Eine App, die News-Schrott en gros liefert

Die Upday-App ist eine wich­tige, aber wenig bekann­te Nach­rich­ten-App. Unter «Top News» liefert sie viel Frag­wür­diges, aber bei den spezi­fi­schen Themen­ge­bie­ten ist sie brauch­bar.

In letzter Zeit bin ich in den Statistiken dieser Website hier ab und zu dem Eintrag de.axelspringer.yana begegnet. Er taucht als Referrer auf, was bedeutet, dass er Leserinnen und Leser auf die Website gebracht hat. Und das nicht zu knapp – darum wollte ich natürlich herausfinden, wer sich so tatkräftig um eine gute Einschaltquote bemüht.

Diese Recherche war nicht schwer: Einmal googeln, und wir erfahren, dass die Upday-App dahintersteckt. Es ist angesichts des Referrers nicht überraschend, dass die von Axel Springer betrieben wird. Sie sammelt Nachrichten aus diversen Quellen und funktioniert damit ähnlich wie andere News-Aggregatoren, namentlich Google News (Eine erstaunlich schlechte Google-App) oder die Start-App von Microsoft (Besser als Google, aber nicht brillant).

Es gibt sie seit 2016 und aufgrund einer Partnerschaft mit Samsung ist sie auf vielen Galaxy-Modellen vorinstalliert – nicht immer zur Freude der Benutzerinnen und Benutzer.

Optisch okay – inhaltlich zweifelhaft

Mit dem Steinbock, dem Widder, dem Stier und der Kanalratte, glaubs.

Doch das soll uns nicht davon abhalten, die App einer Begutachtung zu unterziehen. Es gibt sie seit 2019 auch für Nicht-Samsung-Mobilgeräte mit Android-Betriebssystem und für iOS und iPad OS. Aus dem Bauch heraus finde ich sie ansprechender als das etwas dröge Angebot von Google News und das verzettelt wirkende Layout der Microsoft Start-App. Die News-Auswahl ist allerdings nicht über alle Zweifel erhaben.

Am Tag meiner ersten Stichprobe (9. Februar 2023) liefert mir die Hauptseite als Top-Nachrichten

  • eine Story von «Blick» über Pläne zur «European Super League»,
  • ein Stück über die Verluste der Credit Suisse aus der «Luzerner Zeitung»,
  • ein Beitrag aus der NZZ über die Ski-WM,
  • ein Bericht der «Aargauer Zeitung» über die Rettung eines Skitourengängers,
  • ein Nachzug aus der «Aargauer Zeitung» zu Reaktionen auf Patrizia Laeris Me-Too-Enthüllungen
  • und noch was zum Tod eines Spanischen Fussballspielers, zur Pleite bei der Präsentation von Googles neuem Chatbot Bard, der 100 Millionen Börsenwert vernichtet habe – und so weiter.

Das Versprechen, mir hier die «Top-Nachrichten» zu offerieren, vermag die App nicht einzulösen. Die meisten der Themen sind nicht von höchster Relevanz: Nur die Querelen um die CS erachte ich als so wichtig, um hier aufgeführt zu werden. Den Bard-Flop von Google spricht mich als Tech-Journi an. Doch da ich hier der Pflichtstoff erscheinen müsste, halte ich die Meldung für deplatziert. Stattdessen müssten Themen auftauchen, von denen weit und breit nichts zu sehen ist: Das verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien, das bei Google News zuvorderst steht, gehört dazu, ebenso Selenskis Rede vor dem EU-Parlament.

