Ein banales Spielprinzip generiert in den App-Stores Milliardenumsätze. Candy Crush Saga, Homescapes, Bejeweled, Angry Birds Blast, Toon Blast und unzählige weitere Game-Apps basieren auf der «Match 3»-Spielmechanik. Bei der müssen mindestens drei Spielsteine gleicher Farbe in eine Reihe gebracht werden, um sie zu verschmelzen. Es entsteht dann ein Powerup oder ein neuer Spielstein, der wiederum mit anderen kombiniert werden kann.
Das ist leicht zu verstehen und macht eine Menge Spass. Das wiederum eröffnet den Herstellern leider die Möglichkeit, uns Spielerinnen und Spielern mit allerhand Tricks das Geld aus der Tasche zu ziehen: «Free to Play» nennen sich die Tricks, bei denen die Spiel-App gratis ist und die Umsätze via In-App-Käufe generiert werden. Weil das anscheinend derart lukrativ ist, haben die Spielehersteller keine Skrupel, schamlos voneinander abzukupfern. Denn rechtlich ist das im Spielbereich ein ungesühntes Verbrechen.
Die Nase voll von «Homescapes»
Ich mag das «Match 3»-Prinzip, doch von den «Free to Play»-Sperenzchen hatte ich irgendwann die Nase voll. Ich habe mich darum gefragt, ob es keine Variante gibt, bei der ich von derlei Machenschaften verschont bleibe. Und nein, anscheinend gibt es das nicht. Vielleicht sollte ich selbst eine entwickeln?
Nun, ich dachte, ich hätte eine erfreuliche Ausnahme gefunden: Es handelt sich bei der um das Spiel Sliding Seas, das es fürs iPhone und für Android gibt.
Diese Variante spielt auf dem offenen Meer. In dem treiben Schiffbrüchige, die es zu retten gilt. Das tun wir nach besagtem «Match 3»-Prinzip, indem wir gleichfarbige Kacheln zusammenschieben. So werden aus dunkelblauen Wellen hellblaue und aus hellblauen ein gelber Sandstrand.
Der Sand lässt sich wiederum zu grünem Inselboden konstruieren, wodurch die im Wasser treibenden Personen erst auf Flössen landen und dann festen Grund unter den Füssen bekommen und so in Sicherheit gelangen. Je nach Level wollen die Schiffbrüchigen bloss festen Boden unter die Füsse kriegen. Manchmal geben sie sich erst zufrieden, wenn sie sich in eine Hütte verziehen können. Dann müssen wir nach «Match 3»-Methode Flösse und Hütten bauen und die aus der Seenot Geretteten in die Unterkünfte hineinbekommen.
Je nach Level gibt es zur Abwechslung wechselnde Aufgaben: Mal müssen wir die Gepäckstücke der Schiffbrüchigen einsammeln. Dann wiederum gilt es, Piratenschiffe zu versenken. Und in einem Modus sollen die Schiffbrüchigen in ihren Gummibooten zum Rettungsschiff durchrutschen.
Kein Deut besser als die Konkurrenz
Das ist originell und macht Spass. Aber erfüllt «Sliding Seas» den ursprünglichen Anspruch? Lässt es sich ganz ohne Geldmacherei spielen?
Die Antwort ist ein tiefer, verneinender Seufzer. Es gibt sämtliche Maschen der Geldmacherei auch hier: In manchen Leveln ist die Anzahl Züge beschränkt. Wenn wir die aufgebraucht haben, ohne die Mission zu erfüllen, scheitert das Level. Es kommt auch vor, dass Schiffbrüchige um Hilfe rufen. Dann müssen sie nach einer bestimmten Anzahl Zügen gerettet werden, sonst ist das Level ebenfalls verloren. Und wir haben eine beschränkte Anzahl von «Leben» zur Verfügung. Sind die aufgebraucht, müssen wir eine Zwangspause einlegen oder uns weitere Leben kaufen.
