It Can’t Happen Here war einer der Gedanken, der mir gestern nicht mehr aus dem Kopf ging. Es kann nicht sein, dass ein Teil dieser Menschheit, zu der wir alle gehören, so etwas Unsinniges tut. So etwas Egoistisches, Kurzsichtiges, Realitätsverleugnendes.
Aber anscheinend kann das passieren. Und zwar hier und jetzt, auf dem Planeten Erde. Um den Bezug zum Buch von Sinclair Lewis herzustellen: Auch dort gibt es einen volksnahen Demagogen, der sich gegen Einwanderer, arme Menschen und liberale Medien richtet und abweichende Gesinnungen unterdrückt (siehe Projekt 2025). Beide machen grosse wirtschaftliche Versprechen und demontieren die Bildung. Und vor allem: Beide haben einen Namen, der wie die Erfindung eines dystopischen Romanautors klingt. Der eine heisst Berzelius «Buzz» Windrip, und der andere … naja, der klingt wie eine Comic-Ente mit einem grossen, lärmigen Rüssel.
Moment? Musk steckt hinter allem?
Wie auch immer, hier im Blog soll es nun um eine These gehen, die ich in der «Süddeutschen Zeitung» gelesen habe. Dort steht folgender bemerkenswerte Satz:
Der grösste Gewinner dieses Abends, die künftig mächtigste Person der Welt, dürfte nicht Donald Trump sein, sondern Elon Musk.
Das impliziert, Trump sei bloss die Marionette von Musk. Eine Auslegung, die den Verschwörungsmythen-Fan in mir unmittelbar anspricht.
Sie ist fast zu schön, um nicht wahr zu sein: Sie würde Trump als ignorantes Werkzeug eines genialen Bösewichts von Bond-007-Format erscheinen lassen. Viele von Musks irrationalen Taten ergäben plötzlich Sinn. Der Kauf und die politische Neuausrichtung von Twitter wirkten auf die meisten von uns wie wirtschaftlicher Selbstmord, sosehr sind die Werbeeinnahmen zusammengebrochen. Doch natürlich: Als strategische Investition war das ein genialer Schachzug. Wenn es Trump auch dank Twitter als Musks Marionette nochmals ins Präsidentenamt schafft, dann rentiert sich eine Investition von 44 Milliarden allemal.
Leider geht diese Hypothese schon zeitlich nicht auf. Musk ist, nach allem, was wir wissen, erst in der jüngsten Vergangenheit zum republikanischen Wahlhelfer geworden: Die Solidarisierung erfolgte nach dem Attentat im Juli; mehr als zwei Jahre nach der Übernahme. Ein genialer Masterplan würde kaum von einer solch unvorhersehbaren Wendung abhängen.
Bloss gute, alte Korruption?
Das bedeutet aber nicht, dass Musk nicht irgendwann erkannt hat, wie er seine politischen und seine geschäftlichen Interessen (Regierungsaufträge, Regulierung in seinem Sinn, steuerliche Vorteile) auf wundersame Weise in Einklang bringen kann. Denn dass Trump ihm nach seinem Wahlsieg für die Unterstützung einen grossen Gefallen schuldig ist, liegt auf der Hand. Wie der aussehen könnte, hat das ZDF neulich einleuchtend analysiert:
Seine Unternehmen SpaceX und Tesla sind in hochregulierten Branchen tätig und geraten regelmässig mit den Behörden in den USA aneinander. Der Tech-Analyst Rob Enderle warnt, sollte Trump die Wahlen in den USA gewinnen, dann könnte Musk künftig quasi «dafür zuständig sein, sich selbst zu beaufsichtigen – was ihm potenziell die Macht gibt, alles zu tun, was er will».
Müssen wir die Idee unserer grosse Verschwörung also beerdigen? Haben wir es mit einer klassische Verbandelung von Wirtschaft und Politik zu tun, wie es sie schon seit ewig gibt – und die Trump zumindest in seiner ersten Amtszeit noch vehement bekämpfen wollte (Drain the swamp)?
Auch bei «The Atlantic» steuert Musk den Präsidenten fern
Nein. Zum Glück hält «The Atlantic» die schöne Theorie mit dem Artikel What Elon Musk Really Wants am Leben. Dort heisst es:
Der Tesla- und X-Mogul träumt schon lange davon, die Welt nach seinem eigenen extremen Bild umzugestalten. Trump könnte sein trojanisches Pferd sein.
Ich bin leider an der Paywall hängen geblieben. Es muss darum offen bleiben, ob Trump nun eine Marionette, ein williger Helfershelfer, eine Sockenpuppe oder das trojanische Pferd des Herrn Musk ist – oder nichts davon.
Ich bleibe skeptisch: Für mein Gefühl ist Musks Neigung, auch die abgefahrensten Ideen für machbar zu halten, nicht mit Trumps konventioneller und rückwärtsgewandter Denkweise vereinbar. Oder könnt ihr euch vorstellen, dass Trump sich einen Chip von Neuralink implantieren lässt oder einem humanoiden Roboter für gewisse Gefälligkeiten Schweigegeld zahlen muss?
Oder dass er sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzt? Das hat Musk vor ein paar Jahren nämlich getan. Ich weiss nicht, ob er diese Idee heute noch gut findet – aber gut, auch Trump war schliesslich mal Demorkat.
Das K.o.-Argument ist aber der megalomanische Charakter, den beide teilen: Die werden zusammenspanne, solange der eine dem anderen nützt und umgekehrt – und keine Sekunde länger.
Beitragsbild: Bist es du, Donald? (Vfintarts, Pixabay-Lizenz)
@Matthias / @MrClicko …oder ist es evt. nicht russland, dass nun ua über ihren fanboy ihren untertan an der macht stellten?
:mastodon: https://chaos.social/@kubikpixel/113434560389310951
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@kubikpixel @Matthias Das ist ein Aspekt, den ich schwer einschätzen kann. Falls Musk tatsächlich seit Jahren mit Putin herumkaspert (https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-10/elon-musk-kontakt-wladimir-putin-bericht), dann wirft das Fragen auf. Natürlich vor allem die, wer hier wen manipuliert. Im Fall Trump scheint mir die Sache klar. Aber auch bei Musk bin ich mir nicht sicher, ob der sich nicht von Putin einseifen lässt.
Ist der amerikanische Wahlkampf und generell sehr oft die Politik nicht sowieso eigentlich nichts anderes als ein simples Investitionsgeschäft? Ein Kandidat bekommt Unterstützung von Investoren für den Wahlkampf und den Aufbau. Wie bei einem Startup. Sobald der Laden läuft und ein politisches Ziel erreicht ist, erwarten die Investoren den (vorher vereinbarten) Kickback. Sie wollen mit dem Deal schliesslich ein Geschäft, sprich Gewinn machen. Ich denke nicht, dass die Bromance von Elon und Donald von langer Dauer sein wird. Aber für einen kurzen Deal sind beide immer zu haben. Und das Schlimme ist: es funktioniert.