Folgendes Szenario: Eine Person arbeitete längere Zeit für ein grosses Unternehmen. Eines Tages ergibt es sich, dass diese Person das Unternehmen verlässt. Aus welchen Gründen sie das tut, soll uns an dieser Stelle nicht beschäftigen.
Was uns vielmehr interessiert, sind die Daten und Dokumente, die die Person beim Austritt zurücklässt. Worum es sich dabei handelt, hängt natürlich entscheidend von den Aufgaben ab, die die Person zu erledigen hatte: In vielen Fällen wird es kaum Dinge von persönlichem Interesse geben, sondern lediglich Datenbestände, die einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin zu übergeben sind.
Was auf keinen Fall zurückgelassen werden darf
Anders sieht es aus, wenn die Person beispielsweise Journalistin oder Journalist ist. Dann ist es wahrscheinlich, dass sich viel Recherchematerial angesammelt hat; Notizen, Dokumente, Scans, PDFs … Und natürlich eine Unzahl von E-Mails: Bei Berufen, in denen die Beziehungspflege wichtig ist, verschwimmen die Grenzen zwischen beruflichen und persönlichen Kontakten zwangsläufig. Allein deswegen dürfte die Person manche digitalen Informationen nicht einfach zurücklassen wollen. Die Dinge, die ins Private spielen, möchte sie sicherlich behalten. Genauso all jene Informationen, die für die Fortführung ihrer Karriere wichtig sein könnten.
Wie ihr vielleicht ahnt, ist das kein hypothetisches Szenario. Im Gegenteil: Ich wurde in den letzten Jahren immer mal wieder nach Empfehlungen zur Datenmitnahme gebeten. Es ging jeweils um die praktisch-logistische Seite. Natürlich hat die Sache auch einen juristischen Aspekt, indem sich die Frage stellt, ob ein privates Backup überhaupt rechtens ist.
Auch das ein kniffliges Gebiet, zu dem ich ein paar Worte verlieren möchte, obwohl zu meinem Kompetenzbereich lediglich die technische Beratung gehört: Einerseits ist es im Allgemeinen so, dass Unternehmen die Daten als ihr Eigentum betrachten, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner bezahlten Tätigkeit herstellt. Andererseits ist der Journalismus wie angedeutet ein Spezialfall: An seinen Texten – also auch den Entwürfen, Rohfassungen etc. besitzt die Person das Urheberrecht. Um persönliche Kontakte weiterzupflegen, sind manche Unterlagen unverzichtbar.
Damit nichts Wichtiges verloren geht
Ich kann mir ferner Situationen vorstellen, in denen die Person in der Lage sein muss, zum Schutz ihrer Quellen oder für rechtliche Belange auf altes Recherchematerial zurückgreifen zu können. Abgesehen davon würde ich nicht darauf wetten, dass alle Medienhäuser einen sorgfältigen Umgang mit den Daten der ausgetretenen Journalistinnen und Journalisten pflegen. Es kann daher ein historisches oder gesellschaftliches Interesse geben, dass die Person, die den Wert der Informationen am besten beurteilen kann, weiterhin Zugriff darauf besitzt.
Also, wie vorgehen?
Meine Erkenntnis bisher ist, dass sich die meisten Journalistinnen und Journalisten überhaupt keine Gedanken zu diesen Fragen machen. Das ändert sich schlagartig in dem Moment, in dem ihnen bewusst wird, dass sie mit ihrem Austritt den Zugang zu ihrem beruflichen Google Drive, zum Gmail-Account, zu Office 365 und zu anderen Ressourcen verlieren werden. Die Folge ist, dass oft nur kurze Zeit bleibt, eine Prozedere zur Datensicherung und -Übernahme zu entwickeln. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ablage auch nicht wohlgeordnet, sondern über die Jahre «organisch gewachsen» ist.
Nicht erst daran denken, wenn es fast zu spät ist!
Es ist also meistens fast schon zu spät, wenn ich um meine Tipps gebeten werde. Darum soll dieser Blogpost hier in erster Linie ein Plädoyer sein: Liebe Leute, überlegt euch eine kluge persönliche Strategie für eure beruflichen Daten. Organisiert sie so, dass Ihr leicht unterscheiden könnt, was einmal mitnahmewürdig sein könnte und was den Aufwand nicht lohnt. Berücksichtigt dabei die berechtigten Interessen eures Arbeitgebers.
Ich finde es auch sinnvoll, das als kontinuierliche Aufgabe zu betrachten. Meine Empfehlung lautet, die wichtigen Dokumente in sinnvollen Intervallen auf ein persönliches Gerät herunterzuladen und dort sicher zu archivieren. Abgeschlossene Recherchen und Projekte sollten routinemässig ins Trockene gebracht werden. Es scheint mir nicht paranoid, sich so vorzubereiten, als ob es jederzeit passieren könnte, dass wir den Zugang zu unseren geschäftlichen Daten mit wenig oder ohne Vorlauf verlieren.
Google ist schuld!
