Beitragsbild: Eine Telephonkabine, irgendwo auf dem Land. Datiert zwischen 1970 und 1980 (Telefonkabine, Typ AZ44 mit Wählscheibe, Comet Photo AG Zürich/ETH-Bibliothek Zürich, CC BY-SA 4.0).
Alte Archive haben etwas Faszinierendes. Sie erlauben es uns, in der Vergangenheit zu stöbern. Vor allem erinnern sie uns daran, dass es diese alten Zeiten tatsächlich gegeben hat und sie nicht bloss eine Erfindung von den Leuten sind, die heute historische Historienschinken in Form von Büchern und Filmen produzieren.
Das zu glauben, fällt mir manchmal tatsächlich etwas schwer. Und zwar sogar dann, wenn ich mich selbst auf einem Foto sehe – in einem vergangenen jugendlichen Zustand und in einer Umgebung, die so nicht mehr existiert.
Besonders toll sind sie in digitaler Form, weil sie dann übers Internet zugänglich gemacht werden und wir in der Vergangenheit stöbern können, ohne uns in ein muffiges Archiv begeben zu müssen.
Ein logischer Grund für ein ph-Revival!
Vor ein paar Tagen ging ein neues Archiv mit alten Telephonbüchern an den Start. Und um das ständesgemäss zu würdigen, übernehme ich hier die altertümliche Schreibweise mit dem ph statt dem f, weil die Fernsprechapparate in der Zeit, um die es hier geht, so geschrieben wurden (ausser natürlich, wenn man statt Telephon das Synonym Fernsprechapparat benutzt hat).
Das Archiv findet sich unter historic.localsearch.ch, und es umfasst die Verzeichnisse von 1880 bis 1950. Die Recherche ist mühsam: Es scheint kein Index zu geben; stattdessen wird Jahr für Jahr durchgeackert. Bei einer Fundstelle stoppt die Suche und läuft erst nach einem Klick auf «Weitere Jahre» weiter.
Mit dieser Einschränkung ziehen sich Nachforschungen in die Länge. Ausserdem neigt die Website dazu, später bzw. eher früher die weitere Arbeit mit einer Fehlermeldung («The website is temporarily unable to service your request as it exceeded resource limit. Please try again later.») zu verweigern. Das birgt Verbesserungspotenzial und zwingt uns bei genealogischen Suchen zur Geduld; vor allem bei einer verzweigten Familie.
Minutenlange Suchläufe
Um innert nützlicher Frist zu konkreten Resultaten zu gelangen, empfehle ich, möglichst nach Vor- und Nachname zu suchen. Das kann allerdings zu falschen Treffern führen. Denn mein Eindruck ist, dass keine Aufdröselung nach Datensätzen vorgenommen wurde. Stattdessen wird seitenweise gesucht, sodass der Vorname nicht unbedingt zum Nachnamen passen muss. Und da wir (vermutlich) annehmen dürfen, dass auf jeder Seite die Ortschaft angegeben ist, kann für eine Abfrage auch diese Ortschaft miteinbezogen werden.
Fazit: einen riesigen Erkenntnisgewinn dürfen wir nicht erwarten. Wann wer wo einen ersten Telephonanschluss hatte, dürfte in den wenigsten Fällen ein völlig neues Licht auf die Familienhistorie werfen.
Andererseits – wer sich für derlei Dinge interessiert, der könnte doch auf Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen stossen. Ich habe nach meinem Nachnamen gesucht und den ersten Treffer im Basler Telefonbuch von 1906 gelandet: Hauser-Schüssler, an der Leonardstrasse 40, mit der Telephonnumer 4506. Ob der zur Sippschaft gehört, weiss ich nicht. Allerdings war Herr Hauser Bäckermeister, und die sind in meiner Sippschaft weitverbreitet.
Telephonbücher ohne Telephonnummern
Also, auf alle Fälle eine grossartige Tummelwiese für neugierige Seelen. Zwei Bemerkungen noch: Erstens ist mir aufgefallen, dass es auch Telelphonbücher ohne Telephonnumern gibt; zum Beispiel im Telephonbuch von Zürich 1880. Erst hat mich das erstaunt – aber es dürfte so gewesen sein, dass man damals noch nicht selbst gewählt, sondern das Fräulein vom Amt angerufen und mitgeteilt hat, dass man den Herrn Nötzli an der Ankergasse 1 zu sprechen wünscht, der Redaktor des «Nebelspalters» ist.
… was die allerschweizerischste Adresse ist, die ich mir überhaupt nur vorstellen kann.
Zweite Bemerkung: Bei Watson gibt es einen tollen Artikel zum neuen Archiv. Dort erfahren wir, dass das erste Telefonbuch der Schweiz 1880 in Zürich erschien. Auf drei Seiten gibt es 99 Einträge. Und, bemerkenswert genug, ein Mann mit dem Mädchennamen meiner Mutter gehörte zur Telekommunikations-Avantgarde der Schweiz.
Guter Typ. Jetzt weiss ich, wo meine Eltern früher genau gewohnt haben! 😉