Wider das Puff auf euren Festplatten

Auf die Gefahr hin, schul­meister­lich zu klingen: Ich erkläre, warum es nötig ist, seine Datei­ablage ver­nünf­tig zu or­gani­sie­ren – und ich gebe Tipps, wie man das am besten an­stellt.

Wie den Leserinnen dieses Blogs inzwischen hinlänglich bekannt sein dürfte, habe ich mir einen neuen Computer gekauft. Ich  habe das zum Anlass genommen, einige alte Programme auszusortieren. Und ich habe die Chance ergriffen, meine Datenablage neu zu organisieren.

Vermutlich muss ich an dieser Stelle erklären, was ich damit meine, weil es Leute geben könnte, die so etwas wie eine «Datenablage» gar nicht kennen. Wer ein Tablet aus dem Hause Apple verwendet, der sieht sich höchstens mit der Anfrage konfrontiert, wie ein neues Dokument denn heissen sollte. Wer mit dem Tablet aufgewachsen ist, wird dieser Aufgabe nicht sonderlich viel Bedeutung beimessen und das Dokument «Brief» oder «Hausaufgaben» nennen. Vielleicht auch «Ideen» oder «Projekt», oder etwas in der Art.

Doch Menschen wie ich, die mit Computern und Betriebssystemen aufgewachsen sind, die den Nutzern das Dateisystem nicht vorenthalten, die gehen mit deutlich mehr Ernsthaftigkeit an die Sache heran:

«BRIEF.DOC» als höchstes der Gefühle

Manche erinnern sich sogar noch an jene glückseligen Zeiten, in denen ein Dateiname höchstens acht Zeichen, plus drei Zeichen für die Dateierweiterung haben konnte. Da brauchte es einiges an Fantasie, um Dokumente so auf der Festplatte abzulegen, dass man sie später auch wieder gefunden hat. Denn – und das ist das nächste, was sich die Leute von heute nicht vorstellen können – es gab keine Volltextsuche. Wenn man von einem dringend benötigten Dokument den Namen nicht mehr präsent hatte und sich nicht mehr so genau an den Speicherort erinnern mochte, dann musste man sich durch die Verzeichnisse klicken und Dateien auf gut Glück aufrufen, bis man fündig geworden ist.

Heute schmeissen die Leute ihre Dateien in die Cloud oder in irgend einen Ordner, in der Annahme, sie würden sie schon wieder finden. Manche betrachten die Speichermedien ihrer digitalen Geräte wohl auch als eine Art schwarzes Loch, in dem all die Dinge auf Nimmerwiedersehen verschwinden, die hineingeworfen werden. Das ist meistens auch egal, weil die Leute eh nur die letzten drei Dokumente benötigen, die vom System unter «Zuletzt verwendet» ausgeführt werden.

Ich bin – und das ist nach dieser Vorrede vermutlich klar geworden – etwas anders gestrickt. Ich werfe keine Daten weg, auch wenn ich sie mutmasslich nicht mehr brauche. Erstens weiss man nie. Und zweitens sind diese Dateien Zeugnisse von den Dingen, mit denen ich mich beschäftigt und in die ich Herzblut investiert habe. Das Wort «Lebenswerk» ist etwas hochtrabend, aber auch nicht komplett verkehrt.

Die Festplatte entpuffen

Doch wie die Datensammlung wächst, desto schwieriger wird es, die Übersicht zu behalten und die Konsistenz zu wahren. Darum habe ich mir neulich einen halben Tag dafür Zeit genommen, mich durch die Ordner zu kämpfen und für Ordnung zu sorgen: Ich habe alte Dinge in Archiv-Unterordner verschoben, manches zusammengezippt, was nicht lose auf der Festplatte herumliegen muss und Unterordner, deren Bezeichnung mir nicht mehr eingeleuchtet haben, aus dem Verkehr gezogen und die Inhalte stattdessen auf die nächsthöhere Ebene verschoben.

Meine Daten organisiere ich unter folgenden Vorgaben:

  • Wenige Ordner, weil ich auf einen Blick sehen will, was ich suche.
  • Die Ordner, die ich verwende, sollen klar nach Betätigungsfeldern getrennt sein: Artikel, Radio und Podcasts, Datenaustausch zwischen den Geräten, Korrespondenz, sowie Dokumentationen (Bankbelege und solche Dinge).
  • Die Ordner sollen nur die Dateien umfassen, die ich auch tatsächlich brauche. Das alte Zeug wird in einen Archiv-Unterordner wegsortiert.
  • Und ich versuche meine Ordnerstruktur flach zu halten.

Um ein Beispiel zu machen: Meine Korrespondenz würde ich niemals nach Empfänger sortieren, wie es manche Leute tun, indem Sie für wichtige Personen oder Personengruppen eigene Ordner anlegen. Nein, das kommt alles in einen Ordner, wobei ich wert auf konsistente Dateinamen lege.

Dateien chronologisch und stringent benennen

Ich benenne meine Dateien nun seit Langem immer gleich (siehe auch Wie sollten Dateien richtig heissen?): Zuerst gibt es einen sechsstelligen Zahlencode mit zwei Stellen fürs Jahr, den Monat und den Tag, also zum Beispiel «220217» für ein Dokument, das am 17. Februar 2022 gespeichert worden ist. Dann eine kurze Beschreibung, bei einem Brief etwa Empfänger und Betreff: «140927 Vermieter Wohnungskuendigung.docx»

Neurotisch oder wohlorganisiert? Das liegt im Auge des Betrachters.

