Ein digitales Wörterbuch für Deutsch-Nerds

Sprachnudel.de ist ein Online-Wörter­buch, das dem digitalen Duden locker Paroli bieten kann: Es liefert nicht nur ortho­grafi­sche und gram­ma­ti­kalische Anga­ben, es lädt auch zu sprach­lichen Ent­deckungs­reisen ein.

Als Reaktion auf meine Empfehlungen zu diversen Online-Wörterbüchern habe ich aus der Leserschaft Tipp erhalten, mir sprachnudel.de anzusehen. Das ist ein Nachschlagewerk, das mir gelegen kommt – zumal mich duden.de seit Kurzem grundlos beschuldigt, ich würde einen Werbeblocker verwenden und dürfe die Website daher nicht verwenden.

Die Sprachnudel sei, so heisst es auf der Startseite, über 15 Jahre gewachsen. Angefangen hat es mit Begriffen aus der Umgangssprache, die wohl als Ergänzung zum Duden gesammelt worden sind – ähnlich, wie man den «Urban Dictionary» (Wörterbuch auf urbanisch) nicht anstelle, sondern zusätzlich zu den Verzeichnissen von Cambridge, Oxford oder Collins benutzt.

Doch über die Jahre hat die Sprachnudel so weit an Umfang zugelegt, dass es heute als vollwertiges Wörterbuch gelten darf, das den Vergleich zum Duden nicht zu scheuen braucht. Im Gegenteil: Man findet alle notwendigen Informationen vor: Orthografie, Silbentrennung und Wortart, Hinweise zu Numerus und Kasus, Synonyme und zur Bedeutung.

Visitez ma tente

Mindestens so informativ wie der Duden.

Aber nicht nur das: Die Sprachnudel erklärt unter Etymologie ausführlich die Wortherkunft, zum Sprachgebrauch (ob gehoben oder umgangssprachlich) und zur Worthäufigkeit. Es gibt für viele Worte Beispielsätze, wobei wir als Nutzerin selbst Vorschläge machen dürfen, wo sie fehlen.

Besonders gut gefällt mir der umfangreiche Abschnitt «Semantik» – der sich im weitesten Sinn mit der Bedeutung des Worts befasst. Hier geben wir an, ob wir ein Wort als positiv oder negativ empfinden.

Ausserdem werden die Wörter in diverse Kategorien eingeteilt: So erfahre ich, dass das schöne Wort Fisimatenten ein Archaismus ist, d.h. ein Wort, das langsam ausser Gebrauch gerät. Ausserdem handelt es sich um ein Fremdwort (wie man im Abschnitt Wortherkunft schon erfahren hat), sowie um ein Pluraletantum. Das sind Wörter, die nur im Plural verwendet werden.

Pluraletanta, und alles, was dazugehört

Wie es sich für eine schön erschlossene Website gehört, sind diese Kategorien verlinkt, sodass wir weitere ähnliche Begriffe nachschlagen können. Ebenfalls zu den Pluraletanta zählen die Freiersfüsse oder die Schulferien. Mit anderen Worten: Wer Sprache mag, bekommt augenblicklich Lust, sich kreuz und quer durch das Lexikon zu klicken und eine oder zwei Stunden mit schönen Wörtern zu vertrödeln.

Was die Sprachnudel der Konkurrenz mit dem klingenden Namen und der Abneigung gegen Werbeblocker voraus hat, sind die umfangreichen Meta-Informationen: Es gibt hier eine Statistik zu den verzeichneten Wörtern (230’761), deren Einordnung und Klassifikation. In der Topliste gibt es jene Begriffe, die von den Nutzern mit überwiegender Mehrheit positiv bewertet worden sind – die wirft allerdings gewisse Fragen auf, zumal  Spritzmeister, Fischritze und Analraupe ganz oben stehen – was immerhin ein Beleg dafür ist, dass auch Pennäler die Website gern benutzen und ihren sprichwörtlichen Humor¹ auf altersgerechte Weise ausleben.

Achselbart? Gaudizapfen?

Wie auch immer: Um sich die Zeit mit Sprachbegutachtungen zu vertreiben, sollten wir der Rubrik Zungenbrecher einen Besuch abstatten, uns unbedingt mit den Okkasionalismen (Gelegenheitsbildungen) beschäftigen, zu denen wunderbare Kreationen wie fussnotenstark, Achselbart oder Gaudizapfen zählen und natürlich auch prüfen, ob die Sprachnudel in der Kategorie der helvetisch geprägten Wörter mithalten kann.

Wenn wir die legendäre Kompilation von schweizerischen Hochdeutsch-Ausrutschern von Sandro Benini heranziehen («Nur die Mutter hurte am Boden»), dann fehlen allerdings die meisten der dort dargebotenen Perlen: Sowohl das «Fötzeln» (Unrat aufsammeln), als auch das «Huren» (kauern) oder die «Möse» (Bluterguss bzw. Hämatom) sucht man vergeblich. Aber das ist kein Grund, der Sprachnudel in diesem Bereich die Kompetenz gänzlich abzusprechen, zumal der Eintrag fürs Zügeln auf den Wohnungsumzug verweist und bei der Stange das Biermass aufgeführt ist.

Fussnoten

1) Allerdings ist «Pennälerhumor» nicht verzeichnet, was der Sprachnudel einen Punkt Abzug einbringt.

Beitragsbild: Wörter sind wie Nudeln – sie müssen vor Gebrauch gekocht und mit weiteren Zutaten schön angerichtet werden (Pixabay, Pexels-Lizenz).

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