Android One ist noch immer ein Rohrkrepierer

Nutzer eines Nokia-Smartphones mussten lange, sehr lange auf das versprochene Update auf Android 11 warten. Nun ist es da – und leider stellt sich eher Frust denn Freude ein.

Android One sei ein Rohrkrepierer, habe ich behauptet. Anlass für diese Unmutsäusserung war der Umstand, dass mein Nokia 7.2 im Januar noch immer mit Android 10 herumdümpelte, obwohl bereits Android 12 in den Startlöchern stand. Das war meines Erachtens ein Bruch des Versprechens hinter Android One. Das ist eine Initiative von Google, die dafür sorgen sollte, dass Smartphones mit dem entsprechenden Logo mindestens für zwei Jahre mit den neuesten Betriebssystemen versorgt würden.

Auch «Android Authority» hat diesen Vorwurf erhoben und HMD Global damit konfrontiert. Das ist das Unternehmen, das die Geräte mit dem Nokia-Label heute verantwortet, und der Marketing-Chefzeigte sich erstaunlich einsichtig. Stephan Taylor antwortete wie folgt:

Ich denke, Ihre Beobachtung ist fair, um ehrlich zu sein. Wir waren mit dem Android-11-Rollout nicht sehr erfolgreich, und ich denke, wir haben dazugelernt.

Inzwischen ist Android 11 doch noch aufgetaucht. Allerdings ging auch dieses Update nicht reibungslos vonstatten. Die Frontkamera konnte beim Nokia 7.2 und auch beim Nokia 6.2 nicht mehr aktiviert werden, wie «Futurezone» Ende März vermeldete. Entweder konnte man nicht mehr umschalten oder beim Drücken auf den Knopf zum Wechseln der Kamera erschien die Meldung «Deine Kamera ist ausgeschaltet».

Es holpert, ruckelt und hakt

Ich habe mein Nokia 7.2 inzwischen auch auf Android 11 gebracht und keine Kamera-Probleme festgestellt. Allerdings erlebe ich das Gerät seit dem Update als träge und ruckelig. Die Animation beim Wechseln der Kamera bleibt in der Hälfte hängen, um nach einer knappen Sekunde aufs Live-Bild zu springen. Auch das Scrollen in beliebigen Apps ist eine holperige Angelegenheit und weder der Homescreen noch der Taskmanager sind so flüssig, wie man sich das wünschen würde.

Man kann streiten, ob das ein generelles Problem ist. Auf Twitter gibt es Nutzer, die mit Android 11 auf diesem Gerät offenbar zufrieden sind:

Allerdings habe ich ähnliche Beschwerden im Supportforum von Nokia gefunden. Ein Nutzer namens youaremylasthope (!) schreibt, der Wechsel zwischen Apps und der App-Start sei extrem langsam, und er hat auch eine Reihe weiterer Beschwerden.

Meine Schmerzgrenze liegt tief

Aber klar – hängt von der individuellen Schmerzgrenze ab, wie viel Stottern man zu tolerieren bereit ist. Ohne Zweifel bin ich durch das iPhone verwöhnt. Da Apple sowohl für Soft- als auch für Hardware zuständig ist, kann der Konzern beides optimal aufeinander abstimmen. Die Geräte haben genügend Leistungsreserven, dass selbst ein neues Betriebssystem auf einem älteren Gerät zu keinen wirklich störenden Verlangsamungen führt. Das letzte Mal, dass ich das erlebt habe, war vor zwölf Jahren, als ich iOS 4 auf das iPhone 3G installiert habe. Damals kam ich zum Schluss, ich sei von Apple ausgetrickst worden.

Hat Nokia versagt oder liegt die Schuld bei Android und Google? Das kann ich als Nutzer nicht abschliessend beurteilen. Ich habe die Vermutung, dass die Nokia-Geräte zu wenig Leistungsreserven haben, wenn sie sich ein – funktionell nicht sonderlich aufregendes – Update derart ausgebremst werden.

Nokia hat nicht geglänzt – aber Google hat versagt

Trotzdem muss ich Nokia in Schutz nehmen: Da das Betriebssystem von Google kommt, ist es für den Gerätehersteller nicht möglich zu beurteilen, welche Reserven es braucht, damit ein Android-One-Gerät während der versprochenen Laufzeit komfortabel genutzt werden kann. Google ist verantwortlich für den Android-One-Standard und muss entsprechend dafür sorgen, dass er korrekt umgesetzt wird. Dafür muss der Konzern entweder die Hardware-Anforderungen entsprechend hoch ansetzen oder bei der Entwicklung des Betriebssystems auf die Verträglichkeit zu der Gerätebasis achten.

Android One erfüllt die Erwartungen nicht.

Als Fazit bleibt es leider dabei, dass Android One ein Rohrkrepierer ist – trotz der nun erfolgten Aufdatierung auf Android 11. Erstens kam sie anderthalb Jahre zu spät und zweitens läuft sie zu wenig rund. Das zeigt für mich klar, dass die Zusammenarbeit zwischen Google und den Geräteherstellern nicht funktioniert und Google offensichtlich auch nicht in der Lage ist, eine Initiative wie Android One durchzusetzen. Das ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten – denn dass Nutzer für lahme Hardware den Softwarehersteller verantwortlich machen, weiss man, seit sich Nutzer über langsame, von Microsoft zertifizierte Hardware aufgeregt haben…

3 Kommentare zu «Android One ist noch immer ein Rohrkrepierer»

  1. Das Szenario kann ich absolut nicht nachvollziehen, mein 7.2 funktioniert mit A 11 einwandfrei. Da ruckelt nichts und die Kamera hatte noch nie Probleme. Schade ist nur das diesen Monat der Support ausläuft. Deshalb bleibe ich weiter bei Nokia wenn ich mir etwas neues hole.

    1. Bei mir hat sich die Sache leider nicht gebessert: In Kombination mit dem Microsoft Launcher treibt mich das Telefon innert kürzester Zeit zur Weissglut. Ich werde aber noch ausführlich testen, ob es mit dem Standard-Launcher besser geht.

Kommentar verfassen