Jetzt kommen wir zum wirklich unangenehmen Teil. Das sind die technischen Hürden.
Es ist eine traurige Tatsache, dass die Anbieter der Cloud-Lösungen nur wenig Hilfestellung für Export und Datenübernahme bieten. Diesbezügliche Kritik soll in diesem Blogpost nur eine Nebenrolle spielen, aber ein paar Sätze kann ich mir nicht verkneifen: Leider ist es ein offenes Geheimnis, dass sich Unternehmen oft dann unkooperativ zeigen, wenn wir als Kundin oder Kunde unsere Geschäftsbeziehung beenden möchten. Ein gewisser Anteil der eigentlich wechselwilligen Leute werden so ausharren, weil sie den Aufwand und die Hürden scheuen.
Man nennt das Lock-In-Strategie. Im hier diskutierten Fall ist die offensichtlich völlig sinnlos, weil sich die Nutzerinnen und Nutzer nicht selbst für ein Produkt entschieden haben, sondern es vom Arbeitgeber vorgegeben wurde und auch die Schliessung des Accounts kein alleinstehender Entscheid, sondern die Folge des Austritts aus dem Unternehmen ist. Genau deswegen tritt in dieser Situation die hässliche Kehrseite der Cloud besonders deutlich zutage.
Es ist keine Freude, Kolleginnen und Kollegen diese bittere Wahrheit zu eröffnen. Ich erinnere mich an Beispiele, in denen es um Gmail-Accounts mit Zehntausenden Mails und Hunderten von Gigabytes ging. Eine simple Exportmöglichkeit gibt es nicht – geschweige denn, eine einfache Trennung von Wichtigem und Unwichtigem.
Denn es war jeweils so, dass 99 Prozent im Gmail-Account aus längst veralteten Pressemeldungen bestand, die keinesfalls gesichert werden müssten. Aber selbst wenn sich Leute, die Mühe machen, ihre Mails mit Labels zu organisieren, vereinfacht das den Export leider nicht. Allein deswegen bin ich kein Fan von Gmail: Diese Mailanwendung wird systembedingt fast automatisch zu einer digitalen Müllhalde. Die einzige Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, besteht darin, kontinuierlich alles gnadenlos zu löschen, was man in Zukunft nicht brauchen wird.
Also, abschliessend fünf Tipps zu Methoden, die wir in dieser Situation kennen sollten:
1) Der komplette Google-Datenexport

Er ist auch als «Takeout» bekannt. Er erlaubt es, den ganzen Datenbestand zu exportieren – wobei ich nicht beurteilen kann, ob er bei geschäftlichen Konten immer zugänglich ist. Falls ja, finden wir unter takeout.google.com eine Auswahl der Dienste, bei denen persönliche Informationen hinterlegt sind. Wir wählen aus, was wir brauchen und können dann anschliessend alles in einem Rutsch herunterladen.
Folgende Dinge gibt es zu beachten:
- Die Daten werden «roh» in unterschiedlichen Formaten ausgeliefert. Es kann knifflig sein, sie weiterzuverwenden und z.B. in andere Programme zu importieren. Das gilt insbesondere für die E-Mails.
- Es dauert eine Weile, bis das Archiv erstellt und zum Download bereit ist. Es ist daher nötig, den Export rechtzeitig anzustossen!
- Die Datenmenge ist in den allermeisten Fällen beträchtlich. Je nach Ausstattung ist es möglich oder wahrscheinlich, dass das Archiv die Speicherkapazität des privaten Arbeitsgeräts sprengt. Es ist daher sinnvoll, ein ausreichend grosses externes Speichermedium bereitzuhalten.
2) Downloads aus Google Drive
Google Drive erlaubt es, Informationen ordnerweise herunterzuladen. Dazu begeben wir uns auf drive.google.com und klappen dort den Ast bei Meine Ablage aus. Die hier aufgeführten Unterordner halten im Kontextmenü den Befehl Herunterladen bereit.
Der Root-Ordner (Meine Ablage) lässt sich auf diese Weise nicht herunterladen. Die gewünschten Informationen sollten daher in ein Unterverzeichnis verschoben und dann heruntergeladen werden. Wie oben ausgeführt, ist es sinnvoll, diese Organisation rechtzeitig so zu pflegen.
Alternativ kann auch eine Synchronisation mittels Google Drive for Desktop eingerichtet werden. Dieses Programm gibt es für Windows und Mac.
3) Von Gmail nach Gmail
Leider gibt es keine Möglichkeit, den Inhalt des alten Gmail-Kontos (Konto A) eins zu eins in ein neues (Konto B) zu übernehmen. Ein Umweg besteht darin, Konto B so zu konfigurieren, dass es Nachrichten aus Konto A abrufen kann. Konto B kann übrigens ein neues Gmail-Konto sein – es ist aber auch möglich, eine andere Webmail-Anwendung oder ein lokales Mailprogramm zu nutzen (siehe nächster Punkt). Voraussetzung ist, dass bei Konto B ein Abruf via Pop möglich ist.
