen». Es ist noch nicht klar, ob xAI dieses Ziel erreicht hat und welche Konsequenzen das haben könnte.

xAI bzw. X.AI ist Elon Musks KI-Unernehmen.

Musks Versprechen interpretiere ich so, dass Grok deutlich nach rechts rücken soll. Wir erinnern uns, dass politische Neutralität auch das Versprechen bei der Übernahme von Twitter war, das heute als gebrochen betrachtet werden darf. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch Grok (vielleicht nicht ganz so extrem) an Musks eigene Weltanschauungen angeglichen werden wird, scheint mir hoch. Das heisst für mich zumindest vorerst nicht, dass ich von Grok abraten würde. Aber es ist keine schlechte Idee, die Antworten genau zu lesen und eine Zweitmeinung von Deepseek, Mistral oder Claude einzuholen.

Fussnoten

1) Das sind die Links, die es in die Liste der «Key Citations» geschafft haben:

Beitragsbild: Zugegeben, die Frage ist suggestiv. Die Antwort übrigens: «Trump zeigt Züge, die man als autokratisch bezeichnen könnte – insbesondere in seinem Umgang mit Macht und seiner Abneigung gegen Kritik oder Kontrolle. Faschistoide Elemente sind in seiner Rhetorik und seinem Auftreten erkennbar, aber er entspricht nicht vollends dem historischen Bild eines Faschisten wie Mussolini oder Hitler. Viel hängt davon ab, wie streng man die Begriffe anlegt: Für manche ist er ein populistischer Autokrat, für andere ein Möchtegern-Diktator mit faschistischen Anklängen, während seine Anhänger ihn als Verteidiger der Freiheit sehen. Objektiv bleibt festzuhalten, dass die demokratischen Strukturen der USA seine Ambitionen bisher eingedämmt haben.»

One thought on “Grok ist sehr unterwürfig, wenn es um Musk geht

  1. Grok hat von allen kommerziellen KIs wohl die wenigsten Einschränkungen. Er leitet problemlos an, wie Chatbots überlistet werden können, oder entwirft E-Mails für eine Phishing-Kampagne. Er erwähnt nur nebenbei, dass man das bitte nicht für böse Zwecke nutzen soll. ChatGPT verweigert solche Anfragen grundsätzlich, obwohl man ihm sagt, man mache ein Sicherheitsaudit für einen Kunden.

    Auch „satirische, beleidigende Texte“ über Prominente liefert Grok problemlos und „Masken-Diktator“ ist noch einer seiner milderen Ausdrücke für Berset. Man merkt gut, mit welchem Material er trainiert wurde…

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