Microsoft hat sich kein Bein ausgerissen

Die App Medien­wieder­gabe spielt unter Windows 11 Musik und Videos ab, hat mit dem klas­sischen Win­dows Media Player (WMP) ansonsten jedoch nicht viel gemei­sam. Ein würdiger Nach­folger?

Im Beitrag Der Windows Media Player müffelt gewaltig hatte ich seinerzeit kritisiert, dass Windows keine vernünftige App zur Musikwiedergabe vorzuweisen hat. Den Windows Media Player gibt es zwar noch, aber der ist nichts mehr als eine Behelfslösung. Darum braucht man eine Dritt-App; zum Beispiel Aimp (Zum Glück gibt es etwas Besseres als WinAmp) oder VLC UWP (Der wiedergeborene VLC-Player überzeugt noch nicht).

Die gute Nachricht ist: Mit Windows 11 hat Microsoft das Manko beseitigt. Im Betriebssystem ist eine Musik-App enthalten, die diese Bezeichnung verdient. Sie heisst Media Player Medienwiedergabe¹, hat aber mit dem klassischen Wiedergabeprogramm für Medieninhalte unter Windows (in Englisch) nur den Namen, minus das Windows, gemeinsam. Im Vergleich zum klassischen WMP ist diese neue App aufgeräumter, mit einem aufs Notwendigste beschränkten Funktionsumfang, dafür aber einer gefälligen Oberfläche.

Zu den Funktionen für die Wiedergabe zählen bei der Medienwiedergabe-App ein Equalizer, variable Wiedergabegeschwindigkeiten (von 0,25- bis zweifachem Tempo) und der Möglichkeit, zehn Sekunden zurück und dreissig Sekunden vorwärtszuspringen. Es gibt einen Miniplayer (Ctrl m), der immer im Vordergrund bleibt, zufällige Wiedergabe (Ctrl h) und Wiederholung (Ctrl t). Es existiert auch die Möglichkeit, über das Wiedergabemenü (erkennbar an den drei Punkten rechts unten im Programmfenster), die Wiedergabe auf ein externes Gerät umzulenken (Auf Gerät abspielen, Ctrl k).

Und auch nett: Zu manchen Künstlern – aber nicht allen – erscheint bei der Wiedergabe ein grossformatiges Foto als Hintergrund zum Cover und den Steuerbefehlen.

Zur Wiedergabe gibt es bei manchen Künstlern ein hübsches Foto zu sehen.

Die Wiedergabe organisieren

Was die Musikverwaltung angeht, gibt es eine Startseite mit den zuletzt abgespielten Songs und einer Übersicht der Künstler. Via Musikbibliothek erschliesst man seine lokale Musiksammlung nach Songs, Alben und Künstlern. Man hat jeweils mehrere Sortiermöglichkeiten: bei den Songs alphabetisch, nach Künstler, Album oder Veröffentlichungsjahr, bei den Alben alphabetisch, nach Veröffentlichungsjahr oder nach Künstler. Ausserdem kann man bei Songs und Alben auch eine Filterung nach Genre vornehmen. Das ist nun nicht revolutionär, erfüllt jedoch den Zweck.

Die Übersicht nach Alben, alphabetisch sortiert.

Unter Wiedergabewarteschlange sieht man die anstehenden Songs und kann auch Titel hinzufügen. Und bei Wiedergabelisten sind die Playlists zu finden. Um Songs einer Wiedergabeliste hinzuzufügen, blättert man via Musikbibliothek durch die Titel und klickt Songs mit der rechten Maustaste an; woraufhin im Kontextmenü der Befehl Hinzufügen zu erscheint. Auch Drag&Drop per Maus funktioniert. Über das Kontextmenü ist es übrigens möglich, die Metadaten eines Songs zu bearbeiten; der Befehl dazu ist Infos bearbeiten.

Die Metadaten auf Vordermann bringen

Die Medienwiedergabe-App ermöglicht es auch, fehlende Informationen via Internet abzurufen. Zu diesem Zweck stehen in der Ansicht Albuminfos bearbeiten der Befehl Albuminformationen online aktualisieren zur Verfügung. Man sieht, welche Informationen aktualisiert würden, was verhindern sollte, dass man seine Informationen verschlimmbessert.

Die Metadaten lassen sich in der App abändern oder via Web ergänzen.

Fazit: Der neue Medienwiedergabe-App erfüllt seinen Zweck; ist aber funktionsmässig kein Überflieger. Ein wenig mehr Ehrgeiz wäre nicht verkehrt gewesen. Warum keine Funktion für smarte Wiedergabelisten wie die «Genius-Playlists», die ich seinerzeit bei iTunes gelungen fand und die auch in Windows nicht verkehrt wären?

Oder meinetwegen synchronisierte Lyrics, Künstler-Informationen aus Wikipedia oder anderen Quellen oder sonstige moderne Anreicherungen, die über die absolute Basisfunktionalität hinausgehen? Auch über eine Podcast-Funktion oder Unterstützung für Hörbücher könnte man nachdenken – zumal der Windows Store diesbezüglich nicht gerade viel zu bieten hat.

Nebst Audios auch Videos – aber keine Podcasts oder Hörbücher

Nebenbei bemerkt, spielt er nicht nur Audioinhalte, sondern auch Videos ab. Bei der Wiedergabe von Bewegtbild gibt es auch die Möglichkeit, eine Ton- und/oder Untertitelspur zu wählen bzw. externe Untertitel-Dateien anzugeben.

Fussnoten

1) Als ich den Beitrag geschrieben und veröffentlicht habe, hiess die App auch bei der deutschsprachigen Version von Windows 11 «Media Player». Inzwischen trägt sie den Namen Medienwiedergabe. Ich habe den Beitrag entsprechend angepasst, um diese Umbenennung zu reflektieren.

Beitragsbild: Auch den Laptop müsste man sich nicht so an die Ohren halten, wenn man per Windows Musik würde hören wollen (Yuri Manei, Pexels-Lizenz).

2 Kommentare zu «Microsoft hat sich kein Bein ausgerissen»

  1. Die neue Medienwiedergabe ist doch nichts anderes als das alte groove !
    Die App findet tatsächlich keine Bilder von z.B. Bob Dylan oder ganz anderes Genre – Helene Fischer, und eigene Bilder lassen sich nach wie vor nicht einbinden. Cover anzeigen war schon immer möglich. Was also ist hier neu ???

  2. Warum spielt das Ding keine .m4b Dateien ab? Gibts dafür nen Codec oder ein Addon? Ich habe sehr viele Hörbücher und benutze eigentlich Itunes aber wollte der Medienwiedergabe mal ne Chance geben. Aber ohne die Möglichkeit meine geliebten Hörbücher abzuspielen, ist das Dingen nutzlos.

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