In der Wahrnehmung der breiten Bevölkerung – so sie sich denn für die Details bei den sozialen Medien interessiert – ist Mastodon eine Alternative zu Twitter. Wenn wir mit eingefleischten Nutzern sprechen, dann erklären die mit dem ersten Atemzug, Mastodon sei ein Teil des Fediversums: Dieses Fediversum ist eine eigene Sphäre im Internet, in der sich viele Dienste tummeln, die einerseits dezentral funktionieren und andererseits untereinander verbunden sind.
An dieser Stelle blicken wir entweder in verständnislose Gesichter oder aber in leuchtende Augen. Falls es euch an dieser Stelle so geht, dass ihr zur ersten Kategorie gehört und mir nicht so ganz folgen könnt, dann trotzdem die Bitte, dabei zu bleiben: Denn es soll hier darum gehen, wie wir unser eigenes Blog ins Fediversum bringen und was das für Vorteile hat. Zumindest, soweit ich das kapiert habe: Denn ich bin noch nicht so firm in der Materie, dass ich mich der «Tagesschau» als Experte aufdrängen würde, wenn die eine Extrasendung zum Fediversum planen.
Die Activitypub-Erweiterung
Also, ganz praktisch: Für Wordpress gibt es eine Erweiterung, die eine Website ins Fediversum integriert. Sie heisst Activitypub: genauso wie das Protokoll, das die Kommunikation im Fediversum zwischen den Servern und den Clients gewährleistet. Es ist am ehesten vergleichbar mit den technischen Standards, über die der E-Mail-Verkehr abgewickelt wird (Pop3 oder Imap).
Das äussert sich so, dass durch die Installation dieser Erweiterung mein Blog zu einer Instanz im Fediversum wird. Mastodon-Nutzerinnen und Nutzer können dem Blog, bzw. einem Autor des Blogs folgen, woraufhin sie die Beiträge in ihrer Timeline erscheinen. Das funktioniert auf den ersten Blick ähnlich wie die Erweiterung Mastodon Autopost, das neue Beiträge automatisch über einen Mastodon-Account veröffentlicht.
Doch es gibt einen grundlegenden Unterschied, indem Autopost einen Beitrag auf einer fremden Instanz erstellt, die Activitypub-Erweiterung die Blog-Inhalte aber an der Ursprungsstelle passend fürs Fediversum aufbereitet. Allerdings: Eine vollwertige Mastodon-Instanz entsteht dadurch nicht; dafür muss man die volle Server-Software installieren.
Erreichbar aus dem ganzen Fediversum
Die Erweiterung bewirkt, dass nicht nur die Mastodon-Nutzer bei einer «födierten» Wordpress-Website andocken können, sondern auch Nutzer anderer Fediversums-Plattformen, namentlich Pleroma, Friendica, HubZilla, Pixelfed, SocialHome und Misskey. Und auch zukünftige Dienste. Ich denke an Tumblr: Denn wie neulich dargelegt, will sich diese Blogging-Plattform ebenfalls ins Fediversum begeben.
Tumblr gibt es seit 2007 und war phasenweise eine wichtiger Teil der nicht ganz so kommerziellen Social-Media-Plattformen. Nach der Übernahme durch Yahoo hat Tumblr arg gelitten. Doch seit das Netz der Wordpress-Besitzerin Automattic gehört und der Chef dort, Matt Mullenweg, sich um den vernachlässigten Internetveteranen kümmert, besteht Hoffnung. Ich fände es jedenfalls toll, wenn auf diesem Weg eine neue, zentrale Anlaufstelle für Blogs und Medieninhalte entstehen würden, die via ActivityPub direkt gepoolt werden könnten. Aber warten wir ab.
Kommet in Scharen!
Also, durch die Erweiterung ist mein Blog im Fediversum über das Handle Matthias@blog.clickomania.ch erreichbar und aufzufinden. Nutzerinnen und Nutzer können dem Blog folgen und Antworten schreiben. Als Ergänzung dazu gibt es die Erweiterung Friends, mit der das Wordpress-Backend um eine Art Social-Media-Zentrale ergänzt wird:
Sobald ihr Freunde werdet, habt ihr beide jeweils Konten auf dem WordPress des anderen, die ihr dann verwenden könnt, um Kommentare zu verfassen oder private Beiträge zu lesen. Das Konto auf dem Server deines Freundes verwendest du einfach, indem du auf deiner Freunde-Seite auf deren Beitrag klickst.
Das klingt interessant, und es hat das Potenzial, das Gemeinschaftsgefühl in der Blogosphäre zurückzubringen, dessen Verschwinden ich vor gut einem Jahr mit Bedauern festgestellt habe. Und gut möglich, dass WordPress auch bald von Haus aus mit ActivityPub umgehen kann – zumal es inzwischen ja zum gleichen Haus wie Tumblr gehört.
Beitragsbild: Es gibt vermutlich auch einen Nachtzug ins Fediversum (Philip Myrtorp, Unsplash-Lizenz).