Das funktioniert wie folgt:
- Wir richten in Konto A den Zugriff per Pop3 ein. Das bedeutet, dass mit einer externen Anwendung auf den Mailbestand zugegriffen werden kann. Wir klicken auf das Zahnrad-Symbol, dann auf die Schaltfläche Alle Einstellungen aufrufen. Wir öffnen die Rubrik Weiterleitung & POP/IMAP. Hier schalten wir die Option POP für alle Nachrichten (auch bereits heruntergeladene) aktivieren ein.
- Nun richten wir im zweiten Maildienst oder -programm (Konto B) den Zugriff auf Konto A ein. Dazu tragen wir die Log-in-Daten gemäss der Anleitung von Google ein: Gmail-Nachrichten über andere E-Mail-Clients mit POP abrufen
Das wars schon – theoretisch. In der Praxis kann die Datenübertragung sehr lange dauern und mühsam sein. Darum folgende Tipps:
- Falls es mit vertretbarem Aufwand machbar ist, empfehle ich, vorab das Gmail-Konto zu bereinigen, d.h. alles zu löschen, was nicht übertragen werden muss.
- Gmail stellt die Option Bei Zugriff auf Nachrichten per POP … zur Verfügung. Hier geben wir an, ob die nach B übertragenen Nachrichten in A verbleiben sollen. Falls wir Tabula Rasa machen möchten, wählen wir die Option Gmail-Kopie löschen.
Eine ausführliche Anleitung findet sich im Beitrag Auf dem Computer ein weiteres E-Mail-Konto hinzufügen in der Google-Hilfe.

4) Gmail mit einem lokalen Mailprogramm verwenden
Die Möglichkeit, Nachrichten aus Gmail weiterzunutzen, eröffnet sich in einem lokal installierten Mailprogramm. Meine Empfehlung ist für diesen Zweck Thunderbird. Dieses Programm ermöglicht es, einen Anteil der Mails oder den ganzen Bestand aus der Cloud-Ablage ins lokale Dateisystem zu verschieben. Das geht wie folgt:
- Gmail gemäss dieser Anleitung einrichten
- Die Nachrichten, die im eigenen Archiv zur Verfügung stehen sollten, aus dem Bereich des Gmail-Kontos in den Bereich lokale Ordner verschieben.
Dieser Tipp hat den wünschenswerten Nebeneffekt, dass wir die Cloud datensparsam nutzen, d.h. nur diejenigen Nachrichten online in der Webanwendung vorhalten, die wir dort auch wirklich benötigen. Alle Informationen, die wir nicht im Direktzugriff benötigen, aber aus dokumentarischen Gründen archivieren wollen, befinden sich offline auf unseren eigenen Datenspeichern. Warum das erstrebenswert ist, erkläre ich im Beitrag Drei Tipps, wie Sie Ihre Daten vor fremdem Zugriff schützen.
5) Nicht zu vergessen: das Adressbuch
Der Export des Adressbuchs ist zum Glück vergleichsweise einfach:
- Wir öffnen das Adressbuch via google.com/contacts.
- Nun wählen wir alle Kontakte aus. Dazu fahren wir mit dem Mauszeiger auf einen Kontakt, worauf sich das Bild in eine Checkbox verwandelt. Wenn wir die anklicken, erscheint oberhalb der Liste die Angabe 1 ausgewählt. Daneben gibt es einen Menüknopf, über den wir die Auswahl auf Alle ausweiten.
- Wir klicken aufs Dreipunktmenü oben rechts und dann auf den Menüpunkt Exportieren.
- Es werden drei Dateiformate angeboten: Google CSV, CSV nur für Outlook und vCard für Android oder iOS. Falls Unsicherheit besteht, welches das richtige Format ist, empfehle ich einen Export in allen dreien.
Weitere Informationen zum Thema gibt Google im Beitrag Kontakte exportieren, sichern oder wiederherstellen.

Beitragsbild: Ich, wie ich erkläre, warum der Export aus Gmail nicht so einfach ist – Symbolbild (Yan Krukau, Pexels-Lizenz).
@Matthias «Daten […], die ein Arbeitgeber im Rahmen seiner bezahlten Tätigkeit herstellt.»
Meiner Erfahrung nach sind es Arbeitnehmer, die etwas herstellen. 😉
Ja, das ist ein Fehler. Wird gleich korrigiert.
Falls auf dem Firmenrechner das Ausführen von fremden Anwendungen zugelassen ist, ist die portable Version von MailStore Home sehr nützlich, um die E-Mails zu exportieren.
Wenn Dateien exportiert werden sollen, USB-Sticks und Filetransfer-Dienste aber gesperrt sind, hilft der „Entwürfe-Trick“. E-Mail erstellen, Dateien anhängen, in den Entwürfen speichern. Zu Hause ins Webmail einloggen, die Anhänge speichern und die E-Mail löschen.
Guter Tipp, merci! Ich habe Mailstore hier im Blog und vor Urzeiten im Tagi vorgestellt.