Impuls-, Fehl- und Glückskäufe

Ich inspiziere meine über die Jahre an­ge­sam­melten Kamera­ob­jek­tive und beur­teile, welche sich be­währt haben – und welche nicht.

Während einer gewissen Zeit meines Lebens hatte ich eine geheime Leidenschaft: Ich habe mir in schöner Regelmässigkeit neue Kamera-Objektive gekauft. Nicht alle davon haben sich als praxistauglich entpuppt. Darum hier meine Aufstellung mit den Objektiven, die sich für meinen Alltag mehr oder weniger bewährt haben:

AF-S Nikkor 50mm 1:1.4G

Das 50-Millimeter-Festbrennweite hat sich zu meinem Lieblingsobjektiv gemausert, das ich standardmässig auf der Kamera habe (Ein Hoch auf die Festbrennweite). Ich nutze es gern privat für Porträts und Aufnahmen, die ich in Ruhe inszenieren kann.

Es ist auch hervorragend für Gadgets und Geräte geeignet: Mit Blende 1.4 bis 2 macht es den Hintergrund schön unscharf, sodass man nicht die umliegende Wohnung, sondern vor allem das Sujet zur Kenntnis nimmt.

Für manche Objekte sind 50mm mit APS-C-Sensor eine zu lange Brennweite. Eine gute Ergänzung dazu wäre eine Festbrennweite mit 35 Millimetern. Sie steht schon seit längerem auf meinem Wunschzettel.

Sigma 50mm 1:2.8 DG Macro D

Dieses Makroobjektiv gehört zu den besagten Spontankäufen. Anfänglich war ich enttäuscht, weil es sich für Käfer, Insekten und andere Sujets der Naturfotografie nicht sonderlich eignet: Mit 50 Millimetern Brennweite müssen wir so nahe an die Viecher heran, dass sie sich gestört fühlen und verschwinden, noch bevor wir den Auslöser drücken konnten. Ich fand damals, ich hätte besser ein Tele-Makro gekauft.

Doch siehe da: Fürs Ablichten von kleinen Gadgets und für Detailaufnahmen von technischen Gerätschaften, wie ich sie fürs Blog und meinen Job immer wieder brauche, ist dieses Objektiv perfekt.

AF-S Nikkor 17-55mm 1:2.8 G ED

Dieses Zoom-Objektiv war lange Zeit meine Hauptlinse. Sie deckt einen grossen Zoombereich ab und ist mit einer durchgängigen Blende von 2.8 ordentlich lichtstark. Das schätze ich nach wie vor.

Mit 759 Gramm ist es mir inzwischen aber deutlich zu schwer. Und mit aufgesetzter Streulichtblende ist so gross, dass an unauffälliges Fotografieren nicht zu denken ist: Die Leute halten einen im Idealfall für einen Profi – und unter weniger günstigen Umständen für einen Wichtigtuer.

Heute ziehe ich kleinere, leichtere und zur Not weniger lichtstarke Objektive vor. Denn auch wenn wir bei einer modernen Kamera die ISO-Zahl hochdrehen, kommen trotzdem gute Fotos dabei heraus.

AF Nikkor 70-300mm 1:4-5.6 D

Der Grund für die Anschaffung dieses Teles war meine Vorliebe für längere Brennweiten. Ich nutze es noch immer gern für Ausflüge oder auch für Familienfeiern, wenn ich Paparazzo-mässig Bilder von Leuten machen will, die sich unbeobachtet wähnen. Es ist passt noch einigermassen gut in die Fototasche – doch dass es keinen Bildstabilisator hat, ist ein Manko.

Sigma 170-500mm 1:5-6.3 APO DG

Apropos Vorliebe für längere Brennweiten: Die hat dazu geführt, dass ich mir diesen Klotz angeschafft habe. 1,36 Kilogramm schwer ist er. Und eigentlich wollte ich nur einen Tele-Konverter kaufen, doch weil ich willensschwach bin, habe ich es mir im Fotoladen aufschwazen lassen.

Früher habe ich ihn immer mal wieder mit mir herumgeschleppt und ein paar Mal hat er sich wirklich bewährt. Nur dank ihm ist mir dieses tolle Bild hier gelungen.

Trotzdem: Wer keine wilden Tiere oder scheue Promis in freier Wildbahn fotografieren möchte, braucht dieses Objektiv nicht. Aber hergeben würde ich es trotzdem nicht.

AF Fisheye Nikkor 10.5mm 1:2.8 GED

Aus heute nicht mehr rekonstruierbaren Gründen habe ich mir seinerzeit in den Kopf gesetzt, ich müsse ein Fischaugen-Objektiv besitzen. Ich habe noch immer Freude an der höchst ungewöhnlichen Abbildung. Aber der Praxisnutzen dieses Objektivs ist gering. Stattdessen würde ich heute ein Weitwinkel mit Festbrennweite (z.B. 24mm) oder ein Ultra-Weitwinkel-Zoom wie das 14-24mm kaufen.

Das Lensbaby 2.0

Das habe ich 2008 aus einer Laune heraus gekauft. Es ist originell und lädt zum Spielen ein, aber es dürfte nicht überraschen, dass es nicht sonderlich oft zum Einsatz kommt.