Indessen kann man sich fragen, wozu es gut sein soll, ein Datum in den Dateinamen zu schreiben: Schliesslich speichert das Betriebssystem zu jeder Datei automatisch das Datum der Erstellung und der Änderung. Allerdings gehen diese Informationen mitunter verloren, beispielsweise, wenn man eine Datei per Mail verschickt. Es kann auch vorkommen, dass beim Kopieren einer Datei auf einen anderen Datenträger das Erstelldatum verändert wird. Streng genommen stimmt das, weil die Datei beim Kopieren auf dem neuen Datenträger dort erstellt wird. Praktisch ist es sinnlos, weil damit das ursprüngliche Erstelldatum verschwindet.

Leicht zu verstehen und wiederzufinden

Wenn man das Datum im Dateinamen hat, dann kann das nicht passieren. Ausserdem schützt das effektiv vor dem Problem, dass zwei Dateien im gleichen Ordner nicht den gleichen Namen haben können. Wenn ich die PDF-Dateien meiner Zeitungsartikel archiviere, ist das Datum unvermeidlich. Zum Beispiel «190109 TA Seite 33.pdf» für die Seite 33 aus dem Tagi vom 9. Januar 2019.

Solchermassen benannt, sind die Dateien in Windows auch einfach aufzufinden. Mit name:1901 zeigt Windows alle Dateien aus dem Januar 2019 an.

Und wenn ich in meinem Archivordner nun Briefe der letzten zwanzig Jahre abgelegt habe, sind sie mit dem Daten-Präfix trotzdem ordentlich sortiert und leicht zu durchforsten.

Es gibt einen weiteren Grund, weswegen es sinnvoll ist, Dateinamen stringent nach dem gleichen Muster zu vergeben: Man kann sie viel einfacher automatisiert auswerten.

Erstes Beispiel: Ich habe vor ein paar Tagen die alten Folgen des Digitalk-Podcasts und des Digitalmagazins von Radio Stadtfilter, die allesamt aus dem Netz verschwunden waren, wieder online gebracht – und zwar schön aufbereitet auf Nerdfunk.ch, wo es für jede Folge einen eigenen Beitrag mit Beschrieb und Webplayer gibt. Das war nur möglich, weil die Dateien richtig benannt waren – Details, wie das geglückt ist, gibt es hier zu lesen.

Zweites Beispiel: mein Artikel-Archiv. Dort habe ich diese Woche die Faksimiles im PDF-Format und die formatierten HTML-Dateien verlinkt. Es wäre ein enormer Aufwand gewesen, jedem Blogpost die dazugehörenden Dateien von Hand zuzuordnen. Aber wenn das Erscheinungsdatum im Präfix des Dateinamens steht, lassen sich die infrage kommenden Dateien programmatisch heraussuchen.

Beitragsbild: Ich will ihm nichts unterstellen, aber sonderlich ordentlich schaut das nicht aus (Cottonbro, Pexels-Lizenz).

3 Kommentare zu «Wider das Puff auf euren Festplatten»

  1. Sehr interessant, danke! Ich habe schon viele Konzepte gesehen, aber noch nie das Datum als Präfix des Dateinamens. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr sehe ich den Sinn darin. Wenn man alte Dateien archiviert, bleibt es übersichtlich, obwohl man nicht mehr mittels Druck auf „k“ zu „Kuendigung_Wohnung.docx“ navigieren kann. (Was ja sowieso nur in 50% der Fälle funktioniert hat, da die Datei auch „Wohnungskuendigung.docx“ heissen könnte.)

  2. Dies kann aber nur der erste Teil eines Artikels „seine Dateiablage vernünftig zu organisieren“ sein!
    Bei Musik- und Video-/Fotodateien sind für eine Ordnung die Metadaten hilfreich. Wie Metadaten strukturiert sein könnten, wäre etwa eine Fortsetzung in einem zweiten Teil dieses Artikels zu diesem Thema.
    Weil das Betriebssystem für die anderen Dateien, insbesondere für Dokumente, keine Metadaten vorgesehen hat, sind Behelfslösungen erforderlich. Ich habe das mit Tags gelöst, die ich am Ende eines einigermassen sprechenden Dateinamens anhänge, etwa #Wanderung, #Medizin, #Anleitung, #Ernährung, #Excel, #Fitness usw. Meine Datei mit Tags umfasst etwa 200 Einträge. Dank meinen Tags kann ich die Verzeichnisnamen eher kurz halten und die Struktur so flach gestalten. Neben dieser Verzeichnisstruktur gibt es noch Projektordner.
    Eine solche oder andere Organisation der Dateien wäre sicher einen dritten Teil eines solchen Artikels wert, für Anwender, die neben Korrespondenz auch noch Informationen verwalten.
    Ein Patentrezept gibt es wahrscheinlich nicht. Durch periodisches Umorganisieren der Verzeichnisse und Dateien kann ich einigermassen Ordnung halten, um die Übersicht zu den Dateien in einem Verzeichnis zu gewähren.
    Mit einem Dateimanager plus Suchprogramm, nach Wahl (die Auswahl ist gross, teils kostenpflichtig), finde ich meine Dateien und kann sie je nach Programm, auch gleich blätternd anzeigen lassen.

    1. Über die Metadaten in Fotos und Musikdateien habe ich mich hier im Blog auch schon ausgelassen, über MP3tag sogar erst vor Kurzem (Wundersame Auferstehung zweier totgeglaubter Podcasts). Zu den Metadaten bei Fotos ist auch bereits ein Tipp in der Pipeline.

      Was die Tags für Dateien angeht, fände ich die auch nützlich. Beim Mac gibt es sie (Die schlaue Titelleiste von OS X), ich bin mir aber nicht sicher, wie robust sie sind, d.h. ob sie nicht zu leicht verloren gehen, zum Beispiel, wenn man sie auf einen Datenträger mit einem nicht-mac-typischen Dateiformat kopiert.

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