Google Chrome ist ein wahnsinnig schlechter Browser

Der Markt­anteil des Google-Browsers wächst und wächst. Dabei ist Chrome bei ge­nauer Be­trach­tung ein stag­nie­ren­des und höchstens noch mittel­mäs­siges Soft­ware­pro­dukt.

Warum verwenden so viele Leute den Chrome-Browser? Das klingt wie eine rhetorische Frage, und auf eine solche könnte die Antwort wie folgt lauten: Wieso nicht? Der Chrome-Browser erfüllt seinen Zweck. Er ist leidlich schnell – und basta.

Aber ich meine die Frage nicht rhetorisch. Und klar, ich weiss schon, dass Google seine Chance 2007 eiskalt genutzt hat. Damals hat der Suchmaschinenkonzern den eigenen Browser lanciert, und zwar genau im richtigen Moment: Die Leute hatte damals die Nase gestrichen voll vom Internet Explorer. Firefox war zwar eine gute Alternative, aber bei der breiten Nutzerschaft viel weniger bekannt. Google seinerseits war in der komfortablen Lage, die schon damals die mit Abstand am häufigsten benutzte Suchmaschine zu betreiben. Und wenn dort steht, dass Chrome der beste Browser sei, dann haben das damals natürlich viele Leute geglaubt.

Trotzdem die Frage: Warum nutzen die Leute Chrome noch immer? Aus lauter Gewohnheit? Es muss so sein. Denn jedes Mal, wenn ich aus beruflichen Gründen etwas mit Chrome erledigen muss, dann komme ich zum Schluss, dass Chrome ein höchstens mittelmässiges Produkt ist.

Wenn man sich nicht so diplomatisch würde ausdrücken wollen, dann würde das Urteil lauten, dass Chrome massiv stinkt. Und nein, das ist nicht übertrieben. Hier sind fünf Gründe:

1) Chrome ist ein fetter Brocken

Die Installationsdatei von Firefox ist bei Windows um die 55 MB gross. Chrome ist im Vergleich dazu fast dreimal so gross (142 MB). Und klar, die Grösse der Installationsdatei ist keine wirklich aussagekräftige Masseinheit. Aber auch ein Vergleich der App-Pakets beim Mac macht es nicht besser: Firefox braucht 372 MB, Chrome mehr als ein halbes Gigabyte (513 MB)!

Interessanter ist natürlich der Speicherbedarf während des Betriebs. Da ist das Urteil nicht ganz so eindeutig: Hier ist Firefox am sparsamsten und Opera am verschwenderischsten, mit Chrome im Sandwich. Hier gewinnen Edge und Opera, wobei Firefox und Chrome etwa ähnlich schlecht abschneiden – aber Firefox mit weniger CPU-Last. Hier gewinnt Edge, mit Chrome auf Platz zwei und Firefox auf Platz drei.

2) Chrome hat kaum neue Funktionen dazubekommen

Schon zur Version 100 habe ich bemängelt, dass es kaum neue Funktionen gibt. Das hat sich nicht geändert.

Im Vergleich dazu ist Microsoft geradezu fleissig: Beim Edge-Browser, der seit Sommer 2020 wie Chrome auf dem Chromium-Quellcode basiert, soll ein eingebautes VPN dazukommen. Auch eine Möglichkeit für eine geteilte Ansicht (Split Screen) ist inzwischen vorhanden. Diese Funktion steckt derzeit zwar noch unter den Experimenten und muss manuell aktiviert werden¹. Aber allein das wäre für mich Grund genug, nicht Chrome, sondern Edge zu verwenden.

Das ist mal eine praktische Neuerung!

3) Bei Chrome fehlen wesentliche Funktionen

Neulich habe ich für die Tamedia den Lesemodus vorgestellt, den es in den meisten Browsern gibt. In den meisten Browsern – ausser in Chrome. Wobei: Es gibt auch in Chrome einen Lesemodus, bloss ist der standardmässig nicht eingeschaltet, sondern muss aktiviert werden. Das ist schon so, seit ich diesen Lesemodus vor drei Jahren bereits einmal erwähnt habe.

