Der Online-Shit – um den es in meiner schönen, neuen Rubrik hier geht – hat die Eigenschaft, besonders klebrig zu sein. Sind wir einmal ins Häufchen hineingetreten, bekommen wir ihn nicht mehr vom Schuh.
Wenn wir glauben, die Sohle sei geputzt und wieder blitzblank, treten wir nochmals hinein. Denn irgendein anderer Mensch aus unserer Facebook-Bubble hat das Häufchen ebenfalls gesehen, eine Kopie davon angefertigt und es uns ein weiteres Mal in den Weg gelegt.
Diese, zugegebenermassen etwas streng riechende Metapher ist entstanden, als mir neulich zum dritten Mal der gleichen Beitrag in meiner Facebook-Timeline präsentiert wurde, der schon 2016 (!) von Mimikama widerlegt worden war. Das Bild im Post zeigt eine Gruppe Jugendlicher, vielleicht eine Schulklasse, die im Museum sitzen. Aber statt die Gemälde zu betrachten, machen alle am Handy rum. Der Text dazu lautet: «Dieses Foto wurde vom Museumskurator aufgenommen. In diesem Moment wurde ihm klar, dass diese Welt im Arsch ist.»
Die handysüchtige Jugend ist schuld am Untergang der Welt
Also gleich die maximale Dröhnung: Die Welt geht unter, weil unsere Jugend handysüchtig ist und deswegen so vernagelt ist, dass sie nichts mehr um sich herum wahrnimmt.
Nun ist die Kritik an der «Jugend von heute» nicht sonderlich originell. Hier gibt es eine lustige Übersicht, in der wir lesen können, dass schon die minderjährigen Sumerer dreitausend Jahre vor Christus renitent und unnütz war:
Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte.
… hiess der Wortlaut auf einer Tontafel, den ich fast genauso in meiner Jugend zu hören bekommen habe. Aber wie angedeutet sind nicht einfach alles Smombies auf dem Foto, sondern wissbegierige junge Menschen. Sie haben am Smartphone den digitalen Museumsführer aufgerufen und Informationen zu den Werken um sie herum recherchiert.
💩➡️🪣
Recherchieren: Das ist der Vorgang, der sich der Facebook-Weltuntergangsprophet leider verkniffen hat. Sonst wäre er auf den Beitrag von Mimikama gestossen und hätte das Stinkhäufchen ins Robidog-Säckchen verfrachtet, wo es hingehört.
Oder auch nicht. Vielleicht hätte er es trotzdem gepostet, um ein paar Likes und etwas Aufmerksamkeit abzugreifen. Denn wenn man ein bisschen durch den Feed des Mannes scrollt, stösst man auf ein Video, das von Facebook als verfälscht markiert worden ist. Das Video zeigt den Mond, der wie ein riesiger Ballon über den Horizont steigt und über die Erde gleitet. Es sei am «Polarkreis gedreht worden, direkt zwischen der kanadisch-alaska-russischen Grenze».
Man könnte sich natürlich fragen, wo diese kanadisch-alaska-russische Grenze genau verlaufen würde. Und man könnte auch bei Mimikama nachlesen, dass dieser Hoax seit 2022 herumgeistert. Es handelt sich bei diesem Fakenews-Vertreiter offensichtlich um einen Wiederholungstäter.
Warum nicht die Alten etwas erziehen?
Mit anderen Worten: Für die Jugend besteht noch Hoffnung, für manche älteren Herrschaften auf Facebook leider nicht. Ich würde mir wünschen, dass Mark Zuckerberg solche erwiesenen Fakes nicht (im besten Fall) nur mit einer Warnung versieht, sondern komplett blockiert.
Und warum nicht die Weiterverbreiter ein wenig erziehen? Zum Beispiel mit einer Statusmeldung wie dieser:
«Diese Woche hast du mit falschen Beiträgen X Personen erreicht und sie dazu gebracht, Y Minuten von ihrer Lebenszeit für Fehlinformationen zu verschwenden. Darauf solltest du nicht stolz sein.»
Beitragsbild: Wenigstens haben sie kein Handy (Viktor Forgacs, Unsplash-Lizenz).