Die Bildschirmzeit ist jene Funktion, die Apple 2018 mit iOS 12 einführte. Sie protokolliert, wie lange wir ein Gerät nutzen und mit welchen Apps wir uns beschäftigen. Und sie ermöglicht, Einschränkungen zu treffen und den Zugriff auf bestimmte Apps und Funktionen zu unterbinden.
Eigentlich eine gute Sache. Allerdings stelle ich fest, dass viele Nutzerinnen und Nutzer mit dieser Funktion nicht wirklich etwas anfangen können. Das hat meines Erachtens den Grund, dass die Bildschirmzeit mehrere Anwendungsfälle gleichzeitig abdecken soll.
Unterschiedliche Anwendungsfälle in einer App
Ich versuche, Licht ins Dunkel zu bringen, indem ich die Anwendungsfälle explizit auseinanderdrösle – und hier den ultimativen Bildschirmzeit-Leitfaden präsentiere:
- Die Bildschirmzeit will uns einen bewussten Umgang mit Telefon und Tablet ermöglichen, indem sie uns aufzeigt, wie lange wir mit dem Gerät interagieren und welche Apps wir nutzen.
- Sie hilft uns, uns selbst zu disziplinieren. Und zwar mit unterschiedlich strengen Methoden.
- Die Bildschirmzeit enthält Features für die Work-Life-Balance, gegen Dickpics und für die Gesundheit der Augen.
- Sie als Kindersicherung gedacht. In dieser Funktion findet eine inhaltliche Kontrolle statt.

Also, der Reihe nach:
1) Zum Punkt eins liefert die App ein Diagramm mit der Nutzung pro Tag oder Woche, auf Wunsch auch nach App aufgeschlüsselt. Diese Angaben finden sich in den Einstellungen bei Bildschirmzeit unter Alle App- und Webaktivitäten anzeigen.
2) Zum Punkt zwei zählt die Möglichkeit, die Nutzung einzelner Apps oder der Apps bestimmter Kategorien wie soziale Netzwerke, Spiele, Unterhaltung oder bestimmter Websites zeitlich zu beschränken. Diese Möglichkeiten finden sich in den Einstellungen bei Bildschirmzeit > App-Limits. Es gibt die Möglichkeit, pro Wochentag unterschiedliche Limits festzulegen. Normalerweise kann das Limit nach Ablauf verlängert werden. Diese Möglichkeit lässt sich über die Checkbox Am Ende des Limits blockieren deaktivieren. Allerdings fehlt die bei iOS 18 – dem Grund dafür gehe ich derzeit nach.
Etwas radikaler ist die Funktion Auszeit: Ist sie aktiv, kann mit dem iPhone bloss telefoniert werden, und es stehen die Apps von der Positiv-Liste zur Verfügung. Diese Liste wird übrigens in den Einstellungen unter Bildschirmzeit > Immer erlauben gepflegt.
3) Die dritte Kategorie ist wiederum ein Sammelbecken für mehrere Dinge:
- Die Kommunikationssicherheit: Dieses Feature soll Nacktfotos erkennen und unkenntlich machen, bevor sie angezeigt bzw. versandt werden.
- Die Kommunikationslimits: Der eigentliche Clou dieser Funktion scheint mir die Option Während der Auszeit zu sein. Sie sorgt dafür, dass nur Nachrichten mit bestimmten Kontakten ausgetauscht werden können. Es liegt auf der Hand, auf diese Weise den Chef oder die Chefin auszusperren. Als konkrete Hilfe zur Durchsetzung des Gesetzes auf Nichterreichbarkeit, das es in Australien gibt.
- Die Bildschirmentfernung: Sie sagt uns im Ton einer liebenden Mutter, dass wir das Gerät nicht so nah vors Gesicht halten sollen – was mir als kurzsichtigem Menschen völlig gegen den Strich geht.
Die Sperre macht den entscheidenden Unterschied
4) Wie bei Punkt vier erwähnt, lässt sich die Bildschirmzeit auch als Kindersicherung nutzen. Zu der gehören die Beschränkungen, die wir uns natürlich auch selbst auferlegen könnten, die aber nur bei einem von einem jungen Familienmitglied genutzten Gerät Sinn ergeben. Und ein entscheidender Unterschied ist, dass wir als erwachsener Mensch die Beschränkungen umgehen dürfen, Kinder jedoch nicht. Der entscheidende Knopf heisst Einstellungen für die Bildschirmzeit sperren. Wenn er eingeschaltet ist, können die Sprösslinge die Limits nicht umgehen oder aushebeln – sonst natürlich schon.