Warum läuft dieses Feature nach so langer Zeit noch immer im Experimentalstadium? Ich habe keinen Schimmer – so aufwändig kann die Fertigstellung nicht sein, zumal bei Google nicht bloss zwei Hobby-Programmierer arbeiten.

Eine Ergänzung dazu: Es fehlen auch Möglichkeiten, selbststartende Videos zu stoppen. Siehe dazu: Autoplay ist noch immer des Teufels!

4) Mankos bei der Nutzerfreundlichkeit

Chrome ist ein ziemlicher Versager, was die Bedienung angeht. Mein Paradebeispiel dafür ist das Lesezeichen-Menü, das sich bei meinem Mac wie folgt präsentiert:

Viel Spass beim Suchen!

Zugegeben; ein Teil des Problems geht auf mich und die Tatsache zurück, dass ich meine Lesezeichen bei Chrome nicht nach Ordnern sortiert habe. Trotzdem liesse sich das hübscher darstellen, indem sich die Breite des Menüs nicht am breitesten Eintrag orientiert.

Und es gibt Möglichkeiten, die Orientierung in so einem Kuddelmuddel zu verbessern. Firefox hält zu diesem Zweck die beiden Menübefehle Kürzlich verwendete Schlagwörter und Kürzlich als Lesezeichen gesetzt bereit. Das ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss bei einer völlig ungeordneten Lesezeichen-Sammlung. Aber es hilft ein bisschen – und wo Google doch von sich behauptet, so innovativ zu sein, liessen sich diese Lesezeichen doch mittels KI sortieren. Oder nicht?

5) Defizite beim Datenschutz

Es wundert nicht, dass Chrome beim Datenschutz hinter die Konkurrenz zurückfällt. Denn die Informationsbeschaffung über die Webnutzer gehört bei Google mit zum Geschäft. Klar: Der bessere Datenschutz ist der grosse Trumpf von Firefox, aber auch von Nischenbrowsern wie demjenigen von Duck Duck Go.

Doch selbst Edge hat bessere Datenschutz-Funktionen zu bieten. Microsoft hat in den Einstellungen unter Datenschutz, Suche und Dienste bei Verhindern der Nachverfolgung drei Varianten zu bieten, nämlich Einfach, Ausgewogen und Streng. Davon ist bei Google nichts zu sehen: Im Vergleich stellt Edge nur die absolut grundlegenden Funktionen bereit, plus einen Datenschutz-Leitfaden, der vor allem zur Überprüfung der Google-bezogenen Einstellungen dient.

6) Dreingabe: Google ist nicht mit Herzblut dabei

Es mag sein, dass zu Beginn Chrome eine Herzensangelegenheit von den beteiligten Entwicklern war. Denn in der Tat: Damals gab es eine grosse Lücke, die Google ausgefüllt hat. Auch ich war seinerzeit Chrome-Nutzer, weil Firefox gerade auf dem Mac annähernd unbrauchbar war und grosse Mühe hatte, mitzuhalten.

Doch das ist vorbei: Heute ist Chrome ein Teil des Instrumentariums, mit dem Google seine Vorherrschaft im Netz aufrechterhält. Das hat sich bei der Kontroverse um das Federated Learning of Cohorts (Floc; siehe Google läutet das Ende der Cookies ein) gezeigt. Mit dieser Initiative ist Google zwar nicht durchgedrungen, aber es war für mich der klare Versuch, Chrome als Waffe gegen die anderen Werbeanbieter einzusetzen, die gegenüber von Google an Tracking-Möglichkeiten verloren hätten.

