Die wichtigsten Punkte zu Windows auf ARM-PCs

Microsofts Betriebs­system eman­zi­piert sich von den Intel- und AMD-Prozes­soren. Was sind die Chan­cen, was die Risiken? Ant­wor­ten auf die fünf bren­nends­ten Fragen.

Dank eines Lenovo-Testgeräts habe ich die Gelegenheit, mit Windows on ARM herumzuspielen. Das ist eine Variante von Microsofts Betriebssystem mit einem entscheidenden Vorteil: Sie läuft auf energiesparenderen Prozessoren und ermöglicht beim Laptop deutlich längere Batterielaufzeiten.

Aber was sind die Nachteile und was müssen wir sonst noch wissen? Hier die entscheidenden Punkte:

1) Welche ARM-Rechner gibt es?

Bei Digitec finden wir mit den Snapdragon-Prozessoren von Qualcomm knapp 90 Modelle zur Auswahl, u.a. neueste Surface-Modelle von Microsoft, das erwähnte Yoga Slim 7x von Lenovo, das Medion Sprchrgd (soll wohl «Supercharged» heissen) und einige weitere Modelle von Asus, Xiaomi, HP, Dell und Acer. Die grösste Auswahl kommt von Microsoft.

Einen interessanten Vergleich finden wir bei «The Verge»: Er liefert Benchmarks zu einem Dutzend Windows-PCs und als Vergleich zu zwei neuen Macbooks Pros¹. Nach der Übersicht performt das neueste Macbook am besten, gefolgt vom Samsung Galaxy Book4 Edge (bei Amazon um die 1500 Euro).

2) Wie steht es um die Kompatibilität von herkömmlicher Software?

Auch beim genauen Hinschauen sieht Windows 11 in der ARM-Variante genauso aus wie das normale Windows für Intel und AMD. Was ist aber mit den Apps für die herkömmliche Windows-Version?

Ich nenne die hier x64-Programme. Die gute Nachricht ist: Die meisten davon können verwendet werden. Leider gilt das nicht durchgängig. Denn sobald eine App eine gewisse Hardware-Nähe entwickelt oder unorthodoxe Charakteristika aufweist, muss mit Problemen gerechnet werden.

In dieser Datenbank lässt sich nachsehen, welche Programme mit ARM-Prozessoren harmonieren und welche nicht.

Eine Übersicht liefert windowsonarm.org: In einer Datenbank recherchieren wir nach den Programmen und erhalten dann einen Status: Apps, die als ARM-Variante vorliegen, werden als native gekennzeichnet. Solche, die via Prism ausgeführt werden (siehe nächster Punkt) erscheinen als emulated und bei den Programmen, bei denen wir Pech haben, lautet das Verdikt not supported.

3) Wie stellt Microsoft die Kompatibilität von x64-Programmen sicher?

Anders als bei älteren ARM-Versionen von Windows (z.B. dem unrühmlichen Windows RT) werden x64-Programme durch eine Emulation automatisch übersetzt. Diese Funktion heisst Prism, ist vergleichbar mit Rosetta 2 von Apple und wird bei Microsoft ausführlich beschrieben:

Prism ist speziell für Qualcomm Snapdragon-Prozessoren optimiert und abgestimmt. Einige Leistungsfeatures in Prism erfordern Hardwarefeatures nur in der Snapdragon X-Serie, aber Prism ist für alle unterstützten Windows 11 auf Arm-Geräten mit Windows 11 24H2 verfügbar.

Und:

Ein Dienst speichert diese übersetzten Codeblöcke zwischen, um den Aufwand für die Übersetzung von Anweisungen zu verringern und eine Optimierung zu ermöglichen, wenn der Code erneut ausgeführt wird. Die Caches werden für jedes Modul erstellt, sodass andere Apps sie beim ersten Start nutzen können.

Das erklärt meine Beobachtung, dass x64-Programme bei der ersten Ausführung mit einer kurzen Verzögerung starten, danach aber kein Unterschied zum nativen Betrieb mehr festzustellen ist.

4) Was läuft nicht?