Wie es typisch für solche Spiele ist, existiert eine Schattenwährung, die der Spieler oder die Spielerin dafür eingesetzt, um sich zusätzliche Züge oder weitere Leben zu kaufen. Im Fall von «Sliding Seas» handelt es sich um Diamanten.
Virtuelle Diamanten gegen echtes Geld
Diese Diamanten werden auch für Powerups eingesetzt. Das Dynamit sprengt störende Felder und ein Wirbelsturm ordnet die Spielfelder neu an. Es wundert an dieser Stelle sicherlich niemanden, wenn ich verrate, dass es Diamanten als In-App-Kauf auch gegen echtes Geld im Store gibt: 12’000 Diamanten, macht dreissig Stutz.
Diese Geschäftsmethode ist besonders effektiv, wenn sie mit gelegentlichen Frust-Momenten kombiniert wird. Die werden in Form von besonders schwierigen Leveln eingestreut. Denn mit dem fünften, zehnten oder zwanzigsten Scheitern wächst die Bereitschaft, sich mittels Diamanten aus der Bredouille zu befreien – was bei wirklich knackigen Leveln oft nicht hilft und dazu führt, dass die kostenlos im Spiel erarbeiteten Diamanten rapide schwinden.
Die besonders rettungswürdigen VIPs
«Sliding Seas» hat in dieser Hinsicht noch eine Extra-Masche zu bieten: Das sind VIP-Schiffbrüchige, die man besonders dringend retten sollte. Falls man beim Level jedoch scheitert, ist der VIP weg – was nochmals extra frustrierend ist.
Fazit: Es bleibt die traurige Erkenntnis, dass ich heute krachend gescheitert bin, eine «Match 3»-Variante ohne diese nervende Geldmacherei vorzustellen. Ich weise die Schuld für diese Niederlage Apple zu: Apple hat es mit seinem Geschäftsmodell der In-App-Käufe im App-Store geschafft, das Angebot der Casual Games nachhaltig zu ruinieren. Und statt etwas an dieser traurigen Tatsache zu ändern, kam man in Cupertino auf die Idee, sie mit Apple Arcade für sich selbst zu monetarisieren.
Uns als Nutzerinnen und Nutzer bleibt nichts anderes übrig, als uns mit dieser Situation abzufinden. Ich darf festhalten, dass sich «Sliding Seas» spielen lässt, auch wenn wir keinen roten Rappen in den Kauf von Diamanten investieren. Es macht dennoch (meistens) Spass und im Vergleich zu den eingangs erwähnten Varianten, die alle ähnlich funktionieren, ist dem Hersteller Mugshot Games ein origineller Dreh eingefallen.
Sim City tifft auf «Match 3»
Der sieht so aus: Das Spiel wird über Levels gespielt, bei dem pro Level eine bestimme Anzahl Schiffbrüchiger oder auch deren Gepäck gerettet wird. Die Geretteten bevölkern eine Insel, die mit jedem Level grösser wird und auf der über die Zeit grössere Wohngebäude, Bungalows und Betriebe wie eine Pizzeria, Läden und andere Dinge entstehen. Es werden auch Dekorationen und Gebäude freigeschaltet, sodass wir die Insel nach unseren Vorlieben gestalten können.
Klar, auch das eröffnet Möglichkeiten, um uns Diamanten zu entlocken. Aber diese Aufbaukomponente, die an «Sim City» erinnert, ist eine schöne Methode, den Fortschritt im Spiel zu visualisieren.
Noch ein Tipp zum Schluss: Da die Felder anhand der Farben schwer zu unterscheiden sind, lohnt es sich, sie mit Zahlen zu kennzeichnen. Es gibt dafür den Zahlenknopf in den Zahnrad-Einstellungen.
Beitragsbild: Rettung ist unterwegs! (Luca Nardone, Pexels-Lizenz)