Warum ich mein NordVPN-Abo gekündigt habe

Nach zwei Jahren kehre ich diesem An­bieter den Rücken. Der Grund ist nicht die Dienst­leistung selbst, son­dern das un­faire Abo­modell.

Vor zwei Jahren habe ich euch hier NordVPN vorgestellt. Das ist ein Dienst fürs Virtual Private Network, der – und das muss ich vorausschicken – seinen Zweck ordentlich erfüllt. Es gibt einen einzigen Grund für meine Kündigung. Er liegt nicht auf der technischen Seite oder beim Funktionsumfang, sondern beim Bezahlmodell.

Ich hatte für das Abo mit zwei Jahren Laufzeit 90 Franken überwiesen. Das sind 3.75 Franken pro Monat. Nicht übertrieben kostspielig, aber dennoch deutlich zu viel für meine Nutzung. Ich benötige das VPN nämlich nicht ständig, sondern nur punktuell:

  1. Ich schalte es (manchmal) im Hotel oder in anderen öffentlichen Netzwerken ein, denen ich nicht über den Weg traue.
  2. Der zweite Grund ist die Umgebung von Geosperren. Da kommt es uns sehr entgegen, dass inzwischen auch der AppleTV VPN-Verbindungen unterstützt. NordVPN hat inzwischen eine App, die es uns erlaubt, uns aus den Streaming-Katalogen aus anderen Ländern zu bedienen.
  3. Am wichtigsten ist das VPN für meine journalistische Arbeit. Wenn irgendeine Innovation für die Schweiz zwar wichtig, aber hier nicht verfügbar ist, dann probiere ich, ob ich mit Umweg über einen Server in den USA oder einem anderen passenden Land meinen Test abhalten kann. Das hat z.B. mit Google Bard (heute Gemini) hervorragend geklappt, ebenso beim Videogenerator Sora von OpenAI.

Das heisst, dass ich dauerhaft für einen Dienst bezahle, den ich längst nicht jeden Monat im Jahr verwende. Leider zeigt mir NordVPN keine Nutzungs-Historie an, sodass ich nicht genau quantifizieren kann, wie teuer mich jedes einzelne Anschalten des Datentunnels zu stehen kommt. Meine Vermutung ist: jeweils mindestens zwei Monatsgebühren.

Mit anderen Worten: Ein Flatrate-Abo ist das falsche Modell für mich. Ich käme viel besser weg, wenn ich nach der Menge der übertragenen Daten bezahlen oder auch einen Tagespass lösen könnte.

Ein solches Bezahlmodell gibt es bei NordVPN nicht, und es scheint auch bei vielen anderen Anbietern nicht üblich zu sein (mehr dazu am Schluss des Blogposts). Kein Wunder; denn wir sehen hier die typischen Mechanismen in einem hart umkämpften Markt, wie wir sie auch bei der Telefonie, z.B. mit Internetzugängen und Smartphone-Abos antreffen:

1) Der Preiskampf

Es werden relativ teure Abos angeboten, bei denen Nutzerinnen und Nutzer aber mit Vergünstigungen gelockt werden. Typisch für VPN-Anbieter: Die Rabattcodes, mit denen wir entweder dicke Nachlässe oder viele Gratismonate erhalten. Ständige Promotionen gehören ebenfalls dazu.

2) Die Flatrates

Die Flatrate scheint für Nutzerinnen und Nutzer attraktiv, weil sie sich keine Gedanken über die laufenden Kosten machen müssen. Der Effekt ist aber häufig, dass sich die Flatrate an einer Maximalnutzung orientiert und selten oder nie ausgeschöpft wird.

Massive Rabatte für die langen Laufzeiten, unübersichtliche Feature-Bündelung und Lockvogel-Angebote.

3) Die Bündelangebote

Die kennen wir zur Genüge von den Telkos, die mit ihren Tripleplay– und Quadruple play-Angeboten dieses Spielchen auf die Spitze treiben. Ich habe es längere Zeit mitgespielt, doch heute gehe ich ihm, wann immer möglich, aus dem Weg. Mit meinem Internetprovider Init7, dem Festnetzanbieter Guest-Voip und dem Fernsehanbieter Teleboy ist mir das hervorragend gelungen.

NordVPN macht das genauso: Nebst dem eigentlichen VPN gibt es auch Bedrohungsschutz, Mesh-Netzwerk, einen Passwortmanager, Datenleck-Scanner, Cloudspeicher und ein Tool zum Entfernen persönlicher Daten (Incogni). Diese Dienste lassen sich nicht einzeln buchen, sondern stehen nur über einzelne Abos zur Verfügung. So lässt sich der Preis von 3.39 Franken pro Monat oder rabattiert 81.40 Franken für zwei Jahre im Basis-Abo auf sieben Franken oder 168 Franken für zwei Jahre hochtreiben.