Microsoft gibt in einem Supportdokument Hinweise darauf, wo wir Abstriche machen müssen. Ein Knackpunkt ist natürlich die Peripherie. Externe Geräte benötigen einen nativen Treiber, den vermutlich selbst bei neuen Produkten viele Hersteller nicht parat haben dürften. Wer auf externe Hardware angewiesen ist, muss wohl noch auf längere Frist bei der x64-Variante von Windows bleiben.

Microsoft erwähnt auch Games als Knackpunkt, ferner Hardware-nahe Hilfsprogramme, z.B. Eingabemethode-Editoren (IME), Sicherheitsprogramme und Virenscanner und – oh Schreck! – Windows-Fax und -Scan.

Welche Windows-Version wir vor uns haben, ist schwer zu erkennen. Die Systeminformationen geben aber Aufschluss.

5) Wie lassen sich Kompatibilitätsprobleme beheben?

Microsoft hat die Kompatibilitätseinstellungen bei Windows on ARM ausgeweitet. Diese Einstellungen finden sich in den Eigenschaften zu einem ausführbaren Programm.

Zu diesen gelangen wir am einfachsten, indem wir im Startmenü das Icon eines Programms mit der rechten Maustaste anklicken und Dateispeicherort öffnen aus dem Kontextmenü wählen. Es kann sein, dass dieser Befehl im Untermenü Mehr steckt. Falls der Befehl komplett fehlt, handelt es sich wohl um eine UWP-App, bei der keine Kompatibilitätseinstellungen vorgenommen werden können.

Windows öffnet daraufhin den Programs-Ordner, in dem die Verknüpfungen zu den Apps zu finden sind (mehr dazu siehe hier). Wir klicken die gewünschte mit der rechten Maustaste an und wählen Eigenschaften aus dem Kontextmenü aus. Im Dialog öffnen wir den Reiter Kompatibilität. In dem sehen wir nebst den herkömmlichen Einstellungen im Abschnitt Windows auf ARM auch den Knopf Emulationseinstellungen ändern. Wenn er ausgegraut ist, handelt es sich um ein natives ARM-Programm, das keine Emulation benötigt.

Hier ist zu sehen, ob ein Programm nativ oder emuliert läuft. Für die Emulation gibt es Einstellungen zur Kompatibilität.

Falls nicht, erscheint beim Klick ein weiterer Dialog, der so vollgepackt ist, dass in Deutsch nicht der ganze Text vollständig sichtbar ist. Wir haben hier die vier Emulations-Varianten Standard, Sichere Emulation, Strenge Ausführung und Sehr strenge Ausführung zur Auswahl, darunter diverse Emulationseinstellungen². Was die bewirken, kann ich derzeit nicht abschliessend beurteilen.

Darum empfehle ich bei Problemen mit einer x64-Variante das Prinzip von Versuch und Irrtum: Einfach einmal alle Optionen aktivieren. Wenn es dann klappt, können wir versuchen, eine Option nach der anderen wieder abzuschalten. So sollte sich eingrenzen lassen, welches Häkchen beim konkreten Problem weiterhilft. In so einem Fall freue ich mich über einen Kommentar – dann erfahre ich nämlich auch noch etwas mehr über die Praxistauglichkeit von Windows on ARM.

Fussnoten

1) Microsoft Surface Laptop 7 (15-inch), Dell XPS 13, Lenovo Yoga Slim 7x, Samsung Galaxy Book4 Edge, Microsoft Surface Pro 11 13-Zoll, Samsung Galaxy Book4 Ultra, Microsoft Surface Laptop 7 (13-Zoll), Acer Swift Go 14, MSI Prestige 16 Evo, Dell XPS 14, Apple MacBook Air 15, Lenovo Yoga Book 9i sowie Apple MacBook Pro 16 (late 2023) und Apple MacBook Pro 16 (early 2023).

2) Anwendungscache deaktivieren, Hybriden Ausführungsmodus deaktivieren, Zusätzliche leichte Emulationsschutzmassnahmen, Unterstützung von strengem, selbst veränderndem Code, Optimierung der RWX-Seitenleistung deaktivieren (nur x64-Apps) und Gleitkommaoptimierung deaktivieren (nur x64-Apps).

Beitragsbild: Man könnte sagen, dass Microsoft die Sache mit den Arm-Prozessoren auf die lange Bank geschoben hat. Im Bild das Yoga Slim 7 14Q8X9.

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