Die smarten Wearables zählen bekanntlich nicht nur Schritte und Stehstunden, sondern wollen auch Aussagen darüber treffen, wie gut man genächtigt hat. Das nennt sich Schlaftracking, und bemüssigt manche Leute zu einem Stirnrunzeln: Wieso sollte sich von einem Gadget sagen lassen, was man nach dem Aufwachen selbst weiss? Denn wenn es ist einem in aller Regel klar, ob man gut oder schlecht, lang genug oder zu kurz geschlafen hat und ob man an einem Stück durch die Nacht gekommen oder fünfmal aufgewacht ist.
Stimmt alles. Trotzdem finde ich das Schlaftracking spannend, auch wenn mir die anderen Funktionen – Schrittzählen und Aufzeichnen der Sportaktivitäten – wichtiger sind. Und zwar aus zwei Gründen:
Erstens hilft es, wenn man sein subjektives Gefühl mit objektiven Daten untermauern kann. Wenn ich sehe, dass ich in der Tat nur drei Stunden Nachtruhe gefunden habe und mich die übrige Zeit ruhelos im Bett hin und her gewendet habe, dann habe ich weniger Skrupel, ein Mittagsschläfchen einzuschieben – denn dann belegen die Werte in der App, dass sich das allemal lohnend auf die Leistungsfähigkeit auswirken wird.
Zweitens es spannend, einen Trend über die Zeit zu sehen – und der lässt sich subjektiv kaum so deutlich erfassen. Ich hatte im Verlauf dieses Jahres Phasen, in denen ich gefühlt deutlich schlechter geschlafen habe als normal. Das zu quantifizieren, ist nicht nur theoretisch interessant. Es könnte auch ein Anlass sein, an den Lebensumständen etwas zu ändern, sodass es einem wieder besser geht.
Drittens kann man mithilfe der Daten echten gesundheitlichen Problemen auf die Spur kommen. Behauptet zumindest der Hersteller der Autosleep-App, um die es in diesem Beitrag weiter unten geht. Ich halte das, dank der Sensoren, die sogar die Sauerstoffsättigung im Blut messen können, für möglich – auch wenn mir die Expertise fehlt, das zu beurteilen.
Garmin setzt die Schwerpunkte beim Sport, nicht beim Schlaf

Ich habe bislang meinen Schlaf mit meiner Garmin Fenix (Uhr, lass mich in Ruhe!) getrackt. Deren Daten sind, so ist mein Eindruck, nicht wahnsinnig akkurat. Im Idealfall passen sie, doch die Fälle, wo die gemessene Schlafzeit nicht mit meiner Wahrnehmung übereinstimmt, ereignen sich für meinen Geschmack zu häufig.
Auch schade: In der Garmin-Connect-App (bei Mehr > Gesundheitsstatistiken > Schlaf) kann man sich die Messwerte für einen Tag oder für eine Woche anzeigen lassen. Ich hätte aber gern einen Monat, ein halbes und ein ganzes Jahr – nur dann lassen sich Trends abschätzen.
Darum wage ich einen Versuch mit der Apple Watch. Die habe ich bislang nicht fürs Schlaftracking benutzt. Der Grund ist simpel: Da der Akku für einen Tag ausgelegt ist, habe ich die Uhr über Nacht geladen. Klar, man könnte sie vor dem Schlafengehen für eine Stunde laden, damit sie während des Schlafens durchhält, doch das war mir zu mühsam. Nun habe ich von Apple ein Testmodell der Series 7 erhalten und kann abwechseln.
Die Health-App von Apple zeigt Daten und Trends, liefert aber kaum Interpretationen
Die Health-App von Apple ist in Sachen Schlaf nicht so aussagekräftig, wie ich es mir wünschen würde. Es wird vor allem die Zeit im Bett und die Schlafphase ausgewiesen, ausserdem die Herzfrequenz und seit Kurzem auch die Atemfrequenz.
Die Überwachung des Atems hat mit WatchOS 8 Einzug gehalten. Übrigens, interessant, dass sich die am Handgelenk messen lässt – auch wenn sich natürlich die Frage stellt, wie genau eine solche Messung sein kann. Dass man sie während des Sports festhalten kann, scheint mir unmöglich.
Die Autosleep-App zündet ein daten-analytisches Feuerwerk