Fussnoten

1) Die Aktivierung ist simpel: Wir geben in die Adressleiste von Edge Folgendes ein: edge://flags/#edge-split-screen. Wir ändern den Wert von Default auf Enabled und starten den Browser neu. Und voilà, schon ist es möglich, einen Link in der geteilten Ansicht zu öffnen, indem wir ihn mit der rechten Maustaste anklicken und Link im geteilten Fenster öffnen betätigen.

Beitragsbild: Vielleicht etwas harsch, aber nicht völlig falsch (Liam Nguyen, Unsplash-Lizenz).

9 Kommentare zu «Google Chrome ist ein wahnsinnig schlechter Browser»

  1. Zum Glück ist unter LinuxMint eigentlich immer nur der Firefox vorgesehen, allenfalls Chromium, der aber viele gleiche Mängel haben dürfte wie Chrome selber.

    Was ist eigentlich Deine Meinung zu „Brave“? Ich lese da sehr unterschiedliches.

    Anyway: ich bin für meinen Alltag mit Firefox und DuckDuckGo absolut zufrieden 🙂

      1. Vielen Dank! Ich habe ihn auch mal ausprobiert, aufgrund einer Besprechung bei distrowatch.com, habe aber, oberflächlich gesehen, keine nennenswerte Eigenschaften entdeckt, die mich besser dünkten als bei Firefox. Dass er auf Chrome basiert, habe ich inzwischen auch mitbekommen.

        Den Arc-Browser habe ich für Linux noch nicht entdeckt, ich halte mal die Augen offen.

        Kurz: ich bleibe bis auf Weiteres bei Firefox 🙂

  2. Also ich muss wirklich sagen, dass das kein guter Bericht ist und da m.E.n. sehr viel Meinungsmache dabei ist:
    1. „Ein fetter Brocken“, ist sowas von unwichtig und irrelevant. Die Größe einer Installationsdatei hat keinerlei Auswirkung auf Performance, oder was auch immer im direkten Vergleich. Da wäre es ja ähnlich sinnlos zu bemängeln, dass es manche Lieder gibt, die zu lang sind…
    2. Kaum neue Funktionen: Es werden so viele Browser mit irgendwelchen Funktionen ausgestattet, die kaum einer nutzt, eben weil viele Funktionen keinen Nutzen haben. Warum sollte man Funktionen erweitern, nur weil Andere ihre Browser damit überladen?
    3. Es fehlen „WESENTLICHE“ Funktionen, hervorgehoben wird der Lesemodus. Habe ich noch nie verwendet und sehe auch keinen Nutzen darin, lesen kann ich ja schon… Was sich in einem Besonderen Modus daran verbessern, oder verschlechtern soll, wird hingegen nicht genannt…
    4. Mankos in der Benutzerfreundlichkeit… Jedes Programm ist immer nur so gut, wie man es sich selbst einrichtet. Das ist die einzige Erkenntnis, die ich daraus ziehen kann und das ist kein Problem von Google, sondern vom Anwender.
    5.Defizite beim Datenschutz. Es ist Google. Es sollte bekannt sein, dass so ziemlich alle Browser in irgendeiner Form Daten nach Hause senden. Edge z.B. sendet weitaus mehr „nach Hause“, als Chrome… Das aber explizit Chrome anzuheften, ist schon mehr als nur Meinungsmache.
    6. Ist auch wieder ein komplett wertloser und nur fiktiver Punkt. Fehlendes Herzblut durch Änderungen der Unternehmensstruktur und -kultur zu unterstellen ist ebenso reine Meinungsmache.

    Ich bin einfach nur ein Benutzer, arbeite nicht bei Google oder was, aber dieser Bericht ist aus meiner Sicht überhaupt nicht hilfreich. Chrome bleibt für mich einer der schnellsten, benutzerfreundlichsten und zuverlässigsten Browser mit hoher Kompatibilität. Edge ist aus meiner Sicht ein Griff ins Klo…
    Schnickschnack brauche ich nicht, eher im Gegenteil. Es stört einen und ist reizüberflutend…

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