Eine App als Ersatz fürs Festnetz-Telefon

Eine Smart­phone-App als Ersatz fürs Fest­netz­te­lefon – ist das all­tags­taug­lich? Meine Erfah­rungen mit Zoiper Premium Voip und einige Tipps.

4. Juli 2023: Da die als Fussnote erwähnten Verbindungsprobleme bei eingehenden Anrufen mehr als einmal aufgetreten sind, habe ich die App aus dem Verkehr gezogen. Stattdessen benutze ich nun Groundwire. Siehe: Eine App, die das Festnetz-Telefon tatsächlich überflüssig macht.

Vor bald sechs Jahren bin ich auf einen Internetanschluss per Glasfaser (Fiber to the home) umgestiegen. Ich konnte damals der ungeliebte UPC (heute Sunrise) den Rücken kehren. Seitdem bin ich Kunde beim Winterthurer Internet-Provider Init7, was auch Jahre später noch eine glückliche Paarung ist.

Und ich habe seinerzeit auch den klassischen Festnetz-Telefonanschluss aufgegeben. Wir haben unsere alte Nummer zwar noch, aber die läuft übers Internet und den Anbieter guest-voip.ch. Dort gibt es keine Grundgebühr. Wir bezahlen nur für die abgehenden Telefongespräche. Und das hat sich ebenfalls bestens bewährt.

Wir haben seitdem zum Telefonieren ein (hier besprochenes) Gigaset-Telefon von Siemens benutzt. Das hat den Zweck erfüllt; zumindest, bis es neulich den Geist aufgegeben hat. So hat sich natürlich eine Frage gestellt: Kaufen wir einen Ersatz für dieses Telefon? Oder geht es auch ohne?

Die Antwort liegt auf der Hand: Es ist absolut nicht mehr zeitgemäss, ein Endgerät für die Festnetz-Nummer zu besitzen, wo doch (fast) alle hier im Haushalt bereits vollständig ausgestattet sind, um fernmündliche Gespräche zu führen. Ich meine damit, dass es genügend Smartphones gibt, um jegliche kommunikativen Gelüste zu erfüllen.

App statt Telefon

Die Zoiper-App ist eher zweckmässig als schön.

Die Aufgabe ist somit klar: Das Gigaset-Telefon soll durch eine App auf dem Smartphone ersetzt werden. Das funktioniert ausgezeichnet bei meinem geschäftlichen Anschluss: Anrufe auf meine Büronummer landen seit Jahren nicht mehr auf einem Telefon auf meinem Schreibtisch, sondern in einer App auf meinem iPhone. Erst war es 3CX (iPhone/Android), heute Zoom (iPhone/Android).

Der Anbieter Guest-Voip schlägt einige solche Apps vor. Eine davon ist Zoiper, die ich auf gut Glück ausprobiert habe. Sie kostet fünf Franken fürs iPhone und ist für Android in einer kostenlosen Lite-Version und in einer Pro-Version für 8.70 Franken erhältlich.

Die erfreuliche Nachricht vorneweg: Die App erfüllt ihren Zweck¹, und sie ist einfach zu konfigurieren. Das ist erfreulich, denn ich erinnere mich noch lebhaft an meinen Test mit Voip, den ich 2005 als Pionier unternommen habe: Die Hürden bei der Telefonanlage und den richtigen Router-Einstellungen waren beträchtlich.

Das Einrichten ist keine Hexerei

Für viele SIP-Anbieter gibt es vorgefertigte Profile.

Doch mit dieser App gelingt der Start in ein paar Handgriffen erledigt: In den Einstellungen bei Accounts tippen wir aufs Plus. Die App fragt, ob der Account bereits vorhanden ist, was wir bejahen. Nun können wir einen Provider auswählen oder die Einrichtung manuell vornehmen. Da Zoiper meinen Anbieter Guest-Voip kennt, brauche ich lediglich den Benutzernamen und das Passwort einzutragen – und dann ist die Sache auch bereits erledigt.

Die Vorteile, eine App auf dem Smartphone anstelle eines separaten Endgeräts zu benutzen, liegen auf der Hand:

  • Wir brauchen keine Nummern von Hand einzutippen oder eine Synchronisation einzurichten. Die iPhone-App greift auf das Standard-Adressbuch zu, sodass wir die häufig benutzten Nummern sogleich zur Verfügung haben.
  • Wir sind nicht nur zu Hause, sondern auch unterwegs erreichbar. (Zugegeben, das könnte man auch als Nachteil betrachten.)
  • Wir können Anrufe auch aufzeichnen und haben auch Funktionen wie Echounterdrückung etc. zur Verfügung.

Zwei Probleme stellen sich

Es gibt auch Nachteile. Einen teilt mir die App sogleich mit. Es erscheint nämlich ständig folgende Fehlermeldung:

Der Server, mit dem Sie sich verbinden, ist für Akku-Optimierung nicht richtig konfiguriert. Ihr Akku entlädt sich möglicherweise schneller als üblich. Bitte nehmen Sie Kontakt zu Ihrem VoiP-Provider oder Administrator des Servers der TK-Anlage auf.

Eine Anfrage beim Voip-Anbieter ergibt, dass sich dieses Problem mit über die Push-Benachrichtung lösen lässt: Dann wird das Smartphone via Benachrichtigung über eingehende Anrufe informiert und muss nicht ständig selbst beim Server vorstellig werden. Das ist absolut sinnvoll – und reduziert (mutmasslich) auch den Datenverkehr. Sie braucht ein Abo für elf Franken pro Jahr. Das erscheint mir als absolut fair, weswegen ich das Abo sogleich löse.

Der zweite Nachteil besteht darin, dass das separate Endgerät für die Festnetz-Nummer für alle Familienmitglieder zugänglich ist, das Smartphone hingegen als persönlicher Gegenstand betrachtet wird. Dieses Problem lässt sich lösen, wenn es möglich ist, dass auch mehrere Apps für die gleiche Festnetznummer benutzt werden können.

SIP-Forking?

Das funktioniert grundsätzlich: Guest-Voip und auch viele andere Anbieter unterstützten das sogenannte SIP-Forking. Es führt dazu, dass bei einem eingehenden Anruf mehrere Apparate klingeln und der Anruf bei der Person landet, die zuerst abnimmt. Das müsste theoretisch auch mit der Zoiper-App funktionieren – doch zuverlässig habe ich es noch nicht zum Laufen gebracht. Es könnte daran liegen, dass ich die App nicht zweimal gekauft, sondern über das Family-Sharing den anderen zugänglich gemacht habe. Falls jemand einen Tipp dazu hat, freue ich mich über einen Kommentar.

Fussnoten

1) Eine Ergänzung zu diesem Punkt: Nach dem Schreiben des Tests ist mir aufgefallen, dass Anrufe gelegentlich nicht an die App weitergeleitet werden. Der Anrufer hört dann, wie im Mobilfunknetz, die Meldung, die Person sei nicht erreichbar. Das könnte daran liegen, dass mein Handy sich in einem Mobilfunkloch befindet – mir scheint aber, dass das nicht immer der Fall gewesen sein kann. Darum könnte es sein, dass die App Aussetzer hat. Dazu läuft eine Anfrage beim Support der App. Falls das ursprünglich positive Bild dadurch noch getrübt werden sollte, werde ich das natürlich nachtragen, alternative Apps testen und im Blog vorstellen – ich bleibe dran.

Beitragsbild: There is an app for that (Annie Spratt, Unsplash-Lizenz).

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