Das grösste Manko ist meines Erachtens die Brennweite von 50 Millimetern: Das ist für eine Kamera mit APS-C-Sensor zu viel. Wenn es weitwinkliger wäre, liesse es sich flexibler einsetzen.

Walimex-Spiegeltele mit 800mm

Dieses Spiegeltele habe ich 2012 geschenkt bekommen. Es erfüllt kein wirkliches Bedürfnis – aber es ist ein lustiges Spielzeug. Und als im März 2020 Samsung mit beim Samsung Galaxy S20 mit Hundertfach-Digitalzoom protzte, konnte ich beweisen, dass die Linsen den Scharfrechungs-Algorithmen bei weitem überlegen sind.

AF-S Nikkor 18-70mm 1:3.5-4.5G ED

Das Kit-Objektiv, das ich zu meiner D7000 erhalten habe. Das mag ich nicht sonderlich und ich nutze es nie – ausser, wenn ich Fotos mit Polfilter machen will, weil der Polfilter aus Gründen der Faulheit fix auf diesem Objektiv aufgeschraubt bleibt.

PS: Nebst den Objektiven ist das eines meiner liebsten Foto-Hilfsmittel.

Seit Jahren ist die Objektivfamilie nicht mehr gewachsen

Abschliessend stellt sich natürlich die Frage, warum ich mit dieser Marotte aufgehört und mir schon lange kein neues Objektiv mehr gekauft habe. Das hat drei Gründe. Der erste ist – natürlich – das Smartphone. Die Kamera der aktuellen Modelle ist häufig gut genug. Als Vater bin ich darüber froh, denn mit Kind ist die Materialschlacht auf Reisen und Ausflügen schon gross genug, sodass ich es begrüsse, wenn die Kameratasche zu Hause bleiben kann.

Der zweite Grund liegt im Verschwinden der Fotogeschäfte. Eine Ursache, weswegen ich früher ab und zu mit einem neuen Objektiv nach Hause gekommen bin, war in der Auslage dieser Läden zu finden (und, wie oben erklärt, in der Überzeugungskraft der Verkäuferinnen): Dort gab es oft neue oder auch gebrauchte Linsen zu entdecken, die mich zu Impulskäufen verleitet haben. Obwohl das gar nicht meine Natur ist.

Die dritte Ursache liegt in der technischen Entwicklung und der Tatsache, dass die klassische Spiegelreflexkamera dabei ist, abgelöst zu werden. An ihre Stelle treten die Systemkameras, die andere Bajonette haben. Alle meine Objektive sind fürs F-Bajonett von Nikon ausgelegt. Würde ich auf ein spiegelloses Modell umsteigen, hätte das ein Z-Bajonett. Und klar, es gibt Adapter, um die alten Objektive an der neuen Kamera weiterzuverwenden. Aber so lange ich den Systemwechsel selbst nicht vollzogen habe, lohnt sich eine Investition weder für ein altes noch für ein neues Objektiv.

Es gäbe Gründe für einen Wechsel …

Bleibt die Frage: Warum habe ich den Wechsel noch nicht vollzogen? Meine Nikon D7000 hat inzwischen zwar zwölf Jahre auf dem Buckel. Es gäbe einige Dinge, die mich an einem neuen Modell reizen würden: Ein Display, das ausklappbar oder schwenkbar ist, wäre praktisch. Ebenso die Möglichkeit, auf einem Touch-Screen per Finger einen bestimmten Punkt scharfzustellen. Ich vermisse bei meiner Kamera das eingebaute GPS und vor allem WLAN und die Möglichkeit, die Kamera fernzusteuern und Bilder drahtlos zu übertragen.

Doch ich schiebe einen Neukauf seit Jahren vor mir her. Das liegt daran, dass ich mich nicht entscheiden kann: Ich würde an sich gern eine Systemkamera kaufen, weil die kleiner und kompakter sind. Doch mit denen komme ich nicht sonderlich gut zurecht, was an mir und meiner altersbedingten Unflexibilität liegt. Ausserdem waren mir die Modelle, die ich gern hätte, bislang zu teuer.

… aber keiner davon drängt

Für mein Budget ist das eine gute Nachricht. Und unter dem Strich hat die Sache auch einen positiven Aspekt: Nämlich die Erkenntnis, dass allen Neuerungen zum Trotz die D7000 ihren Zweck noch immer hervorragend erfüllt. Ich brauche sie und die aufgezählten Objektive regelmässig privat und für den Beruf.

Und darum ein grosses Lob an Nikon und die anderen Kamerahersteller, die der Versuchung widerstehen konnten, die Langlebigkeit ihrer Produkte mit irgendwelchen Tricks zu verkürzen. Das wäre aus kaufmännischer Sicht noch so naheliegend. Aber die ist nicht alles – und wie schon hier festgestellt, spürt man bei Nikon Traditionsbewusstsein und einen Stolz, dass die eigenen Produkte keine Wegwerfprodukte sind. Daran werde ich denken, wenn mich für mich eine gute Rechtfertigung für eine neue Kamera gefunden habe …

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