Und klar: Wer sich disziplinieren will, aber dazu neigt, die Limits ständig zu unterlaufen, der sich die Einstellungen vom Partner oder der Partnerin bzw. einem Vertrauensmenschen aus der Nachbarschaft sperren lassen. Ich würde allerdings empfehlen, den Code auf einem Zettel festzuhalten, der dann beim Notar oder im Bankschliessfach hinterlegt wird.
Zurück zu den für Kinder gedachten Einstellungen. Die finden sich in den Einstellungen bei Bildschirmzeit unter Beschränkungen. Folgende Bereiche gibt es hier:
- Wir können verbieten, dass der Nachwuchs Apps aus dem Store lädt – gleichgültig, ob kostenlos oder bezahlt –, In-App-Käufe tätigt oder Apps löscht.
- Es ist möglich, den Zugriff auf bestimmte Apps sperren.
- Es lässt sich regulieren, welche Inhalte in den Bereichen Musik, Film, TV-Serien, Bücher, Podcasts, Nachrichten und Fitness zulässig sind. Es ist möglich, anstössige Inhalte zu blockieren oder ein Alterslimit für Apps einzurichten.
- Fürs Surfen stehen die Kriterien Unbeschränkt, Nur jugendfreie Websites und Nur genehmigte Websites zur Auswahl.
- Siri kann verboten werden, Websuchen durchzuführen. Und es gibt die Option Anstössige Sprache, wobei ich es noch nie erlebt habe, dass Siri mir einen dreckigen Witz erzählt hätte.
- Einige Optionen gibt es unter Game Center auch für Games, z.B. zur Kontrolle der Kommunikation.
Eigentlich ein aussichtsloses Unterfangen
Zugegeben: So viele, teils unterschiedliche Bedürfnisse in einer App unter einen Hut zu bringen, die gleichzeitig überschaubar und einfach zu benutzen sein soll, ist ein Spagat. Trotzdem wäre die App sicher leichter zu verstehen und zu benutzen, wenn die Funktionen nach Sinn und Zweck getrennt wären.
Es kommt ein Aspekt dazu: Bei iOS und iPad OS gibt es eine zweite, ziemlich komplexe Funktion mit einer ähnlichen Stossrichtung. Die Fokus-Einstellungen sind dazu da, das Telefon für bestimmte Situationen wie die Arbeit, Reisen, Sport oder den Feierabend anzupassen – mit unterschiedlichen Homescreens, mehr oder weniger Benachrichtigungen und Kontaktmöglichkeiten.
Man kann das so unterscheiden:
- Die Fokus-Einstellungen steuern das, was vom Gerät auf den Nutzer einprasselt.
- Und die Bildschirmzeit regelt, welche Zugriffe vom Benutzer auf das Gerät erfolgen.
Das sind zwei Seiten der gleichen Medaille: Je nach Lage der Dinge soll das Gerät Arbeitsinstrument, Mittel zur Zerstreuung und Unterhaltung sein – oder uns in Ruhe lassen.
Die Komplexität in beiden Funktionen rührt daher, dass es sehr schwierig ist, den wechselnden Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Es ist ein Zeichen unserer Zeit, dass wir oft selbst nicht so genau wissen, ob wir eigentlich arbeiten, uns unseren Hobbys widmen oder Zeit vertrödeln. Die Grenzen sind wegen Homeoffice, BYOD, Pendeln und unausgewogenen Work-Life-Balances fliessend – also wie soll da die Software angemessen reagieren?
Vielleicht wäre das etwas für die Apple Intelligence? Vielleicht könnte die tatsächlich anhand vager Signale erkennen, was wir tun, wie viel – und welchen – Input wir benötigen und womit wir uns beschäftigen sollten und womit nicht. Und ja, ich weiss schon, was diese Idee impliziert: Nämlich, dass wir Verantwortung an die KI delegieren und Einfluss einräumen würden. Andererseits: Wenn sie das transparent und kontrolierbar tut – wieso eigentlich nicht?
Beitragsbild: Mit der Option «Auszeit» ist das iPhone tatsächlich (fast) nur noch zum Telefonieren gut (Liza Summer, Pexels-Lizenz).