4) Die goldenen Fesseln

Typisch auch, dass wir als Nutzerinnen und Nutzer uns meist langfristig binden müssen. Bei NordVPN sieht man das deutlich an den Zweijahres-Abos, die Rabatte um die 70 Prozent (!) gegenüber der monatlichen Abrechnung bereithalten. Umgekehrt interpretiert, sehen wir, wie extrem teuer uns die Wahlfreiheit zu stehen kommt.

Selbst schuld?

An dieser Stelle drängt sich eine Frage auf: Bin ich selbst schuld, weil ich bei NordVPN nicht nutzte, wofür ich bezahlt habe? Konkret: Hätte ich das VPN ständig eingeschaltet lassen sollen, wie es vom Betreiber vorgesehen ist?

Auf diese Frage gibt es unterschiedliche Antworten. Ich beantworte sie für mich mit einem klaren Nein. Ich glaube nicht, dass der oft beschworene Gewinn für die Privatsphäre so gross ist, dass sich das rechtfertigt. Das wäre nur der Fall, wenn die Tracking-Massnahmen tatsächlich ausschliesslich oder zum grössten Teil bei der IP-Adresse ansetzen würden.

Doch mit den Cookies, dem Browser-Fingerprinting und den diversen anderen Trackingmethoden ist die Verschleierung der IP-Adresse längst nicht so effektiv, wie uns die VPN-Anbieter weismachen wollen. Für echte Anonymität würde ich auf Tor setzen und durch einschneidende Konfigurationsmassnahmen ergänzen, namentlich die Deaktivierung von Javascript. Denn mit den aktiven Inhalten auf Websites kann die effektive IP-Adresse herausgefunden werden, selbst wenn sie via VPN verschleiert wird.

Nutzergerechte Bezahlmodelle würden ganz anders aussehen

Lesetipp dazu: Brauchst du wirklich ein VPN? von Sicherheitsexperte Mike Kuketz. Er legt dar, dass die Virtual Private Networks auch in anderen Bereichen nicht so wirkungsvoll sind, wie die Anbieter es implizieren. Er nennt Hacker-Angriffe, Cyberbedrohungen, Identitätsdiebstahl, Passwortsicherheit und Datenleaks. Und natürlich hat die ständige Verwendung eines VPNs auch unerwünschte Nebenwirkungen: Die Übertragungsgeschwindigkeit leidet und der Energiebedarf im Netz und u.U. auch auf dem lokalen Gerät nimmt zu.

Der Markt regelt es nicht

Fazit: Ein Fall, bei dem der Markt die Sache nicht zugunsten der Nutzerschaft regelt. Nutzergerechte Angebote würden ganz anders aussehen. Für intensive Anwender ist eine Flatrate in Ordnung, aber bei den allermeisten Nutzerinnen und Nutzern wäre es sinnvoller, den effektiven Verbrauch zu einem fairen Tarif zu verrechnen.

Ich werde mich nach einem neuen VPN umsehen. Die Gratisvariante von Proton VPN (siehe auch hier) bietet sich an. Doch sie hat den Nachteil, dass sie Wahl des Serverstandorts zulässt und für die Umgehung von Geosperren ungeeignet ist – das ist wie dargelegt mein Haupt-Verwendungzweck.

Ein spannender Kandidat ist Air VPN: Hier gibt es ein Abo für drei Tage, das zwei Euro kostet: Perfekt für sporadische Tests. Ich werde mir Air VPN auf alle Fälle näher ansehen und Bericht erstatten. Und falls ihr andere Anbieter mit passenderen Bezahlmodellen kennt, dann freue ich mich über Tipps.

Affiliate-Links rechnen sich nicht

Ach ja, und ich schulde euch noch eine Antwort. Nämlich auf die Frage, wie viel das Affiliate-Programm mir eingebracht hat. Ich habe bei meiner Besprechung erwähnt, dass ich im Artikel einen Affiliate-Link auf das NordVPN-Angebot untergebracht habe. Das hat mir Kritik eingebracht, weil Affiliate-Programme es Gschmäckli haben und aus journalistischer Sicht abzulehnen sind.

Ich habe den Link damit gerechtfertigt, dass ich über den Erfolg Bericht erstatten werde. Das tue ich hiermit: Ich darf mitteilen, dass ich mit meinem Link einen Umsatz von genau null Franken erzielt habe. Das heisst, dass wirklich niemand aufgrund meines Blogposts ein Abo abgeschlossen hat.

Mit diesem Resultat bestätigt sich das Bild, das ich auch in meinem Rechenschaftsbericht zu diesbezüglichen Aktivitäten gebe: Wenn sie nicht aktiv beworben werden, bringen sie so wenig ein, dass Bloggerinnen und Blogger gerne auf sie verzichten können. Und wenn sie aktiv beworben werden – tja, dann ist die Unabhängigkeit dahin.

Beitragsbild: Es geht nichts über ein charmantes Beziehungsende (Polina Tankilevitch, Pexels-Lizenz).

One thought on “Warum ich mein NordVPN-Abo gekündigt habe

  1. Mir geht es mit den VPNs ähnlich. Falls du mal ein taugliches Gratis-VPN für gelegentliche Nutzung findest > gerne berichten. Ich habe noch nichts gefunden.

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