Um mehr aus den Daten herauszuholen, habe ich mir die App Autosleep besorgt, die es für fünf Franken fürs iPhone gibt und die der Platzhirsch in diesem Bereich zu sein scheint. Sie ist auf alle Fälle gut geeignet, um die Trends über die Zeit zu erfassen. Dazu erkläre ich am Schluss einige Details.
Die App misst nicht selbst, sondern greift auf die Daten aus der Health-App zu, sodass man die entsprechenden Datenpunkte für Autosleep freigeben muss. Die App überträgt das Konzept der Ringe, das man von der Fitness-App her kennt, aufs Schlafen:
Schlafzeit und Schlafkonto
Diese Werte geben an, ob man so lange schläft, wie man möchte – die entsprechende Vorgabe trifft man am iPhone in der Health-App in der Rubrik Entdecken bei Schlaf: Hier richtet man seinen Zeitplan mit dem Ziel und der täglichen Schlaf- und Aufwachzeit. (In iOS 14 und älter ist die Option in der Uhr-App zu finden.)
Wenn man länger schläft, als man möchte, wird das dem Zeitkonto gutgeschrieben. Schläft man zu kurz, gerät man ins Minus. Dieses Konzept gefällt den Buchhaltern unter uns – aber es hat in der Tat etwas für sich, auch wenn ich die Angabe mit Minuten etwas affig finde. Auf ein paar Minuten kommt es nicht an, aber der Trend als ganzes wird wahrscheinlich schon passen.
Die Schlafbewertung

Zweitens gibt die App auch eine Schlafbewertung ab, ebenfalls in Form von Kreisen: Man sieht die Länge des Schlafs, Tiefschlaf und Qualität – dabei berücksichtigt die App, wie ruhig oder unruhig man schläft. Sie gibt an, wie lang der Tiefschlaf dauerte, was sich anhand der Herzfrequenz anscheinend feststellen lässt.
In der Ansicht Heute wird die letzte Nacht analysiert, mit Diagramm über die Zeit, in der man die Herzfrequenz und die Tiefe des Schlafs sieht. Darunter finden sich nebst Schlafzeit und Schlafbewertung auch Angaben zum Blutsauerstoff (SpO₂), der Atemfrequenz und dem Befinden. Diese drei letzten Werte werden als eine Art Tachonadel in einem grünen, gelben und roten Bereich dargestellt, sodass man sofort sieht, wie man performt hat.
Jetzt auch noch Leistungsdruck im Bett?
Diesen drei Dingen stehe ich zwiespältig gegenüber: Die Bewertung ist einerseits interessant, andererseits sehe ich die Gefahr, dass Hypochonder bei Angaben im gelben oder roten Bereich sofort in Alarmstimmung versetzt werden, selbst wenn die nicht gross etwas zu bedeuten haben.
Zum Beispiel leuchtet es mir ein, dass mein Befinden-Bereich an einem Tag rot war, weil die Tochter frühmorgens ins Bett geschlüpft war und sie dazu neigt, einem während des Schlafens mit Tritten zu traktieren. Aber selbst wenn es nicht so wäre – wenn ich mich einigermassen gut fühle, würde ich der Angabe keinen zu hohen Stellenwert einräumen.

Eine zweite Gefahr besteht darin, dass auch das Schlafen zu einem Leistungssport ausartet, bei dem man nur besteht, wenn die Werte besser werden und man überall seine Ziele erfüllt. Das könnte leicht den gegenteiligen Effekt haben, zumal das Schlafen auch etwas sein sollte, dass man mit Genuss und Freude tut, und nicht, um in der App gut dazustehen.
Die Trends erkennen

Wie zuvor besprochen, liegt eine Stärke von Autosleep darin, die Trends über die Zeit abzubilden. Das sieht man im Bereich Verlauf, wo man die Schlafbewertung, Qualität, Schlafdauer, Schlafzeit im Bett und Herzfrequenz im Monatskalender eingetragen sieht. Auf diese Weise müssten die eingangs erwähnten Schlafprobleme eigentlich sichtbar werden – sodass man womöglich auch herausfinden könnte, wann sie angefangen haben, wenn man sich darüber im Unklaren ist.
Ob dem so ist, kann ich nicht sagen, da ich die App noch nicht lange genug verwende – aber das Potenzial scheint vorhanden.
Übrigens hat mir Autosleep einen kleinen Flashback zu meinem allerersten Gadget verschafft, das ich im Bereich der Wearables im Einsatz hatte. Das war das im Beitrag Ich, quantifiziert besprochene Jawbone Up, das aus heutiger Sicht antiquiert wirkt. Bei dem musste man, wenn man sich zu Bett begeben hat, einen Knopf drücken, damit die nachfolgenden Bewegungen entsprechend interpretiert werden konnten. Autosleep stellt nun eine App für die Apple Watch zur Verfügung, in der man auf einen Knopf drückt, wenn man ins Bett steigt: Dann kann die App angeben, wie lange man ungefähr zum Einschlafen braucht. Und das ist auf alle Fälle interessant, weil ich normalerweise zügig einschlafe, ausser, wenn mir etwas im Kopf herumgeht…
Beitragsbild: Wenn schon schlafen, dann richtig (Lux Graves, Unsplash-Lizenz)!