Earth.fm steht wunderbar quer in der Online-Landschaft: Es gibt dort zwar multimediale Inhalte. Aber es gibt keine Influencer, kein Clickbaiting, weder überkandidelte Moderatoren noch Spendenaufrufe oder die Forderung, man solle den Clip doch gefälligst mit einem Like versehen.
Nein, diese Website hat sich den Geräuschkulissen unserer Welt verschrieben. Wie Spotify, einfach für die Klänge der Welt: Hier hören wir Wolfswelpen aus Schweden, hier das schmelzende Eis auf dem Lai da Ravais-ch Suot oder hier das mitternächtliche Konzert von Fröschen aus einer Marsch in der Nähe von Mashiko, Japan. Einige Hundert Aufnahmen stehen über die Website oder die Smartphone-App (für iPhone und Android) bereit.
Perfekt zur Entspannung

Die Aufnahmen kommen ohne jeglichen Kommentar aus. Sie eignen sich hervorragend zur Hintergrundberieselung und als Mittel zur Entspannung; auch als Alternative zu Noisli. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir auch wunderbar zu diese Sounds einschlafen können. Ausprobiert habe ich es indes selbst nicht, weil meine bevorzugte akustischen Einschlafhilfe Hörbücher und Podcasts sind.
Es gibt Wiedergabelisten zu Themen, wie hier die Sommerklänge oder – natürlich! – tolles, variantenreiches Vogelgezwitscher. Es gibt auch nach Stimmungen sortierte Playlists, bei denen Rubriken wie Geheimnisvoll, Ruhig, Verträumt, Schaurig oder auch Intensiv zur Auswahl stehen. In letzterer gibt es Gewitter, Bienen oder Windgeheul zu hören. Registrierte Nutzerinnen dürfen auch eigene Wiedergabelisten anlegen.
Die Schweiz hat Aufholbedarf
Die Aufnahmen sind auch geografisch erschlossen, sodass wir über die Kartenansicht uns eine bestimmte Region anhören können. Die Schweiz ist bis auf eine Aufnahme aus dem Graubünden terra incognita. Bloss eine Aufnahme von Nernier am französischen Ufer des Genfersees könnte man fast noch als einheimisch betrachten.
Fazit: Ein tolles, unaufgeregtes Projekt, das Naturfreunde und Audiofans gleichermassen erfreuen sollte. Natürlich wir auch eigene Aufnahmen beisteuern. Eine ausführliche Anleitung erklärt Details zur Ausrüstung und zur Aufnahmetechnik und gibt die Empfehlung ab, die Geräusche mit 32-Bit Fliesskomma aufzuzeichnen. Das gibt ziemlich dicke Dateien, aber auch die Möglichkeit, auch sehr leise Geräusche gut hörbar zu machen. Aber natürlich dezent, ohne einen brutalen Kompressor drüberzubügeln.
Auch eine Quelle für Audio-Rohmaterial?
Bleibt eine Frage: Dürfen die Aufnahmen auch weiterverwendet werden? Ein solches Klangarchiv wäre eine grossartige Fundgrube für Atmo, also für die stimmungsvollen Hintergrundgeräusche in Hörspielen und Filmen. Die Nutzungsbestimmungen lauten zu diesem Punkt wie folgt: «Die Inhalte, die Sie ins Forum stellen, gehören Ihnen, und Sie entscheiden, welche Erlaubnis Sie anderen dafür geben.»
Eine freie Lizenz via Creative Commons ist somit möglich, aber anscheinend nicht üblich: Ich habe keine Aufnahme gefunden, bei der eine CC-Lizenz ersichtlich gewesen wäre. Als Quelle für Audio-Rohmaterial ist Earth.fm daher weniger interessant – wobei wir natürlich die Möglichkeit haben, den Urheber einer Aufnahme zu kontaktieren und die Rechte anzufragen. Wenns schneller gehen muss, gibt dieser Beitrag Tipps für Soundarchive; bitte die Liste am Ende beachten.
Beitragsbild: Wenn er gleich losheult, ist er demnächst auch im Netz zu hören (Thomas Bonometti, Unsplash-Lizenz).
@Matthias habe das gerade mal ausprobiert und ich habe da ohne zu zahlen nur 30min hörzeit pro tag? das ist doch weit entfernt vom Gedanken von #creativecommons ?