Facebook lässt Aufrufe zur Gewalt gegen Putin zu

Der Rückblick auf die Woche 10: Meta passt die Mode­rations­regeln für den Ukraine-Krieg an; Twitter ist per Tor erreich­bar, Netflix erhöht die Preise und in Windows 11 bekommt der Explorer demnächst Reiter.

Die Moderationsregeln für soziale Netzwerke sind ein einziges Minenfeld. Um den gegenläufigen Ansprüchen gerecht zu werden, müssen die Regelschreiber und die Moderatoren einen Spagat hinlegen, um den ich sie nicht beneide: Einerseits wollen sie das Recht auf freie Meinungsäusserung hochhalten und es im US-amerikanischen Sinn sehr weit auslegen. Andererseits kann es nicht im Sinn der Plattform sein, wenn sie dazu benutzt wird, zu Gewaltverbrechen aufzurufen oder Hass zu zelebrieren.

Wie knifflig das im Detail ist, zeigt eine Meldung, die ich bei Reuters gefunden habe. Demnach will Meta den Nutzern von Facebook und Instagram Aufrufe zur Gewalt gegen russische Soldaten erlauben. Das leuchtet ein, weil es gar nicht anders geht: Wenn man gutheisst, dass die Ukrainer ihr Land militärisch verteidigen, dann muss man auch die Gewalt akzeptieren und implizit befürworten – denn Krieg ohne Gewalt ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Im Beitrag heisst es weiter:

Das Social-Media-Unternehmen erlaubt auch vorübergehend einige Beiträge, die zum Tod des russischen Präsidenten Wladimir Putin oder des weissrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko aufrufen, wie aus internen E-Mails an seine Inhaltsmoderatoren hervorgeht.

Auch diese Regel geht mir im Prinzip gegen den Strich; auch wenn sie bei kühler Abwägung Sinn ergibt: Die Frage, ob ein Putsch in Russland, der mit dem Tod Putins enden könnte, muss diskutiert werden. Sie wird auch diskutiert; der deutsche Politikwissenschafter und Konfliktforscher Herfried Münkler hat im «Tagesgespräch» des Schweizer Radios auch auf eine entsprechende Frage geantwortet, dass er erstens nicht damit rechnet und es zweitens für unwahrscheinlich hält, dass ein vernünftigerer Herrscher nachkommen würde.

Deswegen halte ich nichts von solchen Aufrufen, aber ich halte die Abwägung von Facebook für vernünftig – auch mit dem Hinweis, dass Gewaltaufrufe gegen russische Zivilisten nicht toleriert würden.


Twitter ist neu via Tor erreichbar

Bekanntlich ist Twitter in Russland inzwischen gesperrt. Diese Sperre lässt sich seit Kurzem aber mittels Tor-Netzwerk (Tor ist ein Menschenrecht) umgehen. Der Schritt sei schon seit langem geplant gewesen, heisst es auf «Ars Technica», um jetzt zu einem günstigen Zeitpunkt lanciert zu werden.

Und auch wenn ich nicht damit rechne, dass das der entscheidende Schlag gegen Putins Desinformationskampagne ist, so erinnert es doch wieder einmal daran, was für ein mächtiges Werkzeug das freie Internet doch ist.

Die Adresse für Twitter via Tor ist diese:

twitter3e4tixl4xyajtrzo62zg5vztmjuricljdp2c5kshju4avyoid.onion

Nebst dem normalen Tor-Browser habe ich im Beitrag Mit dem Tablet ins Darknet eine schöne iPad-App vorgestellt. Man kann auch den Brave-Browser (Der König der Tiere unter den Browsern) mit einem Reiter im privaten Surf-Modus benutzen.


Netflix erhöht die Preise

Wir in der Schweiz haben die Preiserhöhung bereits hinter uns: Seit Januar kostet bei uns das mittlere (normale) Abo statt 16.90 Franken (16.53 Euro) nun 18.90 Franken (18.48 Euro). Das war wohl ein Versuchsballon, denn der Streamingdienst langt auch in anderen Ländern kräftiger zu, berichtet «The Guardian»:

Der Streamingdienst, der laut Ampere Analysis 14 Millionen Abonnenten im Vereinigten Königreich und 600’000 Nutzer in Irland hat, wird den Preis für sein beliebtestes Paket, das den Konsum auf zwei Bildschirmen in HD und eine Download-Möglichkeit beinhaltet, auf 10,99 Pfund pro Monat erhöhen.

Das sind gut 13 Euro und ein Pfund mehr als vorher (11.89 Euro). Als Begründung zitiert die Zeitung eine namentlich nicht genannte Mediensprecherin:

«Unsere aktualisierten Preise spiegeln die Investitionen wider, die wir in unseren Service und Katalog getätigt haben.»

Ein typisches PR-Heissluft-Statement. Aus Nutzersicht ist es völlig falsch, weil die meisten Leute eine Preiserhöhung nicht kompensieren können, indem sie mehr Netflix schauen.

Die Preiserhöhung läuft auch der Regel von Angebot und Nachfrage zuwider; zumindest vermute ich das: Denn in der letzten Zeit ist das Angebot an Streamingdiensten weiter gewachsen, und zwar so stark, dass ich nicht glaube, dass die Nachfrage mithalten konnte. Mir jedenfalls geht es so, dass die Zahl der Streamingdienste, die ich nicht abonniert habe, weil mir die Zeit für deren Nutzung fehlt, in den letzten Jahren deutlich grösser geworden ist. Demnach müssten die Preise eigentlich sinken.

Meine Vermutung ist, dass Netflix einfach die Kunst perfektioniert hat, bei der Preisgestaltung den sweet spot zu ermitteln: Das heisst, dass sie es schaffen, den Preis so zu erhöhen, dass die Mehreinnahmen den Verlust durch abspringende Abonnenten überkompensiert. Ein Anzeichen dafür ist meines Erachtens auch die grosse preisliche Streuung nach Märkten: Wir Schweizer wurden als zahlungskräftig identifiziert und werden dementsprechend gemolken. Das kein sympathisches, aber ein marktwirtschaftlich einwandfreies Verhalten.


Explorer in Windows 11 bald mit Reitern?

Ich habe eine funktionelle Verbesserung des Dateimanagers seinerzeit bei der Ankündigung von Windows 11 gefordert, jetzt könnte zumindest eine längst überfällige Funktion Einzug halten. Rafael Rivera, der Entwickler der hier vorgestellten Eartrumpet-App, hat sie in einer Vorab-Version entdeckt:

Schön für uns. Und ärgerlich für die Nutzer von Windows 10, zumal diese Neuerung dort wohl nicht Einzug halten wird.

Beitragsbild: Damit das auch noch gesagt ist (Matti, Pexels-Lizenz).

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