Soft News statt harte Fakten

Generell liefert mir die App zu viele People-Storys und zu viel Boulevard von «20 Minuten» und «Blick». Dieser Eindruck verstärkt sich in der Rubrik Meine Nachrichten > Für dich. Hier findet sich

  • viel Clickbaiting-Quark («Wie schwer fällt einer Nonne der Zölibat – diese Nonnen beantworten die peinlichsten Fragen offen und ehrlich» von Film.tv),
  • esoterischer Unsinn à la «Rechthaber-Alarm: Mit diesen vier Sternzeichen brauchen Sie nicht zu diskutieren» («Freundin»),
  • ferner Dünnbrettbohrer-Journalismus wie «Darf man Wasser im Wasserkocher zweimal kochen?» («Schweizer Illustrierte»).
  • Und bei einigen Inhalten könnte es sich um Schleichwerbung handeln («Mit diesen Wäschekörben wird Wäsche sortieren zum Kinderspiel – hier sind sie gerade stark reduziert» von «Upday’s Choice»).

An dieser Stelle ist klar: Damit brauchen wir unsere Zeit nicht zu verschwenden. Aber vielleicht ist die App trotzdem nicht ganz nutzlos? Immerhin hält sie die Möglichkeit bereit, Themenbereiche auszuwählen: Unter Mein Profil > Meine Interessen verwalten wählen wir die Gebiete aus. Auf der obersten Ebene gibt es die Kategorien Technologie, Sport, Geld & Wirtschaft, Unterhaltung, Panorama, Politik, Autos & Motoren, Wissen & Natur, Leben & Stil, Reise, Kultur und Musik.

In die Unterkategorien abrauchen

Hier lassen sich die Vorlieben detailliert angeben.

Das allein wäre noch reichlich grob – was mir gut gefällt, sind die Unterkategorien. Bei Technologie gibt es etwa Apps, Smart Home, Games, Hardware & Gadgets, Mehr Tech, Handy & Tablets, Software & Entwicklung sowie Web zur Auswahl. Das finde ich, abgesehen von der nichtssagenden Rubrik Mehr Tech brauchbar.

In der Rubrik Meine Nachrichten stehen die ausgewählten Hauptrubriken als Reiter zur Auswahl. Und hier ist das Angebot deutlich besser: Da ich im Tech-Bereich vor allem US-amerikanische Quellen konsultiere, sehe ich viele Beiträge, die mir zuvor nicht begegnet sind. Das sind zwar selten «Breaking News», aber ein paar davon erweitern mir den Horizont und liefern Themen-Ideen.

Die App erlaubt es, für interessante Beiträge Lesezeichen zu setzen. Wir können sie über den Teilen-Knopf auch an die Pocket-App oder eine andere Leselisten-App weiterreichen. Wenn wir einen Artikel anklicken, wird über eine Browser-View von der Original-Website angezeigt. Das unterscheidet Upday von der Microsoft-Start-App, die eine schöne Leseansicht hat, aber keine Möglichkeit bietet, zur Originalquelle zu gelangen.

Die gedruckte Zeitung machts besser

Fazit: Upday kann einer «richtigen» News-App nicht das Wasser reichen. Und mit der «richtigen» App meine ich eine, bei der kein Algorithmus den News-Mix zusammenstellt, sondern ein Newsdesk-Profi, der eine Gewichtung vornimmt und die Artikel nicht nach dem Zufallsprinzip aneinanderreiht, sondern eine Dramaturgie in die Abfolge bringt – so, wie es die klassische, gedruckte Tageszeitung seit Jahrhunderten tut.

Trotzdem, für komplett nutzlos halte ich Upday nicht: Was zu den selbst ausgewählten Kategorien erscheint, ist eine gute Ergänzung zum Angebot aus anderen Quellen. Trotzdem bleibt mein Tipp, dass die primäre Quelle ein RSS-Reader wie Inoreader sein sollte.

Die von anderen Apps bekannte Möglichkeit, einen Algorithmus zu trainieren, damit er eine persönlich gefärbte Auswahl liefert, gibt es nicht. Die einzige Einflussmöglichkeit findet sich unter Mein Profil, wo wir Quellen blockieren können.

Beitragsbild: Eine Zeitung ist ein Ding, das einem News nicht wie Kraut und Rüben vor die Füsse wirft (AbsolutVision, Unsplash-Lizenz).

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